Wichtige Änderungen und ihre Auswirkungen auf die Praxis

Anwendungsbereich und Ausnahmen

Von erheblicher praktischer Bedeutung sind der Anwendungsbereich und die Ausnahmetatbestände des Prospektrechts, was auch der europäische Gesetzgeber erkannt und beides ausgedehnt hat. Die prospektfreie Emission von Wertpapieren – bisher zwischen EUR 100.000 und EUR 5 Mio., je nach nationaler Umsetzung – soll im Rahmen der neuen Prospektverordnung zukünftig bis zu EUR 10 Mio. möglich sein. Hier bleibt abzuwarten, in welcher Höhe der deutsche Gesetzgeber dies in nationales Recht umsetzen wird. Die Emission von prospektfrei begebenen Wertpapieren soll jedoch auf die nationalen Märkte beschränkt werden. Das würde bedeuten, dass solche Emissionen nicht bzw. nicht zusätzlich in anderen Märkten in der EU begeben werden dürfen.

Große Unsicherheit besteht durch die derzeit nur im Ratsentwurf vorgesehene Beibehaltung des Ausnahmetatbestands von der Prospektpflicht bei einer Mindeststückelung von EUR 100.000, die in den beiden anderen Entwürfen gestrichen wurde. Das hätte in der Praxis gerade bei Anleiheemissionen dramatisch negative Konsequenzen. Gleiches gilt für die derzeitigen Erleichterungen hinsichtlich des Prospektumfangs solcher Emissionen.

Dagegen ist aufgrund der im Rats- und ECON-Entwurf beibehaltenen Befreiung solcher Emissionen von einer Zusammenfassung davon auszugehen, dass auch das Europäische Parlament diesem Gedanken folgen und zumindest die Zusammenfassung auch zukünftig nicht verlangt werden wird.

Erfreulich ist die Erweiterung der Prospektpflicht-Ausnahme für die Ausgabe von Aktien derselben Gattung von 10% auf 20%. Dieser, insbesondere für KMU und andere wachsende Unternehmen, relevante Ausnahmetatbestand wird dadurch deutlich ausgeweitet.

Zusammenfassung

Erheblich verändert wurden auch die Vorgaben für die grundsätzlich dem Prospekt vorwegzustellende Zusammenfassung. Inhaltlich wird diese zukünftig an das sogenannte Basisinformationsblatt (Key Information Document – KID) nach der ab dem 31. Dezember 2016 anzuwendenden Verordnung für verpackte Anlageprodukte und Versicherungsanlageprodukte für Kleinanleger (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products Regulation – PRIIP-Verordnung) angelehnt und soll bei dessen Anwendung zu Erleichterungen führen. Unsicherheit besteht noch hinsichtlich der in der Zusammenfassung aufzunehmenden Risikofaktoren dahingehend, ob diese zukünftig auf die 5 bzw. 10 wesentlichsten Risikofaktoren begrenzt werden sollen. Die Bewertung, ab wann ein Risikofaktor als wesentlich anzusehen wäre, würde dem Emittenten übertragen werden, wodurch eine erhebliche (Rechts-)Unsicherheit und damit einhergehend Haftungsgefahren entstehen können. Auch stellt sich die Frage, inwieweit die nationalen Aufsichtsbehörden eine solche Entwicklung aufnehmen würden, da zumindest die BaFin bisher regelmäßig eine vollständige Auflistung aller Risikofaktoren verlangt. Diese Frage gewinnt umso mehr Bedeutung als dass die wohl größte Herausforderung für die Praxis die Begrenzung der Seitenzahl der Zusammenfassung von bisher 7% des Prospekts bzw. 15 Seiten auf nunmehr grundsätzlich nur noch 6 Seiten reduziert werden soll. Allein der Entwurf des ECON hat hier eine Ausnahme aufgenommen und räumt den nationalen Aufsichtsbehörden ein, unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 10 Seiten zuzulassen.

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