Dem Einsatz von Sachverständigen kommt – unter anderem bei der Abwehr von Schadensersatzsprüchen in komplexen Fällen – eine besondere Bedeutung zu. Von Dr. Christian Hinz und Dr. Ashkan Rahmani

Dr. Christian Hinz, Rechtsanwalt CMS Hasche Sigle
Dr. Christian Hinz, Rechtsanwalt CMS Hasche Sigle

Sachverständige können einerseits im Auftrag eines Unternehmens tätig werden, damit dieses behauptete Schadensersatzansprüche besser bewerten kann. Wenn ein Rechtstreit über diese Ansprüche unumgänglich wird, tragen sie andererseits dazu bei, im gerichtlichen Verfahren den tatsächlichen Sachverhalt im Auftrag des Gerichtes zu ermitteln. Dabei müssen Unternehmen sorgfältiger als bisher abwägen, ob sie einen Sachverständigen – und wenn ja welchen und in welchem Umfang – bereits vorgerichtlich mit der Sachverhaltsermittlung beauftragen.

Denn während die Erstellung eines Privatgutachtens dem vorgerichtlichen Verfahren durchaus förderlich sein kann, stünde der beauftragte Privatgutachter nach einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in sämtlichen ähnlich gelagerten Gerichtsverfahren nicht mehr als Gerichtssachverständiger zur Verfügung.

Dr. Ashkan Rahmani, Rechtsanwalt CMS Hasche Sigle
Dr. Ashkan Rahmani, Rechtsanwalt CMS Hasche Sigle

Jede Partei eines Zivilverfahrens kann die Ablehnung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit beantragen. Voraussetzung ist, dass diese Partei befürchten muss, der Sachverständige sei nicht unparteiisch. Diese Besorgnis ist gegeben, wenn der Sachverständige bereits für eine der am Prozess beteiligten Parteien als Privatgutachter tätig war. Das ist allgemein anerkannt. Mit seinem Beschluss vom 10. Januar 2017 (VI ZB 31/16) hat der BGH das Ablehnungsrecht wegen Besorgnis der Befangenheit aber auf die Vorbefassung des Sachverständigen in allen gleichartigen Fällen ausgedehnt. Ob die Vortätigkeit des Sachverständigen als Privatgutachter für eine am konkreten Gerichtsverfahren beteiligte Partei erfolgte, ist dabei nicht (mehr) relevant.

Es besteht nach Ansicht der Karlsruher Richter die generelle Sorge, dass ein Sachverständiger von seinen früheren Feststellungen als Privatgutachter nicht abweichen wird. Das schon deshalb nicht, um sich mit genau diesen Feststellungen – für die er bezahlt worden ist – nicht in Widerspruch zu setzen. Denn der dann gerichtlich bestellte Sachverständige müsste sich sonst den Vorwurf seines früheren Auftraggebers gefallen lassen, sein Privatgutachten sei nicht ordnungsgemäß erstellt worden.

Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie trägt zur Rechtssicherheit und richtigen Urteilsfindung bei. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass ein Sachverständiger die in einem gerichtlichen Verfahren zu begutachtende Frage anders beurteilt als zuvor in seinem Privatgutachten. Ausreichend ist allerdings die berechtigte Befürchtung einer Partei, dass der Sachverständige sich an seinen früheren Feststellungen orientieren könnte. Ablehnungsgrund ist nämlich bereits die Besorgnis der Befangenheit, nicht eine tatsächlich bestehende Befangenheit.