Auf dem weltgrößten Branchenkongress werden neue therapeutische Ansätze und klinische Ergebnisse von neuen Heilmitteln gegen Krebs vorgestellt. Biotechs, die unmittelbar vor dem klinischen Durchbruch stehen, werden dabei auch zu heißen Übernahmekandidaten.

Die jährliche Konferenz der American Society for Clinical Oncology, kurz ASCO, ist ein Event der Superlative. Rund Rund 30000 Fachärzte, Wissenschaftler, Firmenchefs und Investoren treffen sich jedes Jahr Anfang Juni und verfolgen rund 6000 Vorträge und Präsentationen. Auf dem weltweit größten Fachkongress für die Krebsmedizin geht es um neue therapeutische Ansätze, um Krebs zu behandeln.

Heilmittel, mit denen sich die Lebenszeit von Krebspatienten verlängern und deren Lebensqualität deutlich verbessern lässt, zählen auch für Investoren zu den lukrativsten Feldern in der Gesundheitsbranche. Für die Unternehmen, die auf der ASCO präsentieren, ist die Konferenz deshalb auch eine der wichtigsten Plattformen, um in der Finanzwelt zu reüssieren. Dementsprechend bewegen Erfolgsmeldungen im Vorfeld und während der Konferenz die Aktienkurse.

Das Stichwort der Zukunft heißt personalisierte Medizin. Neue Verfahren in der molekularen Diagnostik identifizieren Patienten, bei denen etwa eine genetische Veranlagung für bestimmte Krebserkrankungen vorliegt. Darauf aufbauend haben Pharma- und Biotechunternehmen neue therapeutische Ansätze entwickelt, die mit einem individuellen Wirkprofil genau diese Patientengruppen ansprechen. Haben diese klinischen Kandidaten ihre Wirksamkeit bewiesen, stehen die Chancen gut, dass sie wegen des hohen medizinischen Bedarfs den sogenannten Breakthrough Status und damit den Vorteil eines beschleunigten Zulassungsverfahrens erhalten.

Zu den Pionieren der vergangenen Jahre zählten Pharmakonzerne wie Merck oder Bristol-Myers Squibb, die mit Keytruda und Opdivo die ersten marktreifen Produkte aus der Klasse der Immunonkologie vorlegten. Vereinfacht ausgedrückt wird dabei des körpereigene Immunsystem aktiviert, die Tumorzellen anzugreifen. Keytruda und Opdivo gehören zur Klasse der sogenannten Checkpoint-Inhibitoren. Diese Substanzen hemmen genau die Moleküle, welche es den Krebszellen ermöglichen, sich der Erkennung und dem Angriff durch die Immunzellen zu entziehen. Die Blockade löst sich und die T-Zellen können die Tumorzellen  wieder angreifen.

Ein Schwerpunkt in den kommenden Jahren wird sein, neue Krebsmedikamente zu entwickeln, welche in Kombination mit diesen Checkpoint-Inhibitoren oder mit Krebs-Antikörpern die Wirksamkeit von Krebstherapien weiter verbessern. Die US-Biotechfirma Incyte hat dabei bereits vor Beginn der ASCO 2017 kurstreibende Nachrichten geliefert. Der Wirkstoff Epacadostat zur Behandlung von bösartigem Hautkrebs (Melanom) und Lungenkrebs zeigte in einer klinischen Studie mit Keytruda, dem bereits zugelassenen Checkpoint-Inhibitor von Merck, in verschiedenen Krebsarten einen größeren Rückgang des Tumors  als Keytruda allein. Bei eine bestimmten Form von Lungenkrebs ging der Tumor bei 35% Patienten zurück. Das ist ein wesentlich höherer Wert als die 14 bis 20% mit Keytruda als Monotherapie.

Ein weiteres spannendes Feld, das auf der ASCO 2017 reichlich Gesprächsstoff liefern wird, sind die Chimärische Antigen Rezeptor-T-Zellen, kurz CART. Dabei handelt es sich um personalisierte Therapien, bei denen Immunzellen aus dem Blut der Patienten genetisch so verändert werden, dass sie nach Infusion direkt die Tumorzellen attackieren.  Besonders beeindruckend sind die jüngsten Daten, die Kite Pharma zuletzt mit seinem Präparat KTE-C19 gegen wiederkehrenden aggressiven Lymphknotenkrebs (r/r NHL) vorgelegt hat. Bei KTE-C19 erkennen die CAR-T-Zellen den Rezeptor CD19, der sich auf der Oberfläche der Tumore befindet. Zusätzlich wird die Möglichkeit eingebaut, diese modifizierten Immunzellen zu stimulieren. Bei genannter Studie sprachen nach nur einer Behandlung 82% der Patienten an. Nach sechs Monaten lebten noch 80% dieser Patienten und bei 39% war der Krebs nicht mehr nachweisbar.

Auf dieser Basis könnte Kite noch 2017 die Zulassung durch die FDA erhalten. Es wäre das erste Produkt, das aus dieser Medikamentenklasse die Zulassung erhält. Weitere Biotech-Player in diesem Feld sind die US-Firmen Juno Therapeutics und Blue Biotech. Interessant ist die ASCO auch für Pharma- und Biotechkonzerne, die auf der Suche nach neuen Kooperationspartnern und Übernahmeobjekten sind. Wer auf der ASCO positiv überrascht, gerät ins Visier. Kein Wunder also, dass Incyte seit geraumer Zeit zu den heißesten Objekten der Begierde zählt.

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