Bildnachweis: www.angeliniventures.com, www.angeliniventures.com.

Angelini Ventures ist der Venture-Capital-Arm von Angelini Industries. Der Fonds investiert weltweit in transformative
Gesundheitsinnovationen. Von Urs Moesenfechtel

Plattform Life Sciences: Frau Dr. Hodits, was macht Angelini Ventures besonders?

Werbung
Dr. Regina Hodits, Managing Director, Angelini Ventures. Copyright: www.angeliniventures.com
Dr. Regina Hodits, Managing Director, Angelini Ventures. Copyright: www.angeliniventures.com

Dr. Hodits: Im Gegensatz zu dem, was viele denken, sind wir kein Corporate-Venture-Fonds im klassischen Sinne, der direkt in die Wertschöpfungskette des Mutterkonzerns investiert. Unser Fokus liegt auf unabhängiger Innovation im Gesundheitsbereich – unser Motto ist „Innovation that matters“. Wir verwalten aktuell 300 Mio. EUR in einer Evergreen-Struktur und haben ein globales Team, das von Boston bis Singapur aktiv ist. In Europa sitzen wir unter anderem in Berlin und München. Unsere Initialtickets liegen zwischen 5 Mio. und 8 Mio. EUR. Insgesamt haben wir bisher rund 100 Mio. EUR investiert – 200 Mio. EUR stehen noch zur Verfügung. Zudem arbeiten wir daran, das Kapital signifikant zu erhöhen.

Wie sieht Ihre Investmentstrategie konkret aus?

Wir investieren sowohl im Biotech- als auch im Healthtechbereich. In letzterem geht es oft um Geschäftsmodelle, die bereits existieren – etwa bei unserem Investment in Nobi aus Belgien, ein Unternehmen für smarte Sturzsensorik in der Altenpflege, oder Vantis aus München, das hybride Versorgungsmodelle für chronisch Erkrankte realisiert. Im Biotechbereich investieren wir früher, bevorzugt in der Phase kurz vor dem Eintritt in die Klinik, weil dort der größte Wertzuwachs realisierbar ist. Dabei interessieren uns insbesondere CNS-Unternehmen – dies ist durch unsere starke Expertise in diesem Bereich begründet –, aber auch Onkologie und kardiometabolische Erkrankungen, wo wir bereits in Unternehmen wie Nouscom and Nuevocor investiert sind. Unsere Stärke liegt in der klinischen Entwicklungsstrategie – wir bringen umfangreiches operatives Know-how ein. Generell interessieren uns Technologien, die in konkrete Produktkandidaten münden; reine Plattformtechnologien hingegen weniger. Wir steigen nicht nur als Kapitalgeber ein, sondern aktiv – mit Boardsitzen, Entwicklungsstrategie, Marktverständnis. Bei komplexen Projekten wie Neumirna – einem RNA-basierten Ansatz im Bereich des zentralen Nervensystems – zeigt sich, dass wir dank unserer spezifischen Expertise gerade dort Potenzial erkennen und fördern, wo andere vielleicht das Label „nicht-mainstreamfähig“ vergeben. Auch in der Onkologie suchen wir gezielt nach Differenzierung, etwa durch smarte Targetingstrategien bei ADCs oder Radiopharmazeutika.

Dieser Artikel ist in der aktuellen Plattform Life Sciences-Ausgabe 1/25 „Investoren in Life Sciences“ erschienen, die sie hier als E-Magazin downloaden können.

 

Was sind zukünftige Trends, die Sie besonders interessieren?

In der Onkologie sind wir sehr an In-vivo-Mechanismen interessiert. Das heißt: Was heute ex vivo funktioniert, soll künftig im Körper selbst gelingen. Die Rolle der Barrier Function bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen ist aus unserer Sicht von zentraler Bedeutung – substanzielle Innovation erfordert hier aber ein tiefgreifendes Verständnis der zugrunde liegenden Biologie. Copy Cat reicht hier nicht.

Welche Rahmenbedingungen sind für die Förderung von Innovationen entscheidend?

Innovationen brauchen ein Umfeld, das Risikobereitschaft belohnt, internationale Anschlussfähigkeit ermöglicht und langfristige Kapitalbindung attraktiv macht. Entscheidend sind dabei drei Dinge: verlässliche Frühphasenförderung, starke Translationsstrukturen und gezielte Anreize für privates Kapital. Deutschland ist in dieser Hinsicht für uns ein wichtiger Markt – gerade weil es bereits über eine gut entwickelte Innovationslandschaft und Förderstrukturen verfügt. Unsere Rolle als Investor ist es, diesen Nährboden zu nutzen und Start-ups so zu unterstützen, dass sie auch für internationale Großinvestoren attraktiv werden. Programme wie das 10-Mrd.-Paket gehen in die richtige Richtung, aber sie reichen nicht aus. Es braucht dauerhaft stabile Investitionsanreize – etwa steuerliche Vorteile für Wagniskapital, wie sie in Italien bereits Realität sind. Denn wenn die Umsetzung hinter den formulierten Ambitionen zurückbleibt, droht der Verlust entscheidender Entwicklungen, besonders im Deeptechbereich.

Frau Dr. Hodits, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Das Interview führte Urs Moesenfechtel.

Autor/Autorin

Redaktionsleiter Plattform Life Sciences at  | Website

Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.