Capricorn Partners mit Sitz in Belgien investiert in industrielle Biotechnologie, Cleantech und Healthtech mit einem Fokus auf nachhaltige Innovationen und internationale Märkte. Von Urs Moesenfechtel
Plattform Life Sciences: Herr van der Meij, geben Sie uns bitte einen Einblick in die Bereiche, in die Sie derzeit investieren.
van der Meij: Wir investieren dort, wo Deep Science auf reale Bedarfe trifft. Im Cleantech-Bereich betrachten wir Technologien für Transformationen im Energie-, Chemie-, Lebensmittel- und Werkstoffbereich; wir investieren in industrielle Biotechnologie, ganz besonders dort, wo Nachhaltigkeit auf Impact trifft. Nehmen Sie z.B. c-LEcta und DMC: Beide Unternehmen sind mit Biotech auf regulierten, skalierbaren Märkten aktiv. Unser Fokus ist nach wie vor auf starke Teams, glaubwürdige Wissenschaft und internationales Potenzial gerichtet. Deutschland nimmt dabei eine Schlüsselposition ein.
Welche spezifischen Veränderungen im Marktumfeld sehen Sie derzeit am deutlichsten?
Das Fundraising ist generell schwieriger geworden. Weniger Exits erschweren Finanzierung und neue Fonds. Die Corporates ziehen sich aus dem VC-Bereich zurück. Wir raten Unternehmen, schlank zu bleiben und auf Kern-Werttreiber zu fokussieren. Dem Gegenwind am Markt zum Trotz sind wir nach wie vor bestrebt, finanzielle und Impact-Renditen zu vereinen – das liegt in unserer DNA. Beispiel VOID Technologies: Indem das Unternehmen Vakua in Polyethylenfolien erzeugt, senkt es den Materialbedarf um 30% und macht den Kunststoff dabei noch recycelbar. Ein Beispiel für Ressourceneffizienz und CO2-Reduzierung
Dieser Artikel ist in der aktuellen Plattform Life Sciences-Ausgabe 1/25 „Investoren in Life Sciences“ erschienen, die sie hier als E-Magazin downloaden können.
Viele Investoren ziehen sich derzeit aus der industriellen Biotechnologie zurück. Weshalb bleiben Sie bei dieser Strategie?
Wir bewerten die industrielle Biotechnologie als transformativ. Sie nutzt erneuerbare Rohstoffe, vermeidet fossile Lieferketten und bietet sektorenübergreifende Produktionsflexibilität. Die Fermentierung wird standardisiert und Unternehmen können mittlerweile multiple Moleküle für verschiedene Märkte in derselben Produktionsstätte herstellen. Ein Beispiel aus unserem Portfolio dafür ist DMC. Dieser Ansatz ist auch der Rückverlagerung der Produktion aus Asien zuträglich, was das Lieferkettenrisiko und den CO2-Fußabdruck reduziert.
Capricon Partners hat vor Kurzem den Healthtech Fund II gestartet. Worin unterscheidet er sich von anderen Healthtech-Initiativen?
Wir betrachten Healthtech aus zwei Blickwinkeln: personalisierte Pflege und wertbasierte Versorgung. Die besten Innovationen verbessern nicht nur das Patienten-Outcome durch maßgeschneiderte Therapien – mittels Genomik, Wearables, bildgebender Verfahren etc. –, sondern helfen auch bei der Kostenkontrolle. Wir suchen Unternehmen, die beides leisten. Dabei arbeiten wir eng mit Gründern zusammen und nutzen unsere Erfahrung in diesem Bereich, um früh kommerzielle Traktion zu fördern und attraktive Exits zu ermöglichen.
Über den Fusion Fund möchte Capricorn auch mit einer spezifischen Chinastrategie investieren. Welche strategischen Opportunitäten sehen Sie aktuell in dieser Region?
Zunächst lag unser Fokus auf Growth an der Schnittstelle China – EU. Allerdings haben wir uns an die geopolitischen Veränderungen angepasst: Der Fusion Fund priorisiert nun EU-Wachstumsunternehmen und behält sich die Möglichkeit vor, in Asien zu investieren. Wir managen auch Spätphasen- und Börsenfonds („Quest Cleantech“, „Quest for Growth“), was Investoren Zugang zu allen Phasen gibt. Denn: Wir investieren dort, wo es auf Technologie ankommt.
Welche Rolle spielt Deutschland aktuell in Ihrer Investmentstrategie?
Deutschland ist nach wie vor ausgesprochen wichtig für Europa; ein Knotenpunkt für Fertigung und technische Innovation; mit starkem Dealflow, solidem Innovationsnetzwerk und Potenzial für attraktive Exits. Programme und Fonds wie der HTGF haben die Frühphasenaktivität erhöht, neue Fonds verstärken das Ökosystem. Allerdings beunruhigt uns der Rückzug der CVC- Arme, die in Deutschland traditionell stark sind. Zudem zögern mittelgroße Firmen, externe Innovation zu übernehmen – aber das ist kein rein deutsches Phänomen. Unter dem Strich bleibt Deutschland einer unserer Hauptmärkte.
Herr van der Meij, vielen Dank für das interessante Gespräch!
Das Interview führte Urs Moesenfechtel.
Autor/Autorin
Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.