Dr. Herbert Harrer, Rechtsanwalt bei Linklaters LLP.
Dr. Herbert Harrer, Rechtsanwalt bei Linklaters LLP.

Was hat sich für Eigengeschäfte von Führungskräften geändert?
Schon begrifflich spricht man jetzt statt von „Directors‘ Dealings“ von „Managers‘ Transactions“. Inhaltlich sind jetzt auch Eigengeschäfte von Führungskräften im Rahmen von gesellschaftsinternen Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen meldepflichtig. Neben der bereits bisher nach dem WpHG mitteilungspflichtigen Ausübung von Aktienoptionen ist jetzt auch schon die Zuteilung von selbigen an Führungskräfte im Wege von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen als Eigengeschäft mitteilungspflichtig, wenn die Führungskraft wie im Regelfall bei der Zuteilung der Optionen kein eigenes Ermessen hat. Die Mitteilungspflicht gilt auch für Geschäfte mit Schuldtiteln des Emittenten, insbesondere werden hier auch Anleihen miteinbezogen. Noch nicht geklärt ist, ob bei der Vergütung von Führungskräften die in der Praxis verbreiteten aktienbasierten Vergütungselemente mit Barausgleich, wie z.B. „Stock Appreciation Rights“ oder „Phantom Stocks“, als meldepflichtige Finanzinstrumente im Sinne der EU-Marktmissbrauchsverordnung zu qualifizieren sind. Die BaFin tendiert dazu, dass entsprechend ihrer bisherigen Verwaltungspraxis virtuelle Vergütungselemente nicht als meldepflichtige Finanzinstrumente im Sinne der Verordnung behandelt werden.

Was ist unter den geschlossenen Zeiträumen (sog. „Closed Periods“) zu verstehen?
Neu ist die Einführung von geschlossenen Zeiträumen bzw. Sperrfristen, nach denen Führungskräften während eines Zeitraums von 30 Kalendertagen vor Veröffentlichung eines verpflichtenden Finanzberichts des Emittenten Eigengeschäfte grundsätzlich verboten sind. Bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen bestehen in der Regel zusätzliche Sperrfristen (BlackoutPerioden), die hiervon unberührt bleiben. Nach der von der BaFin mitgeteilten Rechtsauffassung sind verpflichtende Quartalsmitteilungen mit inhaltlichen Anforderungen, wie sie nach § 51a BörsO der Frankfurter Wertpapierbörse vorgeschrieben sind, nicht als „Zwischenberichte“ i.S.v. Art. 19 MAR anzusehen.

Gibt es hiervon Befreiungsmöglichkeiten?
Der Emittent kann die Führungskraft in begrenzten Einzelfällen von diesem Verbot durch Gestattung befreien, wie z.B. bei schwerwiegenden finanziellen Schwierigkeiten der Führungskraft (z.B. Notveräußerung) oder bei strukturellen befreiungsfähigen Eigengeschäften im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, in denen kein eigenes Ermessen besteht, wie dies bei automatischen oder fest terminierten Zuteilungen von Aktienoptionen der Fall ist.

Besteht ein unmittelbarer Handlungsbedarf für Emittenten?
Es besteht unmittelbarer Handlungsbedarf für Emittenten z.B. hinsichtlich der Anpassung der Belehrung von Führungskräften mit Belehrungsschreiben. Daneben hat die EU-Marktmissbrauchsverordnung umfangreiche Änderungen auch zur Adhoc-Pflicht und zum Insiderrecht mit sich gebracht, die von den Emittenten unbedingt zu beachten sind.

Herr Dr. Harrer, vielen Dank für die aufschlussreichen Einblicke.

Das Interview führte Michael Fuchs.

ZUM INTERVIEWPARTNER
Dr. Herbert Harrer, LL.M., ist Rechtsanwalt und Partner bei der Rechtsanwaltssozietät Linklaters LLP. Er berät Emittenten sowie Investmentbanken in Sachen Bank und Kapitalmarktrecht, schwerpunktmäßig bei Börseneinführungen und Kapitalerhöhungen. Seine Beratungstätigkeit umfasst zudem die Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen.

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