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Das Auskunftsrecht der Aktionäre ist im Aktiengesetz auf die Hauptversammlung und damit auf eines jener Gesellschaftsorgane bezogen, deren Willen sich in Beschlüssen manifestiert. Dem entspricht es, dass der Aktionär in der Hauptversammlung nicht jede erdenkbare Information, sondern nur Auskünfte verlangen kann, die für eine sachgemäße Beurteilung einzelner Punkte der Tagesordnung und hier insbesondere der Beschlussgegenstände erforderlich sind.

Ein besonderes Spannungsfeld ergibt sich, wenn ein Auskunftsverlangen Sachverhalte mit (möglichen) Unregelmäßigkeiten seitens der Verwaltung betrifft, die Gegenstand einer internen oder externen Prüfung sind. Zu denken ist hierbei an interne Prüfungen des Aufsichtsrats oder externe Prüfungen durch einen Sonderprüfer oder eine Behörde. Es stellt sich dann die Frage, wie sich das Auskunftsrecht des Aktionärs zum Kompetenzgefüge in der Aktiengesellschaft verhält und ob mit Blick auf dieses Gefüge Beschränkungen des Auskunftsrechts anzunehmen sind.

Laufende Sonderprüfung als immanente Schranke des Auskunftsrechts?

Ausgangspunkt der hier zu besprechenden Entscheidung waren Fragen eines Aktionärs zu einem Themenkomplex (Erwerb von Immobilien), der Gegenstand einer gerichtlich angeordneten, zum Zeitpunkt der Hauptversammlung aber noch nicht abgeschlossenen Sonderprüfung war. Das Landgericht Köln hatte in dem Umstand einer laufenden Sonderprüfung einen Grund erkannt, der das Auskunftsrecht ausschließen soll. Da sich dies aber offenbar nicht unter einen der in § 131 Abs. 3 AktG geregelten Auskunftsverweigerungsgründe subsumieren ließ, erhob das Landgericht Köln das Sonderprüfungsverfahren zur sog. immanenten Schranke des Auskunftsrechts. Man könnte diese Vorgehensweise auch so beschreiben, dass das Landgericht Köln ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal als Voraussetzung des Auskunftsanspruchs angenommen hat.

Bemerkenswert ist die Vorgehensweise des Landgerichts Köln nicht nur deshalb, weil sogenannte immanente Schranken von Aktionärsrechten nur selten angenommen werden bzw. einen hohen Begründungsaufwand erfordern, sondern auch, weil die Diskussion über die Schranken des Auskunftsrechts bei laufenden Prüfungen sonst eher unter dem Gesichtspunkt der Nachteilszufügung (§ 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG) bzw. der Nachteilsabwehr geführt wird.

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf

Das OLG Düsseldorf stellte sich in seiner Entscheidung sehr klar gegen die Annahme der Sperrwirkung einer laufenden Sonderprüfung. Zur Begründung führte das Gericht aus, der Aktionär benötige Auskünfte in der Hauptversammlung zur Beurteilung der Beschlussgegenstände und zur Ausübung seiner Teilnahmerechte. Er könne daher in Bezug auf die von ihm begehrte Auskunft nicht auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet werden.

Mit seiner Begründung ist das OLG Düsseldorf der eigentlichen Diskussion über das Verhältnis zwischen Auskunftsrecht als Individualrecht des Aktionärs und (Sonder-)Prüfungen als Ausdruck des aktienrechtlichen Kompetenzgefüges aus dem Weg gegangen. Andererseits kann man die Entscheidung aber auch als klares Votum für den uneingeschränkten Vorrang des Auskunftsrechts interpretieren. Geholfen hat dem Kläger diese Positionierung des OLG Düsseldorf allerdings nicht, denn das Gericht erkannte andere Aspekte des Sachverhalts, die einer Pflicht zur Auskunftserteilung entgegenstanden. Hervorzuheben sind dabei jene Aspekte, die sich auf die zeitliche Verortung der Ereignisse beziehen, zu denen der Aktionär Auskunft begehrt. Insoweit bestätigte das OLG Düsseldorf zunächst den allgemeinen Grundsatz, dass Auskunft zum Tagesordnungspunkt „Entlastung“ nur zu Ereignissen verlangt werden kann, die in den betreffenden Entlastungszeitraum fallen.

Zu Ereignissen, die einen früheren Zeitraum betreffen, bestätigte das OLG Düsseldorf, dass Sachverhalte vom Auskunftsrecht umfasst bleiben, wenn sie in den Entlastungszeitraum hineinwirken. Die bloße Dauerwirkung einer in der Vergangenheit getroffenen Maßnahme bzw. eines in der Vergangenheit abgeschlossenen Geschäfts reiche hierfür aber nicht aus.

Sehr restriktiv äußerte sich das OLG Düsseldorf in Bezug auf Auskünfte zu künftigen Vorgängen. Diese seien für die Beurteilung konkret anstehender Tagesordnungspunkte schlichtweg nicht erforderlich.

Fazit

Das OLG Düsseldorf hat den ihm zur Entscheidung vorgelegten Fall nicht für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld zwischen dem Auskunftsrecht des Aktionärs und dem Kompetenzgefüge in der Aktiengesellschaft genutzt. Das Thema hat sich damit aber sicher nicht erledigt – vielmehr ist davon auszugehen, dass Emittenten laufende interne und externe Prüfungen auch weiterhin zur Begründung von Auskunftsverweigerungsrechten ins Feld führen werden. Als alleiniges Argument einer Auskunftsverweigerung bleibt dieser Begründungsweg jedoch riskant.

Autor/Autorin

Dr. Thomas Zwissler

Rechtsanwalt Dr. Zwissler berät bei gesellschafts-, bank- und kapitalmarktrechtlichen Fragen sowie in allen Fragen der Unternehmensfinanzierung.

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