Aktive Kommunikation genießt höchste Priorität

Nach Gründen für die Beschäftigung mit der Aktionärsstruktur gefragt, sind sich die Teilnehmer der Online-Befragung einig: Zu 93% erheben sie diese Daten mit dem Wunsch nach aktiver Kommunikation mit ausgewiesenen Aktionären (siehe Abb. 3). Dies geht nicht ohne eine zweckmäßige Verwaltung der Daten vonstatten. 85% halten die individualisierte Pflege von Kontaktdaten für eine wichtige oder absolut wichtige Funktion einer Investor-Relations-Anwendung. Mit 71% erreicht auch der automatisierte Versand von Presse und Adhoc-Mitteilungen einen hohen Wert.

Bei der Wahl der Mittel zur Datenverwaltung gehen die Meinungen jedoch auseinander. Knapp ein Drittel der Befragten nutzt Outlook, knapp ein Viertel greift auf Excel zurück (siehe Abb. 4). Fast alle Kunden von Datenbank-Anbietern nutzen das integrierte CRM-Tool, 79% zeigen sich zufrieden oder sehr zufrieden. Auch hier setzen die untersuchten Anbieter unterschiedliche Schwerpunkte. Nicht jedes Angebot enthält zum Beispiel die Option, personalisierte Serienmails in verschiedenen Sprachen zu versenden. Doch auch die Emittenten haben unterschiedliche Bedürfnisse, und Mehrfachnennungen waren bei dieser Frage möglich. Bei fast allen Emittenten kommt eine Kombination aus mehreren Programmen zum Einsatz.

IROs sehen Datenschutz kritisch

Aus der Perspektive des Datenschutzes macht es einen erheblichen Unterschied, ob ein bereitgestelltes CRM-Tool genutzt und mit eigenen Daten angereichert wird. Werden diese Daten auch noch auf dem Server des Anbieters gehostet, so fällt der Vorgang unter die Auftragsdatenverarbeitung und der Anbieter hat gesonderte Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der personenbezogenen Daten zu treffen. Alle am Produkttest beteiligten Unternehmen bieten für diesen Fall entsprechende Verträge gemäß Bundesdatenschutzgesetz an.

Es beschleicht einen die Vermutung, dass genau dies der Punkt ist, an dem der eine oder andere Anbieter ausgestiegen ist, der sich nicht an dem Produkttest beteiligte. Das deutsche Datenschutzgesetz zählt im internationalen Vergleich sicher zu den komplizierten Varianten. Dem einen oder anderen außerhalb der EU ansässigen Datenbankanbieter mag es eher wie eine Handelsbeschränkung vorkommen. Dazu kommt, dass Anstrengungen bei Datenschutz und Datensicherheit Aufwand verursachten, für den Kunden gemeinhin wenig Verständnis aufbringen. 79% der Experten halten die hohen laufenden Kosten der Datenbanken für einen gewichtigen Nachteil. Die Nichtkunden unter den Befragten sehen in ihrem zu geringen Budget den Haupthinderungsgrund, eine Datenbank zu buchen. Verständlich, denn viele entsprechende Dienste lieferten Broker bisher kostenlos, was sie unter MiFID II nicht mehr in diesem Umfang werden machen können. So wird wohl ab kommendem Jahr das eine oder andere Budget überdacht werden müssen.

Für die Fachleute sind Datenschutz und sicherheit gleichwohl wichtige Themen. 46% der Befragten haben an diesem Punkt starke oder sehr starke Vorbehalte gegenüber integrierten IRTools. 30% der Befragten sehen die Sache jedoch neutral. Bleibt festzuhalten, dass alle getesteten Anbieter Anstrengungen auf diesem Gebiet unternehmen. Der anstehende Brexit und die Bereitstellung von Servern auf dem Gebiet der EU sind derzeit vorrangige Themen. ingage sticht dabei besonders heraus. Das Unternehmen durchläuft aktuell den Prozess zur Zertifizierung nach ISO27001:2013.

Investor Targeting nimmt an Bedeutung zu

78% der IR-Experten sehen einen wichtigen oder sehr wichtigen Vorteil von integrierten IR-Tools in der Möglichkeit, potenzielle Investoren zu identifizieren. Das hat wahrscheinlich nicht nur, aber auch, damit zu tun, dass sich viele von ihnen ab Januar 2018 durch MiFID II verstärkt auf diesem Feld werden betätigen müssen. Möglich, dass erst dann das Potenzial der jeweiligen Datenbanklösung voll zur Entfaltung kommt – oder auch deren Unzulänglichkeit. Die Anbieter selbst halten in diesem Punkt die persönliche Betreuung für essenziell. Offenbar erfolgreich: Mit 90% erhält dieser Punkt das höchste Zufriedenheits-Rating bei aktuellen Datenbanknutzern.

Fazit

Fest steht: Der Markt wird aktuell nicht nur durch Regularien wie MiFID II aufgewühlt, sondern bekommt auch zusehends durch neue Anbieter und sogar Börsenplätze wie die Euronext ein „neues Gesicht“. Es sieht so aus, als müssten sich althergebrachte Datenbank-Anbieter künftig darauf einstellen, sich mit anderen Playern das Spielfeld zu teilen. Für Investor-Relations-Abteilungen erscheint es sinnvoll, sich einen eigenen Kriterienkatalog zu erarbeiten und mehrere Produkte daraufhin gründlich zu überprüfen. Gut 10% der Befragten, die aktuell keine kostenpflichtige Investorendatenbank nutzen, begründen diese Entscheidung mit unbefriedigenden Vorerfahrungen. Diejenigen, die eine dieser Datenbanken nutzen, zeigen sich überwiegend zufrieden damit. Sie sehen dennoch mehrheitlich in allen abgefragten Punkten Optimierungspotenzial bei den Anbietern, speziell in puncto Validität und Funktionalität: Wenn weniger als ein Drittel der Datenbank-Kunden die Aktualität der verfügbaren Daten moniert, bleibt offenbar noch genügend zu tun – das Angebot sollte der Nachfrage folgen, nicht umgekehrt.