Going Public Phase 1: auf dem Weg in den Vor-REIT

Eine Anforderung an REITs ist die Börsennotierung. Auf dem Weg an die Börse existieren Besonderheiten, die mit der Erlangung des REIT-Status im Zusammenhang stehen. Auch die laufende Notierung an der Börse, das sogenannte Being Public, erfordert entsprechend dem REIT-Gesetz zusätzliche Pflichten für den REIT, die über das „normale“ Maß an Transparenz börsennotierter Unternehmen hinausgehen.

Den Going Public-Prozess eines REITs kann man nach dem REIT-Gesetz (RG) grundsätzlich in zwei Phasen unterteilen. Die erste Phase beschreibt den Weg in den Vor-REIT, die zweite den Prozess in den REIT-Status.

Bedingung für den Vor-REIT ist u.a. die Rechtsform der Aktiengesellschaft (AG) mit Sitz, auch der Geschäftsleitung, in Deutschland, was gegebenenfalls zunächst eine Umwandlung in die AG erforderlich macht. Im Rahmen der Satzungsgestaltung der AG sind insbesondere die Einschränkungen des Unternehmensgegenstands in § 1 (1) RG zu beachten, die eine Fokussierung des Geschäfts der AG auf das Halten von Bestandsimmobilien oder Anteilen an Immobilienpersonengesellschaften zum Gegenstand hat. Ergebnis ist eine Vor-REIT-Satzung, die  durch eine Hauptversammlung beschlossen und in einem weiteren Schritt als solche im Handelsregister eingetragen werden muss. Zudem muss die Erfüllung bestimmter Anforderungen an das Vermögen nach § 12 RG durch die AG versichert werden. Dazu zählen z.B. die Regelungen, dass das Vermögen zu mindestens 75% aus unbeweglichem Vermögen besteht und mindestens 75% der Bruttoerträge aus Vermietung, Verpachtung und Veräußerung von unbeweglichen Vermögen erzielt werden. Nach Aufforderung des Bundeszentralamts für Steuern (BZA) soll dies durch über einen Wirtschaftsprüfer mit geeigneten testierten Unterlagen nachgewiesen werden. Anschließend erfolgt die Registrierung der AG als Vor-REIT beim BZA. Als Vor-REIT kann die AG nun von der Exit Tax-Regelung bei der Aufdeckung von stillen Reserven bei Immobilientransaktionen profitieren. Die beschriebene Phase kann zugleich dafür genutzt werden, um sich auf den Börsengang vorzubereiten. Eine Börsennotiz in Phase 2 muss dann spätestens nach 3 Jahren, kann aber auch in einem zeitlich durchgängigen Schritt erfolgen.

Going Public Phase 2: auf dem Weg an die Börse

Die nächste Phase umschreibt die speziellen Vorbereitungen und Besonderheiten eines Börsengangs von REITs. Um den REIT-Status zu erhalten und den Börsengang einzuleiten, muss die Hauptversammlung des Vor-REIT das Grundkapital gegebenenfalls auf mindestens 15 Mio. Euro erhöhen und die Firmierung um REIT ergänzen sowie den Börsengang beschließen. Auch die Einschränkungen der Kreditaufnahme auf bis zu 60% des Gesellschaftsvermögens und des Handels mit unbeweglichen Vermögen sowie die Ausschüttungsverpflichtung von mind. 90% des ausschüttungsfähigen Gewinns sind von nun an zu beachten. Mit der Emissionsbank ist im Rahmen der Strukturierung des Börsengangs im Emissionskonzept ein Streubesitz von anfangs mindestens 25% vorzusehen. Zudem sind die Umstellung des Rechnungswesens und die Abbildung der Jahresabschlüsse in internationalen Reportingstandards (IFRS) bei der Prospekterstellung rechtzeitig zu beachten.

Erfordernis der Börsennotiz ist keine Hürde für REIT-Status
Das aktuelle Kapitalmarktumfeld stellt besondere Herausforderungen an REIT-Börsenaspiranten und an das IPO- Team. Folgende drei Strategien sind hier denkbar, um die Börsennotierung als Voraussetzung zur Erlangung des REIT-Status zu erhalten.

Klassisches IPO

Die Transaktionsstrategie I stellt den Königsweg eines „klassischen REIT-IPOs“  mit Prospekt und Platzierung von Aktien dar. Dabei unterscheidet sich der Prozess eines REIT-Börsengangs im Wesentlichen nicht von anderen Börsengängen. Eine attraktive Equity Story, ein unternehmensspezifisches Emissionskonzept, die gute Vorbereitung und die Wahl der geeigneten Emissionsbank zählen auch hier zu den Erfolgsfaktoren eines REIT-IPOs. Wesentliche Angebotsunterlage des REIT-Börsengangs ist der Wertpapierprospekt. Er wird beim BaFin eingereicht und dort geprüft. Nach der Billigung des Prospekts durch die BaFin erfolgt die Zulassung an der Börse an einem organisierten Markt wie z.B. General Standard oder Prime Standard sowie die Eintragung der AG als REIT im Handelsregister

Eine Alternative II kann das reine „REIT-Listing“ oder die Notierungsaufnahme im REIT-Segment sein. Hier stellt die Anforderung der Börsennotiz in einem EU-regulierten Markt keine Hürde für Vor-REITs oder REIT-Aspiranten dar. Denn die Platzierung von Aktien aus einer Kapitalerhöhung oder Umplatzierung ist keine Voraussetzung für die Börsennotierung im EU-regulierten Markt bzw. REIT-Segment. D.h., mit einem von der BaFin gebilligten Prospekt kann die Zulassung der Wertpapiere im EU-regulierten Markt beantragt werden, ohne Aktien platzieren oder umplatzieren zu müssen. Dabei ist darauf zu achten, das die Free Float-Anforderungen über die bestehenden Aktionäre dargestellt werden kann

„Schrittweises IPO“

Die Option III kann ein „schrittweiser REIT-IPO-Ansatz“ mit dem Ziel der Notierung im EU-regulierten Markt sein. Hier notiert der Vor-REIT zunächst im börsenregulierten Markt z.B. Entry Standard. Auch hier ist die Notierungsaufnahme sehr einfach – mit oder ohne Prospekt – möglichst bei geringen Kosten und zugleich hoher Liquidität der Aktie. Nachdem Investorenkontakte aufgebaut, der Vor-REIT am Kapitalmarkt durch proaktive Investor Relations bekannt gemacht und ein Free Float generiert wurde, kann in einem zweiten Schritt über einen Wechsel in den EU-regulierten Markt der REIT-Status erreicht werden.

Zusätzliche Being Public-Anforderungen

Ein Abschlussprüfer hat in einem besonderen jährlichen Vermerk festzustellen, ob die Anforderungen an den REIT insgesamt eingehalten wurden. Dieser muss von der REIT AG veröffentlicht werden. Neben den allgemeinen Transparenzpflichten und Anlegerschutzvorschriften einer börsennotierten AG sind weitere spezielle kapitalmarktbezogene Pflichten vom REIT zu erfüllen.
Dazu zählen insbesondere die Beachtung der Ausschüttungsregel, die Einhaltung der Streubesitzquote von mind. 15% und die jährliche Meldung an die BaFin. Sollte ein Investor die Meldeschwelle von 10% erreichen müssen Meldungen an die BaFin und den REIT erfolgen, die sich an bekannte Regelungen im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) anlehnen.
Sollte die Meldeschwelle von 10% erreicht oder die Streubesitzquote von 15% unterschritten werden, erfolgen weitere Meldungen an das BZA und die zuständige örtliche Finanzbehörde des REITs, die entsprechend dem im RG definierten Mechanismus zu Sanktionen führen können.

REITs-Feld ist bestellt

Marktteilnehmer attestieren dem deutschen REIT-Markt das Potenzial, der drittgrößte Markt nach den USA und Japan zu werden. Dies wird nicht nur unterstützt durch die besonderen Vorteile von REITs gegenüber anderen Anlagealternativen in Immobilien. Zusätzlich fördert die zeitlich befristete Exit Tax die Mobilisierung von stillen Reserven auf Verkäuferseite und begünstigt die Verhandlungsposition von Vor-REITs und REITs in Immobilientransaktionen. Zudem wirkt auf Investorenseite die Anrechnung von REITs auf die Immobilienquote z.B. bei Versicherungen positiv auf die Etablierung von REITs am Kapitalmarkt. Insbesondere institutionelle Investoren aus dem Ausland haben mit dem international vergleichbaren deutschen REIT eine neue Möglichkeit liquide, transparent und effizient in Immoblien zu investieren.

Ausblick

Das Feld ist für REITs bestellt. Die REIT-Community hat sich gebildet, erste REITs haben ihren Börsengang durchgeführt, das Deutsche Börse REIT-Segment und REIT-Indizes sind geschaffen sowie der REIT bei Institutionellen im In- und Ausland und bei Privatinvestoren positioniert. Wie die Ernte 2008 und darüber hinaus ausfällt bzw. wie viele neue deutsche REITs ihr IPO in Zukunft tatsächlich umsetzen werden, hängt von vielen Faktoren ab: der Attraktivität des REITs als Rechtsform, der Equity Story, der Qualität des Managements und dem allgemeinen Kapitalmarktumfeld sowie der Entwicklung des derzeitigen NAV-Discounts.

Von Dr. Martin Steinbach, Head of Issuer Relations, Deutsche Börse AG
Der Artikel erschien ursprünglich in der G-REITs Ausgabe 2008.
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