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Das Münchner Innovations- und Gründerzentrum für Biotechnologie (IZB) mit seinen 40 ansässigen Biotech-Start-ups und fünf Life Science Unternehmen, zieht trotz des in der Biotech-Branche schwierigen Finanzierungsumfeldes eine positive Bilanz über ein aktives erstes Halbjahr 2023.

Finanzierungen und Partnerschaften von IZB-Start-ups

Besonders erwähnenswert ist der Deal in Milliardenhöhe, den Tubulis mit Bristol Myers Squibb (BMS) im April abgeschlossen hat. Die Unternehmen sind eine strategische Partnerschaft eingegangen, um differenzierte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs) zu entwickeln. Im Rahmen der Lizenzvereinbarung erhält Tubulis eine Vorabzahlung in Höhe von 22,75 Mio. USD und Meilensteinzahlungen, die sich potenziell auf über 1 Mrd. USD belaufen können, sowie gestaffelte Lizenzgebühren auf den Nettoumsatz der Produkte. BMS erhält die Exklusivrechte für den Zugang zu Tubulis‘ Payloads Tubutecan in Kombination mit Tubulis‘ proprietärer P5-Konjugationsplattform für die Entwicklung einer ausgewählten Anzahl an hochdifferenzierten ADCs zur Behandlung solider Tumore.

Im Juni kündigte Thermosome seine Beteiligung am IMAGIO-Konsortium an, dessen Ziel es ist, den klinischen Erfolg für Patienten mit Lungenkrebs, Leberkrebs und Weichteilsarkomen durch weniger invasive Behandlungen zu verbessern. Das Konsortium, das sich aus über 30 Kliniken, akademischen Instituten, Gesundheitsunternehmen und Patientenorganisationen zusammensetzt, hat eine Förderung in Höhe von 24 Mio. EUR von der „Innovative Health Initiative“ erhalten. Diese wird durch zusätzliche Mittel von Industriepartnern ergänzt. Im Rahmen der Kooperation erhielt Thermosome 1,3 Mio. EUR und wird mit der Uniklinik Köln zusammenarbeiten, um seinen Wirkstoffkandidaten THE001 in Kombination mit einer neuartigen Technologie zu testen.

Anfang Mai wurde Invitris von INCATE (Incubator for Antibacterial Therapies in Europe) als erstes Unternehmen ausgewählt, um 250.000 Euro an „Stage II“-Förderung zu erhalten. Damit will das Unternehmen seine Ausgründung aus der Technischen Universität München (TUM) abschließen und die Produktion von Phagen, von Phagen abgeleiteten und anderen antimikrobiellen Proteinen im Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen weiter ausbauen.

Secarna Pharmaceuticals und SciNeuro kündigten im März ihre Partnerschaft zur Erforschung und Entwicklung von Therapien an, die auf Targets abzielen, die eine wesentliche Rolle bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) spielen. Im Rahmen der Vereinbarung wird Secarna seine kommerziell validierte Plattform für die Identifizierung und Entwicklung von Locked Nucleic Acids, LNAplusTM, einsetzen, um Antisense-Oligonukleotid-Kandidaten gegen von SciNeuro ausgewählte Zielmoleküle zu generieren und zu charakterisieren, die für die Behandlung von ZNS-Erkrankungen relevant sind.

Der IZB-Alumnus AMSilk GmbH gab Anfang April bekannt, dass das Unternehmen im Rahmen einer erweiterten Serie-C-Finanzierung weitere 25 Mio. EUR eingeworben hat. Damit beläuft sich die Gesamtsumme der Finanzierung auf 54 Mio. EUR. Die Finanzierung, angeführt von den bestehenden Investoren ATHOS (AT Newtec) mit Beteiligung von Novo Holdings, Cargill und MIG Capital, soll es dem Biotech-Unternehmen ermöglichen, die laufende Erweiterung seiner Industrialisierungs- und Kommerzialisierungsprojekte weltweit zu beschleunigen und seinen Vertrieb auszubauen. Dadurch soll die steigende Nachfrage nach biologisch hergestellten Seidenproteinmaterialien gedeckt werden.

Fortschritte und innovative Erkenntnisse

Zu Beginn des Jahres 2023 verkündete Neuron23, Inc., ein in San Francisco ansässiges und von dem IZB-Start-up Origenis mitbegründetes Biotechnologie-Unternehmen, den Beginn der klinischen Phase-I-Studie mit dem Wirkstoff NEU-723 zur Behandlung von Patienten mit Parkinson. Das Unternehmen konzentriert sich auf die Entwicklung von Präzisionsarzneimitteln für genetisch bedingte neurologische und immunologische Erkrankungen. NEU-723 ist ein niedermolekulares Molekül, das auf die hirngängige Leucin-reiche Repeat-Kinase 2 (LRRK2) abzielt, und ist erst das zweite Molekül überhaupt, das für die Behandlung von Parkinson klinisch getestet wird.

Thermosome, ein Arzneimittelentwicklungsunternehmen, das sich auf zielgerichtete Tumortherapien spezialisiert hat, erhielt im März vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und der zuständigen Ethikkommission die Genehmigung zur Durchführung der ersten Studie am Menschen für sein Hauptprogramm THE001. Der Wirkstoff wird bei Patienten mit Weichteilsarkomen (STS) untersucht. Im April wurde der erste Patient mit dem Medikamentenkandidaten THE001 behandelt.

Eisbach Bio, ein Unternehmen, das auf molekulare Maschinen abzielt, die menschliche Krankheiten verursachen, hat Ende April einen wichtigen Meilenstein erreicht: den Beginn einer klinischen Phase-1-Studie für EIS-10700, ein niedermolekulares Molekül, das die RNA-Helikase von SARS-CoV-2 hemmen soll. Das Virostatikum, das gegen COVID-19 wirkt und aus der Wirkstoffforschungsplattform von Eisbach hervorgegangen ist, wird an gesunden Probanden getestet, um die Sicherheit, Verträglichkeit und Pharmakokinetik des Helikase-Inhibitors zu evaluieren.

Ein weiterer Erfolg war die Markteinführung des ersten funktionellen Inhaltsstoffs für Konsumgüter von Insempra. Die Substanz, bekannt als alpha-Ionon, ist ein biotechnologisch hergestellter, 100% natürlicher Geschmacks- und Aromastoff, der von ihrer Partnerfirma Axxence Aromatic GmbH für den Lebensmittel- und Kosmetikmarkt hergestellt und geliefert werden soll.

IZB-Alumnus Vivoryon Therapeutics, ein Biotechnologieunternehmen in der klinischen Phase, das sich auf die Entwicklung innovativer Arzneimittel auf Basis kleiner Moleküle spezialisiert hat, meldete Ende März ein positives Update zu den laufenden klinischen Studien VIVA-MIND und VIVIAD mit seinem Hauptkandidaten Varoglutamstat zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit (AD). Varoglutamstat ist ein niedermolekularer Wirkstoff, der das Potenzial hat, die Behandlungslandschaft für Alzheimer erheblich zu verändern. Im Juli präsentierte das Unternehmen daraufhin vielversprechende Sicherheitsdaten, sodass das unabhängige Data Safety Monitoring Board (DSMB) entschied, die Studie wie geplant fortzusetzen, ohne dass weitere DSMB-Sitzungen bis zum Abschluss der Studie erforderlich sind.

Autor/Autorin

Holger Garbs ist seit 2008 als Redakteur für die GoingPublic Media AG tätig. Er schreibt für die Plattform Life Sciences und die Unternehmeredition.