Wie eine Vielzahl anderer gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen, die von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig sind, bietet auch die Abspaltung aktivistischen Aktionären oder Aktionärsgruppen die Möglichkeit, die Maßnahme durch die Erhebung von Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklagen zu verhindern oder in die Länge zu ziehen. Zwar können diese Klagen im Falle des Spin-offs nicht darauf gestützt werden, dass das Spaltungsverhältnis zu niedrig bemessen ist. Gleichwohl führt die Erhebung solcher Klagen zu einer formellen Registersperre, die die Eintragung und damit das Wirksamwerden der Abspaltung zunächst verhindert. In Deutschland bleibt der Gesellschaft in diesem Fall nur der Weg, im Rahmen des Freigabeverfahrens nach dem Umwandlungsgesetz die Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklagen als offensichtlich unbegründet gerichtlich abweisen zu lassen, um so die Eintragung der Abspaltung zu ermöglichen. In Österreich besteht hingegen in diesem Fall ein gewisses Ermessen des zuständigen Firmenbuchgerichts, die Eintragung der Abspaltung trotz erhobener Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklagen vorzunehmen, soweit die Interessen der beteiligten Rechtsträger an einer Eintragung überwiegen. So können im Einzelfall kurzfristiger sachgerechte Entscheidungen unter angemessener Berücksichtigung der Interessen der Gesellschaft herbeigeführt werden.

Börsenzulassung und Vermarktung

Der Spin-off geht regelmäßig mit der gleichzeitigen Börsenzulassung des gesamten Grundkapitals des aufnehmenden Rechtsträgers einher – so ist zum einen sichergestellt, dass die Aktionäre der Muttergesellschaft fungible Aktien erhalten. Zum anderem bildet die Börsenzulassung die Grundlage für einen langfristigen und eigenständigen Kapitalmarktauftritt des aufnehmenden Rechtsträgers. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich setzt die Börsenzulassung grundsätzlich die Erstellung eines Wertpapierprospekts nach den Vorschriften des deutschen Wertpapierprospektgesetzes bzw. des österreichischen Kapitalmarktgesetzes unter jeweiliger Berücksichtigung der EU-Prospektverordnung voraus.

Der Wertpapierprospekt bildet auch die Grundlage für die Vermarktung eines etwaigen Angebotsüberhangs in Aktien des aufnehmenden Rechtsträgers. Dieser entsteht typischerweise nach Wirksamwerden der Abspaltung, da einige der Aktionäre der Muttergesellschaft ihre neue Beteiligung am aufnehmenden Rechtsträger entweder nicht weiter halten wollen oder können. Sie versuchen, ihre neuen Aktien daher unmittelbar über den Markt zu veräußern. Tritt ein solcher Angebotsüberhang in größerem Umfang auf, gerät der Börsenkurs des aufnehmenden Rechtsträgers unter Druck. Die transaktionsbegleitende Bank muss daher potenziellen Angebotsüberhang im Vorfeld der Abspaltung quantifizieren und im Rahmen des sogenannten „Flowback Managements“ Investoren finden, die diesen Überhang aufnehmen. So können negative Effekte auf den Börsenkurs der Aktie des aufnehmenden Rechtsträgers vermieden und die Gesamttransaktion zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden.

Vita

Kai Göhring ist seit 2015 Head of Legal & Corporate Finance Execution bei der Baader Bank. Zwischen 2011 und 2015 war er als Executive Director bei Morgan Stanley in Frankfurt zuständig für die Investmentbanking Legal Coverage in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zwischen 2004 und 2011 war der Rechtsanwalt in zwei international Großkanzleien in Frankfurt und New York tätig.

Der Artikel ist zuerst im GoingPublic-Special „Kapitalmarkt Österreich 2017“ erschienen.

 

Autor/Autorin