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Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderaler Staat – und auch wenn das bereits lange vor Ausbruch des Coronavirus allgemein bekannt war, wird es in Zeiten dieser Krise deutlicher als je zuvor. Sowohl das Bildungssystem mit der schwierigen Schulöffnungsthematik, als auch die innere Sicherheit und somit die Polizeiarbeit sind damit Ländersache. Diesen beiden Bereichen kommt in der momentanen Situation eine ganz besondere Aufmerksamkeit zugegen, die entscheidend im Umgang mit dem Coronavirus sein kann: Ein gemeinsamer Weg ist und bleibt schwierig.

Erste Lockerungen: Verhältnismäßig?

Kurz nach der Konferenz der Ministerpräsidenten letzte Woche gab das erste Bundesland, Sachsen-Anhalt, bekannt, die Ausgangsbeschränkungen zu lockern – ab heute dürfen gleich fünf Personen, die nicht aus einem Haushalt kommen, zusammentreffen. Zudem benötigen die Bürger auch keinen Grund mehr, um das Haus zu verlassen, Geschäfte unabhängig der Größe dürfen geöffnet werden, Besuche in Alten- und Pflegeheimen werden erlaubt und auch über einen Start der Gastronomie ab 22.Mai 2020 wird in der Landesregierung bereits gesprochen. All dies wirkt auf der einen Seite gegenüber dem restlichen Deutschland als erhebliche Lockerung, die bei vielen auf Unverständnis stößt. Andererseits ist das Bundesland neben Mecklenburg-Vorpommern am wenigsten von der Pandemie betroffen. Insgesamt wurden weniger als  1600 Erkrankte diagnostiziert- zum Vergleich gibt es in Bayern allein 1900 Corona-Tote. Somit erscheinen die geltenden Restriktionen der Landesregierung nicht mehr verhältnismäßig und eine Lockerung durchaus berechtigt. Ein gemeinsamer Weg ist und bleibt schwierig.

Vielleicht ist es aber auch gut, dass verschiedene Bundesländer, aber auch Länder wie z.B. Island neue Wege gehen und Lockerungen testen. Nur so kann man das Virus, seine Ausbreitung, aber auch seine Gefahren und die Risiken für die Bevölkerung besser abschätzen und verstehen, bis dann, hoffentlich bald, ein Medikament oder Impfstoff verfügbar sein wird.

Der Kampf um einen Impfstoff

CanSinoBIO aus China befindet sich bereits in Phase II der klinischen Erprobung und liegt damit, was die Timeline angeht, sogar noch vor Moderna und BioNTech mit der vielversprechenden mRNA-Technologie. In Deutschland konnte BioNTech bereits erste Freiwillige in das Studienprogramm einschließen. Die Genehmigung für die Durchführung in den USA steht noch aus, wird allerdings in Kürze erwartet. Die US-Gesellschaft Moderna konnte vor kurzem einen Deal mit Lonza für die Produktion des potenziellen Coronavirus-Impfstoffs einfädeln. Zu den kleineren Gesellschaften, die einen COVID-19-Impfstoff entwickeln wollen, zählen auch Inovio (Die Kollegen des Smart Investors berichteten) sowie Novavax (Grippeimpfstoff NanoFlu). Zudem mischt auch die Universität Oxford ganz vorn mit und arbeitet nun mit dem britisch-schwedischen Pharma-Giganten Astrazeneca zusammen, die den potenziellen Coronavirus-Impfstoff der Oxford University herstellen und im Anschluss zu vertreiben möchte.

Remdesivir erhält Zulassung in USA

Auch an der Medikamentenfront besteht Grund zur Hoffnung: Das ursprünglich gegen Ebola entwickelte Medikament Remdesivir hat in den USA am vergangenen Freitag eine Notfallzulassung zur Behandlung von COVID-19-Patienten erhalten. Diese beruft sich auf eine durchgeführte klinische Studie, die laut vorläufigen Ergebnissen gezeigt hat, dass Remdesivir die Genesungsdauer von Corona-Patienten verkürzt (von 15 auf 11 Tage). Allerdings zeigte Remdesivir bislang keinen Überlebensvorteil: In der Gruppe, die Remdesivir erhalten hatten, starben acht Prozent. In der Kontrollgruppe mit dem Scheinmedikament waren es 11,6 Prozent – ein nicht signifikanter Unterschied. Während eines Treffens mit US-Präsident Donald Trump an dessen Büro stellte Gilead-Chef Daniel O’Day fest, dass dies ein wichtiger Schritt sei. Seine Firma werde 1,5 Million Einheiten der Arznei spenden. Der Pharmakonzern Gilead Sciences will Remdesivir auch in andere Länder exportieren – wenn es auch dort die Zulassung erhält. Die europäische Union erwägt nach Angaben der schwedischen Arzneimittelbehörde eine Zulassung von Remdesivir zur Behandlung von Corona-Infektionen – eine Prüfung laufe mit hoher Priorität.

Roche entwickelt Nachweis für Antikörper gegen Sars-CoV-2

Auch bei den Tests auf das Corona-Virus gibt es Fortschritte zu vermelden. Am heutigen Montag 4. Mai besuchten der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder das Biotech-Unternehmen Roche am Standort Penzberg. Bei diesem Treffen verkündete Roche seine Produktionskapazitäten am Standort weiter auszubauen und 170 Millionen Euro zu investieren um u.a. seinen neuen Test Elecsys® Anti-SARS-CoV-2 zum Nachweis von Antikörpern gegen Sars-CoV-2 in größeren Mengen zu produzieren. Dieser dient dem Nachweis von Antikörpern gegen das Coronavirus mit einer Testspezifität von 99,8 Prozent und ist ab dem heutigen 4. Mai 2020 verfügbar. Dazu erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Antikörpertests helfen uns, zu wissen, wer eine Corona-Infektion schon durchgemacht hat. So gewinnen wir Erkenntnisse über das tatsächliche Ausbruchsgeschehen. Sobald gesicherte Erkenntnisse über eine mögliche Immunität nach durchgemachter Infektion vorliegen, gewinnen die Tests noch größere Bedeutung. Die Kooperation mit Roche ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen das Corona-Virus.“ Darüber hinaus verkündete Roche 250 Millionen Euro über vier Jahre in einen neuen Hub in Penzberg zu investieren, in dem Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für diagnostische Tests zusammengeführt und gebündelt werden sollen. „Der Hub wird Teil unseres weltweiten Kompetenznetzwerks in der Entwicklung von diagnostischen Tests im Bereich der Infektiologie und ist ein klares Bekenntnis zum Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland. Es geht um Spitzentechnologie von Weltrang in Bayern“, sagte Dr. Christoph Franz, Verwaltungsratspräsident von Roche. Ministerpräsident Dr. Söder betonte: „Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig robuste Wertschöpfungsketten im Bereich der Wirkstoffproduktion und Testentwicklung sind. Wir müssen die in Deutschland und Bayern bereits vorhandene Forschungskapazität schnell ausbauen. Daher begrüße ich die Investition von Roche in den Standort Penzberg sehr. Sie fördert nicht nur die Forschung und Entwicklung im Bereich Pharma, sondern stärkt den Hightech-Standort Bayern insgesamt. Dieses Engagement werden wir als Freistaat substanziell unterstützen.“

Es wird auf allen Seiten geforscht, analysiert und bewertet – aber wie sagte Ministerpräsident Söder heute auf der Pressekonferenz bei Roche so schön: „Wissenschaft bedeutet jeden Tag etwas mehr zu wissen, sich jeden Tag zu verbessern. Deswegen kann es auch sein, dass die Erkenntnisse von gestern, morgen überholt werden. Das ist dann aber ein Erfolg von Wissenschaft.“

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