Quelle: cometis AG


Selbstzweifelnde Small Caps?

Wir wollten von den Investor-Relations-Verantwortlichen wissen, wie sie die Eignung ihres Unternehmens als Investment für Privatanleger beurteilen. Und hier setzt sich die allgemeine Zurückhaltung der kleineren Unternehmen eindeutig fort. 56% der IR-Manager bewerten ihre Aktie in diesem Sinne als neutral. Vor allem aber: Jeder vierte sieht seine Gesellschaft als weniger interessant für Privatanleger an und nur jeder fünfte in diesem Sinne als besonders interessant. Der Unterschied zu den Indexwerten wird deutlich und erklärt vielleicht auch die generell defensive Haltung der „Kleinen“ in Bezug auf Privatanleger. 42% der Indexunternehmen empfinden sich als besonders interessant.

Quelle: cometis AG


Events bleiben eher ein Kanal in der Ansprache institutioneller Investoren

Eher auf Distanz zu den Kleinaktionären gehen die Nebenwerte-IR-Manager auch in der Wahl der Kommunikationsmittel. Über 50% veranstalten keinerlei Vor-Ort-Events für Privatanleger. Regelmäßig und auf Eigeninitiative hin führen solche Veranstaltungen allerdings ohnehin nur DAX- und MDAX-Unternehmen durch – schon bei SDAX und TecDAX beginnt der „Ausschluss der Öffentlichkeit“.

Neben der obligatorischen IR-Website werden vor allem E-Mail-Aussendungen (76% aller Unternehmen) genutzt, um aktiv Kontakt zu den Aktionären aufzubauen. Als probates Mittel wird auch der Aktionärsbrief aufgefasst, der von immerhin 21% der Indexunternehmen und 24% der Nicht-Indexunternehmen genutzt wird. Auffällig ist vor allem, dass die Wirtschafts- und Finanzpresse im Hinblick auf die Privatanlegerkommunikation keine übermäßig dominante Rolle spielt, obwohl doch gerade die Reichweitenwirkung und die Glaubwürdigkeit der so vermittelten Informationen gegenüber der Organisation von Events oder der klassischen Anzeigenschaltung ein naturgemäß gutes Aufwand-Nutzen-Verhältnis stiftet. Daher erscheint es durchaus überraschend, dass gut ein Drittel der Indexgesellschaften und fast die Hälfte der Small Caps in der Wirtschafts- und Finanzpresse keinen Kommunikationskanal ihrer Wahl sehen. Mit Blick auf das in der jüngeren Vergangenheit stark gehypte Segment Social Media erweist sich alleine der Micro-Blogging-Dienst Twitter aus Sicht der befragten IR-Manager als adäquates Mittel in der Privatanlegerkommunikation.

Privatanleger-IR ist nationales Geschäft
Eine weitere Erkenntnis, die das Panel eindrucksvoll bestätigt, ist, dass sich Privatanleger bei der Aktienauswahl weitgehend auf das eigene Heimatland beschränken. 59% aller Panel-Teilnehmer geben an, internationale Privatanleger (in unserer Umfrage: außerhalb der DACH-Region) seien in ihrem Unternehmen nicht nennenswert investiert. Und nur 5% geben an, überhaupt regelmäßig Kontakt zu ausländischen Privatanlegern zu haben.

Quelle: cometis AG


Fazit

Die Mehrheit der Unternehmen hat ein grundsätzliches Interesse daran, auch Privatanleger im eigenen Aktionariat nennenswert vertreten zu wissen. Mehr als zwei Drittel der befragten IR-Manager schätzen sie als loyal und längerfristig am Unternehmen interessiert ein. Erstaunlich jedoch: Die nicht in einem Index vertretenen Nebenwerte haben zwar den eigenen Schätzungen zufolge einen höheren Privatanlegeranteil, doch räumen sie dieser Gruppe eine geringere Bedeutung als die großen Unternehmen ein.

Einig sind sich die teilnehmenden IR-Manager darin, dass ihre solide Arbeit einen positiven Einfluss auf die Aktienkultur in Deutschland haben kann. Und diese Arbeit könnte sich lohnen: Bei 4,7 Bio. EUR an Geldvermögen in Deutschland würde eine um fünf Prozentpunkte auf 10% gesteigerte Aktienquote dem Markt 235 Mrd. EUR zuführen. Den „Home Bias“ der Privatanleger angenommen, bliebe für den deutschen Markt ein Volumen, das die Marktkapitalisierung aller MDAX-Werte bei weitem übertrifft.

Es ist nicht überraschend, dass die indexnotierten größeren Gesellschaften den Privatanlegern einen höheren Stellenwert zukommen lassen. Ihre Namen sind bekannt und wirken somit verlässlicher auf Privatanleger, die hinsichtlich ihres Anlageverhaltens neben der Rendite vor allem auf die gefühlte Sicherheit ihres Investments bedacht sind. Zudem besitzen große Konzerne auch die Kapazitäten, um eigens auf diese Anlegergruppe spezialisierte IR-Mitarbeiter anzustellen. Doch dies darf für die kleineren Unternehmen kein Totschlagargument sein, ihre bestehenden oder auch potenziellen Privatanleger in der IR-Arbeit außen vor zu lassen. Es gilt vielmehr, Wege und Strategien zu entwickeln, wie auch mit begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen eine zielführende Privatanlegerkommunikation betrieben werden kann. Hier ist besonders die den Ergebnissen dieses Panels zufolge eher geringe Einbeziehung der Wirtschafts- und Finanzpresse zu nennen. Viele der Small Caps verfügen über einzigartige Geschäftsmodelle, bedienen lukrative Nischen und wachsen stark – es weiß nur kaum einer. Darauf zu warten, dass ein Journalist auf das Unternehmen zukommt, ist zu wenig. Privatanleger sind meist treuer in Unternehmenskrisen als Profi-Investoren und können gerade bei kleineren Unternehmen eine wichtige Rolle hinsichtlich eines regelmäßigen „Grundrauschens“ beim Handelsvolumen der Aktie spielen. Unternehmen sollten sich von den teilweise kuriosen Redebeiträgen von Kleinanlegern auf der HV nicht täuschen lassen: Privatanleger sind in ihrer Gesamtheit eine wichtige Zielgruppe und sollten in die IR-Strategie intelligent eingebunden werden.

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