Die Rückforderung von Dividenden setzt gem. § 62 Abs.1 Satz 2 AktG voraus, dass der Aktionär wusste oder infolge von Fahrlässigkeit nicht wusste, dass er einem Rechtsverlust unterlag und daher zum Dividendenbezug nicht berechtigt war. Bei einer objektiven Verletzung der Mitteilungspflicht könne sich allerdings – so der II. Senat – eine Gutgläubigkeit nur aus einer unverschuldet unzutreffenden Beurteilung der rechtlichen Voraussetzungen der nach § 20 AktG bestehenden Mitteilungspflichten ergeben. Für einen entschuldbaren Rechtsirrtum der Beklagten sieht der Senat in den Feststellungen des OLG keinerlei Anhaltspunkt.

Trotz fahrlässiger Verkennung der fehlenden Dividendenbezugsberechtigung könnte das Gewinnbezugsrecht aber Bestand haben, wenn die Beklagte die Mitteilung nicht vorsätzlich unterlassen und nachgeholt hat (§ 20 Abs.7 Satz 2 AktG). Insoweit obliege der Entlastungsbeweis der Beklagten. Da bedingter Vorsatz ausreiche, sei dieser bereits dann nicht geführt, wenn nicht auszuschließen sei, dass die Beklagte eine Verletzung von Mitteilungspflichten billigend in Kauf nahm, weil sie als alleinige Aktionärin den tatsächlichen Eintritt nachteiliger Folgen nicht ernsthaft in Betracht zog. Zudem müsse die Mitteilung unverzüglich nachgeholt werden. Deshalb müsse der Aktionär seine Gutgläubigkeit nicht nur im Anschluss an den meldepflichtigen Beteiligungserwerb darlegen, sondern auch für den nachfolgenden Zeitraum bis zur Nachholung der Mitteilung.

(Angebliche) Dummheit schützt vor Strafe nicht
Das OLG war sich offensichtlich der Tatsache bewusst, dass es eine „Rüttelentscheidung“ erlassen hatte, die mit der bisherigen Rechtsprechung des BGH nicht in Einklang stand und hatte deshalb die die Revision zugelassen. Der BGH lässt jedoch keinerlei Neigung erkennen, seine bisherige Rechtsprechung aufzugeben, sondern nutzt die Gelegenheit, diese weiter auszubauen und den Rechtsverlust gem. § 20 Abs.7 AktG mit äußerster Strenge zu exekutieren. Vor allem die im subjektiven Bereich einerseits zu § 62 Abs.1 Satz 2 AktG, andererseits zu § 20 Abs.7 Satz 2 AktG formulierten Richtlinien haben es in sich: Bei einem objektiven Verstoß gegen die Mitteilungspflicht ist die Fahrlässigkeit praktisch indiziert, der auf Rückzahlung in Anspruch genommene Aktionär muss faktisch im Rahmen seiner sekundären Darlegungs- und Beweislast einen entschuldbaren Rechtsirrtum beweisen. Umgekehrt ist im Rahmen des § 20 Abs.7 Satz 2, bei dem die Darlegungs- und Beweislast ohnehin beim Aktionär liegt, bereits bedingter Vorsatz schädlich und eine Gutgläubigkeit während des gesamten Zeitraums bis zur Nachholung der Mitteilung nachzuweisen.

Große Aufmerksamkeit verdienen auch die vom II. Senat für das nach Zurückverweisung an das OLG fortzuführende Verfahren gegeben Hinweise: Zum (zeitweiligen) Rechtsverlust des unmittelbar beteiligten Unternehmens gem. § 20 Abs.7 Satz 1 AktG kommt es auch dann, wenn ein an der AG nur mittelbar beteiligtes Unternehmen eine auch von ihm zu erfüllende Mitteilungspflicht verletzt. Der Eintritt dieser Sanktion beruht nach der gesetzlichen Systematik allein auf dem Fehlverhalten des beherrschenden Unternehmens und ist unabhängig von dem Verhalten des – notwendigerweise unmittelbar mitbetroffenen – abhängigen Unternehmens, das seinen Mitteilungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen sein mag. Deshalb – so der BGH – sei zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu erwägen, der Beklagten bei Anwendung des § 62 Abs.1 Satz 2 AktG besondere Erkundigungspflichten aufzuerlegen oder ihr die Kenntnismöglichkeiten der über die Beklagte mittelbar an der Klägerin beteiligten Unternehmen zuzurechnen. Auch wenn er es offen lässt, tendiert der BGH wohl auch insoweit zur strengst möglichen Lösung.

Da Verstöße gegen die Meldepflichten des § 20 AktG immer wieder begegnen, ist das Urteil von großer praktischer Bedeutung und in seiner Strenge von erheblicher Brisanz. Seine Begründung ist in allen Teilen jedenfalls vertretbar, ob man es begrüßt oder ablehnt ist eine Glaubensfrage, deren Beantwortung von der konkreten eigenen Betroffenheit abhängen dürfte. Es unterstreicht einmal mehr die Notwendigkeit, sich mit Aktiengesellschaften und im Aktienrecht – auch als im Wirtschaftsleben und im allgemeinen Gesellschaftsrecht erfahrener Akteur – nicht ohne besonders qualifizierten juristischen Rat zu bewegen.

Der Artikel ist eine Vorabveröffentlichung aus dem aktuellen HV-Magazin.

Von Prof. Dr. Matthias Schüppen; Partner GRAF KANITZ, SCHÜPPEN & PARTNER

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