Bildnachweis: YZR Capital.

YZR Capital hat sich seit seiner Gründung 2021 als paneuropäischer Spezialist für HealthTech-Investments etabliert. Im Interview erklären die Gründer, warum ein wirklich founder-led Fonds anders funktioniert, welche Vorteile das für Start-ups bringt – und wo sie die größten Chancen im europäischen HealthTech-Markt sehen. Von Urs Moesenfechtel

Plattform Life Sciences: YZR Capital bezeichnet sich als owner- und founder-led. Was bedeutet das konkret?

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Markus Feuerecker: Wir sind als Gründer und Eigentümer in jeden Prozess eingebunden. Gründer und Investoren wissen so immer, woran sie sind. Wer mit uns in einen Prozess eintritt, weiß, dass am Ende keine Überraschungen kommen. Wir beide, Reinhard und ich, entscheiden zusammen mit unserem Investmentteam schnell und unternehmerisch. Expertise, Unabhängigkeit und Internationalität – das ist unser Anspruch. Wir führen den Fonds wie ein Start-up und können so flexibel auf Marktveränderungen reagieren und uns auf Opportunitäten im PharmaTech- oder TechBio-Bereich fokussieren.

Wie aktiv gehen Sie im Markt auf Gründer zu?

Prof. Dr. Reinhard Meier: Wir bekommen einen soliden Dealflow von Gründern aus ganz Europa, die aktiv auf uns zukommen – aber unser Ansatz geht deutlich darüber hinaus. Wir investieren viel Energie in den direkten Austausch, sind in den europäischen Start-up-Ökosystemen präsent und organisieren eigene Formate wie paneuropäische Pitch-Events. Wir legen zudem Wert auf gezielte Verbindungen: Wir bringen Gründer zusammen, wenn wir sehen, dass sie sich gegenseitig helfen können – etwa bei Kunden, regulatorischen Fragen oder Marktzugang. Dieses individuelle Vernetzen schafft echten Mehrwert. Und je größer unser Portfolio wird, desto stärker profitieren alle Beteiligten davon. Wir haben mittlerweile in zehn europäischen Ländern investiert. Wir arbeiten mit lokalen Ökosystemen im Vereinigten Königreich, Frankreich, Polen, Schweden, den Niederlanden oder Spanien zusammen und sind in den relevanten Märkten präsent. Unser Team sitzt zwar in München, ist aber sehr mobil. So stellen wir sicher, dass wir die spannendsten Gründer nicht nur finden, sondern auch frühzeitig ins Gespräch kommen.

Können Sie anhand von Portfoliounternehmen Ihre Strategie verdeutlichen?

Meier: Ein gutes Beispiel für unsere Strategie ist Scan.com. Das Unternehmen erleichtert den Zugang zu MRT- und CT-Untersuchungen, bringt Transparenz in einen für Patienten undurchsichtigen Markt und verkürzt Wartezeiten deutlich. Wir waren die ersten institutionellen Investoren – noch vor dem First Closing unseres Fonds – und konnten das Team von Beginn an begleiten. Scan.com startete in London mit einer Art „Doctolib für Radiologie“ und hat sich dort schnell durchgesetzt. Anschließend wagte das Unternehmen den Sprung in die USA – ein Schritt, der oft zu früh kommt, sich hier aber als goldrichtig erwiesen hat. Dort traf Scan.com auf einen noch intransparenteren Markt, mit extremen Preisunterschieden und ineffizienten Prozessen. Heute sorgt die Plattform nicht nur für schnellere Terminvergaben und digitale Befundübermittlung, sondern hat auch das komplexe Abrechnungssystem durch eine eigene Payment-Lösung deutlich vereinfacht – für Patienten wie für Radiologen. Unsere Strategie zeigt sich hier sehr klar: Wir investieren früh, helfen bei Skalierung und Internationalisierung, bleiben als Lead- oder Co-Lead verlässlich an Bord und öffnen unser Netzwerk für weitere starke Investoren. So ist aus einem Seed-Investment ein internationales Series-C-Unternehmen geworden, die Ende des Jahres rund 100 Millionen Euro Umsatz erreicht – mit klarem Impact für die Patientenversorgung.

Feuerecker: Ein zweites Beispiel ist BIORCE, ein portugiesisches Team mit Hauptsitz in Barcelona, das derzeit auch ein Team in den USA aufbaut. Obwohl das Unternehmen erst seit weniger als zwölf Monaten Teil unseres Portfolios ist, wächst es extrem schnell. Das Produkt – ein Clinical-Large-Language-Model zur Planung klinischer Studien – stößt auf enorme Resonanz im Markt. Es hilft, menschliche Fehler bei der Erstellung von Studienprotokollen zu vermeiden, Verzögerungen zu reduzieren und Kosten deutlich zu senken. Die Nachfrage ist entsprechend hoch: Globale Pharmaunternehmen – von klein bis sehr groß – zählen bereits zu den Kunden. Bemerkenswert ist, dass BIORCE schon wenige Monate nach unserem Seed-Investment eine vorgezogene Pre-A-Runde von einem großen europäischen Impact-Investor erhalten hat. Das zeigt nicht nur die Marktattraktivität, sondern bestätigt auch unsere These, dass sich ganze Wertschöpfungsketten in der Pharmaindustrie fundamental verändern.

Meier: Unsere Strategie umfasst bewusst das ganze Spektrum: Auf der einen Seite investieren wir in exekutionsstarke Modelle wie Scan.com, die konkrete Lücken im Markt schließen und schnell skalieren können. Auf der anderen Seite setzen wir gezielt auf herausragende Technologien – wie bei BIORCE – kombiniert mit starken Gründerteams und günstigen Marktbedingungen. Dieses „Tech-Play“ auf Basis klarer Thesen zu Value-Chain-Veränderungen ergänzt sich ideal mit marktgetriebenen Ansätzen. Gerade diese Bandbreite macht uns erfolgreich – und ist für Gründer von großem Wert. Viele Fonds fokussieren sich entweder nur auf traction-getriebene Investments mit einfach verständlichem Geschäftsmodell oder ausschließlich auf forschungsintensive Deep-Tech-Unternehmen. Wir dagegen decken beide Seiten ab und können Gründer in sehr unterschiedlichen Situationen unterstützen – vom pragmatischen Lückenfüller bis zur disruptiven Technologie mit langfristigem Impact. Besonders interessieren uns umfassende Value-Chain-Veränderungen in der Pharmaindustrie. Deswegen haben wir in verschiedenen Bereichen entlang dieser Wertschöpfungskette investiert – von Drug Development über Clinical Trials bis hin zu Revenue-Enhancing-Technologien.“

Können Sie das kurz an Beispielen festmachen?

Feuerecker: Das Thema „Digitalisierung von Wertschöpfungsketten“ ist für uns besonders zentral. Zwar integriert heute fast jedes Start-up ein AI-Element, entscheidend ist für uns jedoch, ob dadurch wirklich Kernprozesse verändert werden – und nicht nur administrative Abläufe. Es geht um Bereiche wie IP-Generierung, klinische Studien oder die Vermarktung, also um die Schritte, die maßgeblich über Kostenstrukturen, Umsätze und letztlich den Markterfolg entscheiden.

Meier: Ein Beispiel dafür ist Vetnio: Das Unternehmen entwickelt eine Software, die Arzt-Patienten-Gespräche automatisch dokumentiert. Das spart nicht nur Zeit, sondern entlastet Ärztinnen und Ärzte spürbar – und verbessert zugleich die Versorgung der Patienten. Ein weiteres Beispiel ist Ima Health: Hier werden Medikamente für chronische Patienten gebündelt und in einer einzigen Packung individuell vorbereitet. Damit sinkt das Risiko von Einnahmefehlern erheblich. Für ältere Patienten bedeutet das einen großen Fortschritt, gleichzeitig verändert es den Apothekenmarkt nachhaltig.

Wie nehmen Sie die aktuelle Finanzierungssituation im HealthTech-Sektor wahr?

Feuerecker: HealthTech wird inzwischen klar als attraktives Segment wahrgenommen, entsprechend erleben wir eine deutliche Belebung des Marktes. Wir sehen größere Runden und auch mehr Wettbewerb – was uns sehr entgegenkommt. Denn unser Anspruch ist es, für ambitionierte Gründer der „Partner der Wahl“ zu sein. Wir treten in der Regel als Lead-Investor auf und können Runden auch eigenständig füllen. Dabei versuchen wir Co-Investoren auszuwählen, die Mehrwert ins Konsortium bringen. Wir werden immer internationaler und haben im Fund 1 noch viel dry powder – für neue Deals sowie für Folgefinanzierungen. Wir investieren auch aktuell sehr intensiv – selbst im August konnten wir zwei Deals bis zum Signing bringen, auch wenn wir dazu derzeit noch keine Details nennen können. Gleichzeitig sind wir noch früh in unserer Investment-Periode. Das bedeutet: Wir verfügen über ausreichend Kapital und Zeit, um sowohl neue Beteiligungen einzugehen als auch bestehende Portfoliounternehmen langfristig zu begleiten.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Urs Moesenfechtel.

Zu den Interviewpartnern:

Prof. Dr. Reinhard Meier, Co-Founder, Managing Partner, YZR Capital
Prof. Dr. Reinhard Meier, Co-Founder, Managing Partner, YZR Capital

Prof. Dr. Reinhard Meier, Co-Founder & Managing Partner, YZR Capital

Prof. Dr. Reinhard Meier unterstützt europäische Gründer im Bereich Gesundheitstechnologie auf ihrem Weg zu globalen Technologieführern. Er hat sich konsequent vom praktizierenden Arzt zum Technologieunternehmer und Investor weiterentwickelt: Er war Mitbegründer der Telemedizinplattform TeleClinic.com, die 2020 an ein börsennotiertes Unternehmen verkauft wurde. Zuvor arbeitete Meier als Professor für Radiologie und Chefarzt einer großen Krankenhausgruppe, nachdem er in München, Nizza und San Francisco Medizin und Betriebswirtschaft studiert hatte.

Markus Feuerecker, Co-Founder & Managing Partner, YZR Capital
Markus Feuerecker, Co-Founder & Managing Partner, YZR Capital

Markus Feuerecker, Co-Founder & Managing Partner, YZR Capital
Markus Feuerecker hat sich während seiner gesamten Karriere für die Skalierung von Unternehmen im Gesundheitswesen engagiert. Als ausgebildeter VC-, Wachstums- und Buy-out-Private-Equity-Investor war er vor der Mitbegründung von YZR Capital unter anderem als Vice President bei DPE Deutsche Private Equity und als Senior Investment Manager bei EMERAM Capital Partners tätig. Feuerecker studierte Betriebswirtschaftslehre in Regensburg und Hongkong und sammelte Erfahrungen bei führenden Banken und Beratungsunternehmen, bevor er seine Karriere als Investor begann.

Autor/Autorin

Redaktionsleiter Plattform Life Sciences at  | Website

Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.