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Diese Frage stellt sich allen Unternehmen, und wer die Alternativen bisher noch nicht abgewogen hat, für den wird es nun höchste Zeit. Eine praktische Entscheidungshilfe.

Im Frühsommer sah es kurzzeitig noch so aus, als wäre die virtuelle Hauptversammlung auch schon wieder Geschichte. Mittlerweile allerdings steht außer Frage, dass dieses Format eine Zukunft hat. Die neuen Regelungen sind umsetzbar, vielmehr noch: Die virtuelle Hauptversammlung nach neuem Recht findet bereits statt. Aber welches der beiden Formate ist nun das richtige fürs eigene Unternehmen? Oder sollte es am besten gleich die hybride HV sein? Im Folgenden betrachten wir fünf wichtige Kriterien, die den Weg hin zum passenden HV-Format ebnen.

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1. Die Kosten

Bei Gesprächen über die virtuelle HV gehören Kosten stets zu den ersten Themen. Während bei großen Publikumsgesellschaften mit mehreren Tausend HV-Teilnehmern die Kostenfrage eindeutig zugunsten der virtuellen Variante ausfällt, ist dies bei der weit größeren Anzahl von Versammlungen mit lediglich wenigen Hundert oder einer noch geringeren Teilnehmerzahl nicht so einfach zu beantworten. Es ist daher unumgänglich, die Kosten der Präsenzvariante denen der virtuellen Form detailliert gegenüberzustellen. Veranstaltungsort, Medientechnik, Streaming, Portal, Backoffice, Catering, Firmenpräsentation, Reisekosten – die einzelnen Kostenfaktoren werden je nach Größe und Ausgestaltung der Hauptversammlung sehr unterschiedlich ausfallen.

2. Das Personal

Ein Element, welches oft bei der internen Kalkulation fehlt und so nicht im HV-Budget steht, ist das firmeneigene Personal. Eine Präsenz-HV ist personalintensiv, oft werden eigene Mitarbeiter eingesetzt und damit gebunden. Die organisatorischen Themen im Vorfeld sind vielfältig: Buchung und Ausgestaltung des Veranstaltungsorts, Catering, Personal- und Raumplanung, Backoffice, Firmen- und Produktpräsentation. Aber auch am Aufbau- und HV-Tag wird Personal für Zugangskontrolle, Akkreditierung, Wortmeldetisch etc. benötigt. Steht dieses Personal ausreichend und auch gerne zur Verfügung, ist hierdurch einerseits auf einer weiteren Ebene der Austausch zwischen Gesellschaft und Aktionären möglich. Andererseits fehlen diese Mitarbeiter für ihre eigentliche Tätigkeit im Unternehmen. Die Beauftragung externen Personals belastet ebenfalls das HV-Budget.

3. Die Nachhaltigkeit

Das Thema ist omnipräsent und Aktiengesellschaften müssen sich diesem auch mit ihrer Hauptversammlung stellen. Hier ist die virtuelle HV klar im Vorteil, denn es wird eine große Menge Reiseverkehr vermieden; Aktionäre bleiben zu Hause, es bedarf keines Personals für Zugangskontrollen, Akkreditierung oder Wortmeldetisch und auch das Backoffice kann dezentral organisiert werden. Papierhafte Unterlagen entfallen gänzlich, zudem müssen weder Hardware für Präsenz und Abstimmung noch Catering, Produktmuster, Schauvitrinen oder Aufsteller transportiert werden. Die Energieaufwendungen am Veranstaltungsort reduzieren sich massiv, müssen allerdings dem Streaming gegenübergestellt werden.

4. Die Tagesordnung

Auch die Tagesordnung kann eine Tendenz hin zum einen oder anderen Format der ordentlichen Hauptversammlung bewirken: Sind nur die Standardpunkte zu behandeln oder stehen erläuterungsbedürftige Entscheidungen an, für die sich beide Seiten den persönlichen Austausch wünschen? Nicht nur aus dieser Sichtweise heraus wäre auch ein Wechsel der Formate über die Jahre gut denkbar.

5. Das Aktionariat

Der Zuspruch der einzelnen Aktionärsgruppen zu den beiden Formaten ist sehr unterschiedlich. Es ist daher notwendig, die eigene Aktionärsstruktur genauer zu betrachten, aber auch, einmal genau zu verfolgen, wie sich die Teilnahme von der Zeit der Präsenz-HV hin zur virtuellen HV während der Pandemie verändert hat. Viele Aktionäre hatten bei den virtuellen Versammlungen erstmals Gelegenheit, der HV eines Hunderte Kilometer entfernten Unternehmens beizuwohnen. Weniger technikaffine Aktionäre mussten sich – manchmal auch direkt bei der IR-Abteilung – Unterstützung suchen, um der Versammlung folgen zu können. Was die virtuelle HV niemals leisten können wird, ist das ungezwungene persönliche Gespräch zwischen Organmitgliedern und einzelnen Aktionären im Anschluss an die Versammlung und daher in lockerer Atmosphäre.

Ein Wort zur hybriden HV

Anleger äußern wiederholt den Wunsch, Präsenz- und virtuelle HV zu kombinieren, sodass den Aktionären eine Wahlmöglichkeit bei der Teilnahmeform bleibt. Diese Form der Versammlung ist aus Aktionärssicht unzweifelhaft begrüßenswert. Hierbei darf aber nicht vergessen werden, dass die hybride HV für die Unternehmen finanziell, organisatorisch und rechtlich den Aufwand doch enorm erhöht. So wird z.B. nun auch für die virtuelle HV ein Backoffice und somit eine Fragenaufnahme ggf. durch Stenografen (!) benötigt.
Und aus Sicht der immer mehr im Blickpunkt stehenden Nachhaltigkeit ist hier natürlich nichts gewonnen. Dieser signifikante Mehraufwand kann nicht von allen börsennotierten Gesellschaften geleistet werden und muss sich durch eine entsprechende Teilhabe der Aktionäre an beiden Formen rechtfertigen.

Fazit: Nüchtern abwägen

Dass mit der erstmaligen Umsetzung der aktienrechtlichen Regelungen zur „vollwertigen“ virtuellen HV auch ein wenig Neuland betreten wird, ist unvermeidlich. Dies sollte aber nicht Grundlage für die Entscheidung über das HV-Format sein. Wichtiger ist es, alle Bereiche in der Vorbereitung und Abwicklung einer HV auf das Unternehmen und seine Aktionäre hin zu betrachten, um eine fundierte und nachhaltige Entscheidung für das richtige Format zu treffen.

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Autor/Autorin

Nicola Bader

Nicola Bader ist Geschäftsführerin der BADER & HUBL GmbH. Sie berät Unternehmen in allen Phasen einer Veranstaltung, vom Kick-off-Meeting über Planung und Organisation bis hin zur Auswahl von Personal und Medientechnik.