Risikokontrolle und Compliance

Es ist fest davon auszugehen, dass der Fall „Volkswagen“ mit all seinen (zum größten Teil noch unbekannten) Facetten auch auf vielen anderen Hauptversammlungen eine Rolle spielen wird. Aktionäre werden insbesondere hinterfragen, wie Risikokontroll-und Compliance-Systeme aufgestellt sind und ob sie sich in der Praxis bereits bewährt haben.

Dividenden

Nachdem die Unternehmen ihre Aktionäre in den letzten Jahren bei dem Thema Dividende doch relativ stark verwöhnt haben, werden wir 2016 wahrscheinlich viele Dividendenvorschläge sehen, die eine Absenkung oder gar eine Streichung, wie bei RWE, beinhalten. Hier liegt vielleicht die größte Brisanz der Hauptversammlungssaison 2016. Die DSW präferiert weder Dividendenversprechen über viele Jahre noch eine Ausschüttung aus der Substanz. Der Grundsatz muss lauten: „Wenn kein Gewinn zur Verteilung zur Verfügung steht, kann es auch keine Dividende geben.“ Die Quintessenz dieser Regel ist, dass eine Dividende immer ertragsabhängig ausgeschüttet wird, wobei die DSW sich eine Risikoprämie für die Eigenkapitalgeber von rund 50% des Jahresüberschusses wünscht. Wir wissen jedoch auch, dass es durchaus berechtigte Gründe geben kann, von dieser Regel abzuweichen. Diese Gründe sollten dann jedoch auch so dargestellt werden, dass jeder Aktionär nachvollziehen kann, ob der erwirtschaftete Gewinn tatsächlich besser im Unternehmen verbleibt, weil er dort gut angelegt ist, oder aber doch in den Portemonnaies der Aktionäre besser aufgehoben wäre.

Frauenquote

In den Geschäftsberichten 2015 werden die Aktionäre erstmalig das Thema Frauenquote nach den neuen gesetzlichen Vorgaben aufbereitet finden. Oftmals wird dabei auch eine Zielquote von null in Bezug auf den Anteil von Frauen im Aufsichtsrat, Vorstand und in den darunter liegenden Führungsebenen zu finden sein. Hier ist den Unternehmen nachdrücklich zu empfehlen, sofern sie eine Nullquote als Ziel bis Mitte 2017 erklären müssen, die Gründe für die Entscheidung dezidiert zu erläutern und darauf einzugehen, wie für den Zeitraum nach Mitte 2017 mit diesem Thema umgegangen werden soll. Eine isoliert gestellte Zielquotenerklärung mit dem Wert null wird automatisch als Steilvorlage für den Regulierer gesehen, das Gesetz nochmals zu verschärfen.

Prognosen

Die Aktionäre dürsten in der volatilen, unsicheren Makrolage – in der wir uns befinden – nach klaren Aussagen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung. Daher sollten die Vorstände ihre Aktionäre nicht im Regen stehen lassen, sondern ganz im Gegenteil jetzt erst recht ihre Prognose konkretisieren. Ist dies aus wie auch immer gearteten Gründen nicht möglich, so sollten zumindest die Grundannahmen der weiteren Entwicklung klar kommuniziert werden.

Vor diesem Hintergrund wurden die eingesetzten Analysetools für die Hauptversammlungssaison 2016 nochmals verfeinert. So werden die DSW Sprecher beispielsweis auch die Qualität der Rede der Vorstandsvorsitzenden in Hinblick auf folgende fünf Kriterien unter die Lupe nehmen:

  • Informationsgehalt
  • Quantifizierung der entsprechenden Angaben und Prognosen
  • Verständlichkeit
  • inhaltliche Qualität
  • Länge

Ebenfalls erfasst wird die Anzahl der Fragen aus dem Kreis der Aktionäre.

Ein weiterer neuer Schwerpunkt ist die Bewertung der Betreuung der Aktionäre auf der Hauptversammlung. Viele Gesellschaften nutzen die Gelegenheit, ihre Aktionäre, die häufig auch Stakeholder ihrer Unternehmen sind, durch entsprechende Produktpräsentationen, Informationsstände etc. über das Leistungsspektrum ihrer Häuser zu informieren. Auch hier sieht die DSW in Zusammenarbeit mit dem isf ein interessantes Forschungsfeld und eine Möglichkeit die Attraktivität und Effizienz der Hauptversammlungen künftig zu verbessern.