Bildnachweis: Christoph Burgstedt – stock.adobe.com, VesselSens GmbH.

Die VesselSens GmbH will die Gesundheit von Patienten verbessern, die an sich verengenden Blutgefäßen der Extremitäten, der sogenannten Schaufensterkrankheit, leiden. Dazu hat sie „StentGuard“ entwickelt. Das Gerät kann laut Unternehmen prüfen, ob sich eine Restenose entwickelt, eine erneute Verengung der Blutgefäße trotz Einsetzen eines künstlichen ­Materials (Stent). Von Urs Moesenfechtel

 

Restenose stellt ein hohes Gesundheitsrisiko für Patientinnen und Patienten dar. Erkrankungen, Amputationen und Todesfälle können die Folge sein. So ist bei Stentimplantationen in den Beinen in Industrie­ländern und Schwellenländern ca. ein Viertel der Patienten von Restenose betroffen; das Amputationsrisiko liegt im ersten Jahr nach einer Stentimplantation bei 60%.

Smart Device erfasst wichtige ­Vitalparameter

Durch StentGuard sollen die Gesundheitsrisiken nach Stentimplantationen minimiert werden. Diese Technologie will VesselSens zukünftig auch für die Anwendung in der Kardiologie weiterentwickeln. Das System besteht aus zwei Sensoren, die zusammen mit dem Stent implantiert werden. Diese messen die „Pulswellengeschwindigkeit“, die Geschwindigkeit, mit der sich die durch die Herzkontraktion erzeugte Druckwelle durch die Gefäße bewegt, und geben sie an eine Ausleseeinheit weiter. Ein Algorithmus kann hieraus dann den Grad einer möglichen erneuten Gefäßverengung im Stent berechnen. So kann in weniger als einer Minute ambulant, beispielsweise durch den Hausarzt, der Zustand des implantierten Stents kontrolliert werden. Da das intelligente Smart Device die notwendigen Informationen aus der Pulswellengeschwindigkeit errechnet, ist gleichzeitig die Erfassung weiterer wichtiger physiologischer Vitalparameter wie z.B. des zentralen Blutdrucks möglich.

StentGuard soll Patientensicherheit erhöhen und Kosten sparen

Weltweit leiden rund 237 Millionen Menschen an einer peripheren Verschlusskrankheit (pAVK). Die Erkrankung wird in den meisten Fällen mit der Implantation eines Stents behandelt, weltweit werden jährlich rund 3,5 Millionen Eingriffe durchgeführt. VesselSens zielt mit StentGuard auf den Markt für periphere Stents ab, der 2019 auf 1,92 Mrd. EUR geschätzt wurde. Hier kann jedoch aufgrund der wachsenden geriatrischen Bevölkerung von stetig wachsenden Zahlen ausgegangen werden.

In der EU schätzt das Unternehmen das Umsatzpotential für den StentGuard auf mehr als 150 Mio. EUR ein. VesselSens kalkuliert den Preis pro vollständigem Sensorsystem mit 600 EUR. Daraus ergäbe sich ein Gesamtumsatz im ersten Jahr in Höhe von 5,4 Mio. EUR. Zusätzlich sollen Umsätze aus dem Verkauf der Ausleseeinheit sowie Lizenzgebühren für die Software erzielt werden. „Mit unserem innovativen Sensorsystem können wir für Arzt und Patient mehr Sicherheit bieten und dabei der Gesellschaft noch Kosten einsparen“, so Dr. Alexej Domnich, CEO der VesselSens GmbH.

Für den Weg vom Start-up zum Scale-up …

Die Entwicklung von StentGuard begann 2010 am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und wurde ab Dezember 2015 durch den „Life Science Inkubator“ mit Sitz in Bonn unterstützt. Es folgten präklinische Tests am Institute of Medical Technology and Research (IMTR) mit den ersten Prototypen. Die nachfolgenden In-vivo-Tests an Schweinen zeigten die Implantierbarkeit des Systems sowie die erfolgreiche induktive Kopplung der Sensoren mit der Ausleseeinheit und Signalerfassung und Auswertung. VesselSens konnte laut unternehmenseigener Angaben bislang mehr als 3,6 Mio. EUR einwerben und wird seit Oktober 2022 durch das European Innovation Council (EIC) ­gefördert. StentGuard durchläuft derzeit die finale Produktentwicklung. 2024 soll eine klinische Studie an Patienten beginnen. Die Markteinführung in Europa wird für 2026 angestrebt.

… sucht VesselSens weitere Partner

Für die Entwicklung bis zur Markteinführung, insbesondere die Durchführung der klinischen Studien, sieht VesselSens einen Finanzbedarf in Höhe von rund 20,6 Mio. EUR. Für diese Phase und auch aktuell sucht VesselSens weitere Investoren und Kooperationspartner. Gesellschafter ist Dr. med. Johannes Baulmann, erster Vorsitzender der Gesellschaft für Arterielle Gefäßsteifigkeit Deutschland-Österreich-Schweiz e.V. (DeGAG), wissenschaftlicher Berater ist Dr. med. M. Lichtenberg, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA).

 

Kurzprofil VesselSens GmbH

Gründung: August 2020

Standort: Bonn

Sektor: Medizintechnik/Smart Implantable Devices

Anzahl Mitarbeiter: 3, geplante Einstellung von 4 R&D-Mitarbeitern bis Ende 2023

Internet: www.vesselsens.com

Autor/Autorin

Redaktionsleiter Plattform Life Sciences at GoingPublic Media AG | Website

Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.