Basisprospekt

Die Regelungen zum Basisprospekt haben sich in der Praxis als anerkanntes und funktionierendes System zur Begebung von Anleihen etabliert, weshalb der europäische Gesetzgeber hier nur chirurgisch einige wenige Änderungen vornehmen will. So soll es zukünftig (wieder) möglich sein, einzelne Teile des Prospekts auch getrennt einzureichen. Außerdem soll der Anwendungsbereich des Basisprospekts ausgeweitet werden. Ferner ist die Zusammenfassung zukünftig nicht mehr zusammen mit dem Basisprospekt einzureichen und zu billigen, sondern nur noch mit den endgültigen Bedingungen bei deren Hinterlegung beizufügen.

URD

Neu ist das – nicht mit dem bereits bekannten Registrierungsformular zu verwechselnde – sogenannte Einheitliche Registrierungsformular (Universal Registration Document – „URD“). Durch die Billigung des freiwilligen URD verkürzt sich die Billigungsfrist bei Prospekten von 10 auf 5 Arbeitstage. Derzeit noch offen ist u.a., ob das URD über den Europäischen Pass auch in anderen Mitgliedstaaten verwendet werden kann. Insbesondere für die am Kapitalmarkt überwiegende Emission von Anleihen ist noch abzuwarten, ob und inwieweit das URD gegenüber dem Basisprospektregime angenommen wird, da dieses im Gegensatz zum URD mit beschleunigter Billigung gar keine weitere Billigung bedarf.

Sekundäremissionen

Zur Erleichterung von Sekundäremissionen will der europäische Gesetzgeber sowohl deren Anwendungsbereich erweitern als auch deren Anforderungen vereinfachen. Für sich beanspruchen sollen Emittenten die vereinfachten Anforderungen u.a. bei der Emission von Anleihen, wenn sie zuvor bereits Aktien emittiert haben, oder bei einer Erhöhung eines bereits begebenen Wertpapiers. Wie die vereinfachten Anforderungen selbst aussehen sollen, lässt sich aufgrund unterschiedlicher Anforderungen in den Entwürfen noch nicht entnehmen und wird zudem überwiegend in delegierten Rechtsakten durch ESMA und Kommission zu konkretisieren sein.

 KMU

Zur Unterstützung von KMU soll zum einen deren Definition ausgeweitet werden und zum anderen besondere Erleichterungen geschaffen werden. Neben den bekannten Kriterien in Art. 2 Abs. 1 lit. g Prospekt-RL sollen zukünftig Unternehmen auch dann als KMU anzusehen sein, wenn diese eine durchschnittliche Marktkapitalisierung von EUR 200 Mio. haben. Hinsichtlich der zu erwartenden Erleichterungen wurde im letzten Entwurf nochmals einiges nachgelegt: So sollen u.a. Emissionen mit einem Gesamtvolumen von unter EUR 20 Mio. ebenfalls von den Neuregelungen profitieren. Viele Einzelheiten bleiben – wie an fast allen Stellen der Entwürfe – delegierten Rechtsakten vorbehalten und sind damit derzeit noch offen.

Risikofaktoren

Zuletzt hat sich der europäische Gesetzgeber die Überarbeitung der Risikofaktoren auf die Fahnen geschrieben, die bisher vor allem als Haftungsschutzschild der Emittenten und deren Berater gesehen wurden. Der hier zunächst gewählte – untaugliche (weil letztlich arbiträre) – Schritt einer verpflichtenden Kategorisierung von Risikofaktoren als „niedrig“, „mittel“ oder „hoch“, dürfte der Praxis erspart bleiben. Offen sind dagegen noch andere große Themen, etwa die Frage, ob Risikofaktoren zukünftig durch den Emittenten überhaupt zu gewichten und entsprechend dieser Gewichtung zu sortieren sind.

Und jetzt?

Auch wenn mit Jonathan Hill der Vater der Kapitalmarktunion die Kommission verlassen hat, geht einer der wichtigsten Schritte dieser Kapitalmarktunion weiter, die Modernisierung des EU-Prospektrechts. Noch gibt es davon drei Entwürfe, aber Anfang 2017 könnte daraus ein Verordnungsvorschlag werden. Auch wenn die Verordnung dann EU-weit unmittelbar geltendes Recht wäre, wären viele Details noch von delegierten Rechtsakten der ESMA oder der Kommission zu regeln. Auch Deregulierung scheint nicht ohne umfangreiche Regulierung zu funktionieren, jedenfalls nicht in der EU.

 

 

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