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Rekordrunde für Tubulis! Das Münchner Biotech-Unternehmen hat mit dem Abschluss seiner Series-C-Finanzierung 308 Mio. EUR (ca. 361 Mio. USD) erhalten – eine der größten Serie-C-Runden, die je ein europäisches Biotech erzielt hat – und die größte Runde für ein privates ADC-(Antibody-Drug-Conjugate)-Unternehmen. Die Runde wurde von Venrock Healthcare Capital Partners angeführt, mit Beteiligung der neuen Investoren Wellington Management und Ascenta Capital sowie bestehender Investoren wie Nextech Invest, EQT Life Sciences, Frazier Life Sciences, Andera Partners, Deep Track Capital, Bayern Kapital, Fund+, High-Tech Gründerfonds (HTGF), OCCIDENT und Seventure Partners. Von Urs Moesenfechtel

Die Mittel aus der Runde sollen laut Tubulis in erster Linie dazu dienen, den führenden ADC-Kandidaten TUB-040 schneller voranzutreiben und in früheren Therapielinien sowie weiteren Tumorindikationen zu testen. TUB-040 zielt auf das Antigen NaPi2b, das in vielen Fällen von Eierstock- und Lungenkrebs in erhöhter Menge gebildet wird. Der Wirkstoff wird derzeit im Rahmen der Phase-I/IIa-Studie NAPISTAR1-01 (NCT06303505) bei Patientinnen mit platinresistentem Eierstockkrebs (PROC) – also Krebs, der nicht mehr auf eine Platin-basierte Therapie anspricht – sowie bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem, wiederkehrendem oder schwer behandelbarem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs untersucht. Im Juni 2024 erhielt TUB-040 zudem den Fast-Track-Status der US-amerikanischen FDA (vgl. etwa frühere Berichterstattung GoingPublic.de). Darüber hinaus soll das Kapital die gesamte Produktpipeline stärken – einschließlich mehrerer präklinischer Programme sowie des weiteren Ausbaus der firmeneigenen ADC-Plattformtechnologien, um ADCs in neue Indikationen und Anwendungsfelder zu bringen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem klinischen Kandidaten TUB-030, der auf das Zielprotein 5T4 abzielt – ein in vielen soliden Tumoren vorkommendes Oberflächenmolekül. TUB-030 gilt zugleich als Beleg für die Übertragbarkeit der Tubulis-Technologie auf unterschiedliche Tumorziele.

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Starke Vertrauensbeweise

„Diese bedeutende Finanzierungsrunde spiegelt das starke Vertrauen wider, das diese globalen Gesundheitsinvestoren in Tubulis und das disruptive Potenzial unserer ADC-Plattformen setzen“, so Dr. Dominik Schumacher, CEO und Mitbegründer von Tubulis. „Mit dem Fortschreiten von TUB-040 in der klinischen Entwicklung und den ersten Daten, die in einer Late-Breaking-Oral-Präsentation auf dem ESMO vorgestellt werden, sind wir bereit, die Anwendung auf frühere Behandlungsstadien auszuweiten – während wir gleichzeitig unsere Pipeline und Technologieplattformen weiterentwickeln. Die neue Finanzierung ermöglicht es uns, unsere Vision umzusetzen: die Entwicklung wirklich differenzierter Antikörper-Wirkstoff-Konjugate, die auf die Biologie solider Tumoren zugeschnitten sind und Patientinnen und Patienten einen überlegenen therapeutischen Nutzen bieten. Diese Finanzierung gibt uns den notwendigen Schub für die nächsten Jahre: Wir treiben die klinische Entwicklung von TUB-040 gezielt voran und weiten sie in frühere Therapielinien sowie zusätzliche Tumorindikationen aus“, so Dr. Schumacher.

„Tubulis hat sich im ADC-Bereich mit einer zukunftsorientierten Vision profiliert, die durchweg durch starke wissenschaftliche Daten untermauert wird“, ergänzt Nimish Shah, Partner bei Venrock Healthcare Capital Partners. „Das Unternehmen ist nun in der Lage, eine außergewöhnliche präklinische Basis in aussagekräftige klinische Ergebnisse zu überführen, wobei mehrere wichtige Datenauswertungen bevorstehen. Während Tubulis seine Pipeline weiter ausbaut und an Dynamik gewinnt, freue ich mich darauf, gemeinsam mit dem Führungsteam und dem Aufsichtsrat an der Entwicklung einer neuen Generation von ADC-Therapien für Patientinnen und Patienten zu arbeiten.“

„Diese wegweisende Finanzierung ist ein Beweis für die wissenschaftliche Stärke und die Erfolgsbilanz des Tubulis-Teams“, fügte Dr. Christian Grøndahl, Vorsitzender des Aufsichtsrats von Tubulis, hinzu. „Das Unternehmen hat eine einzigartige ADC-Plattform aufgebaut und arbeitet nun daran, deren klinische Wirksamkeit zu belegen. Mit der Unterstützung erfahrener Biotech-Investoren ist Tubulis auf dem besten Weg, seine Position als weltweit führendes Unternehmen im ADC-Bereich zu festigen.“

Im Zusammenhang mit der Finanzierungsrunde werden Dr. Lorence Kim, Mitgründer und Managing Partner bei Ascenta Capital, sowie Patrick Heron, Managing Partner bei Frazier Life Sciences, dem Aufsichtsrat von Tubulis beitreten.

Rasanter Aufstieg des Münchner Biotech-„Start-ups“

Tubulis wurde 2019 als Ausgründung aus der Forschung initiiert und hat sich seither in rascher Folge finanziert und strategisch entwickelt. Bereits in früheren Finanzierungsrunden – etwa einer Serie B2 über 128 Mio. EUR im März 2024 – sicherte sich das Unternehmen bereits erhebliche Mittel zur Beschleunigung seiner ADC-Entwicklung. Hinzu kommt eine Partnerschaft mit Gilead aus Ende 2024, bei der Tubulis eine exklusive Lizenzoption für einen ADC-Kandidaten zur Verfügung stellte und eine Vorabzahlung von 20 Mio. USD sowie mögliche Meilensteine bis zu 415 Mio. USD vereinbarte. Tubulis ist damit eines der am höchsten kapitalisierten deutschen Biotech-Startups. Insgesamt wurden einschließlich der aktuellen Series-C-Runde 495,1 Mio. EUR eingeworben. Für die US-Expansion wurde 2025 Dr. Matthew Norkunas als neuer CFO und Präsident von Tubulis Inc.  ernannt, mit strategischer Ausrichtung auf Nordamerika.

Strategische Architektur statt bloßer Kapitalzufuhr

Mit Venrock Healthcare Capital Partners steigt ein US-Fonds ein, der seit Jahrzehnten als Brücke zwischen Venture-Kapital und öffentlichem Kapitalmarkt gilt. Venrock investiert bevorzugt in Biotechunternehmen, die sich am Übergang von der klinischen Validierung zur Kapitalmarktreife befinden – ein Hinweis darauf, dass Tubulis diesen Schritt nun gezielt vorbereitet. Wellington Management, einer der weltweit größten Vermögensverwalter, agiert typischerweise als Pre-IPO-Investor an der Schnittstelle zwischen privater und öffentlicher Finanzierung und steht für langfristige Engagements in wachstumsstarken Unternehmen. Ascenta Capital, 2023 von Dr. Lorence Kim, dem früheren CFO von Moderna, und Dr. Evan Rachlin gegründet, bringt darüber hinaus operatives Biotech-Know-how und transatlantische Skalierungserfahrung ein. Die Runde ist somit deutlich von US-Investoren geprägt, während europäische Geldgeber zwar an Bord bleiben, künftig aber wohl weniger Einfluss auf die strategische Richtung haben werden. Die neue Investorenstruktur ist ein weiterer Beleg dafür, dass das weitere Wachstum hochinnovativer Unternehmen mit wissenschaftlicher Basis in Europa maßgeblich durch US-Kapital getragen wird. Tubulis steht damit exemplarisch für das transatlantische Kräfteverhältnis: Starke Forschungsbasis in Deutschland, aber eine Finanzierungslogik, die sich am US-Kapitalmarkt orientiert. Für Tubulis – wie für viele seiner europäischen Pendants – liegt die Herausforderung darin, beides zu vereinen.

Signal für den europäischen Biotech-Sektor

Die Rekordrunde zeigt, dass Kapital für europäische Biotechunternehmen in Größenordnung mobilisierbar ist. Im ADC-Segment, das von hoher technologischer Komplexität und langen Entwicklungszyklen geprägt ist, ist eine Finanzierung dieser Größenordnung zudem eine absolute Seltenheit. Mit dem neuen Kapital gewinnt Tubulis nun die strategische Reichweite, um seine Pipeline und Marktposition konsequent auszubauen. Gleichzeitig rückt nun die Option einer Börsennotierung in Europa oder den USA näher. Nun richtet sich der Blick auf die klinischen Daten zu TUB-040, die beim ESMO-Kongress vorgestellt werden. Dass die Finanzierung unmittelbar vor diesem Termin abgeschlossen wurde, dürfte kaum zufällig sein: Sie verdeutlicht, dass Tubulis sich zunehmend als globaler Akteur mit klarer Kapitalmarktstrategie positioniert.

Autor/Autorin

Redaktionsleiter Plattform Life Sciences at  | Website

Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.