Heute verkauft Fielmann jede zweite Brille in Deutschland und zählt zu den 500 umsatzstärksten Familienunternehmen Deutschlands. Sohn Marc wird das Unternehmen übernehmen – aber wie groß sind die Fußstapfen seines Vaters?

Ursprünglich wollte Günther Fielmann Fotograf werden, doch sein Vater machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Schließlich sollte der Filius einen handfesten Beruf erlernen: Augenoptiker. Gesagt, getan: Der junge Fielmann ging in die Lehre, die er erfolgreich als Augenoptiker abschloss, und machte seinen Meister. Nach einiger Zeit im Einzelhandel wechselte der ehrgeizige Optiker in die Industrie. Eine Chance, auch die andere Seite kennen zu lernen, bevor er 1972 seine erste Filiale in Cuxhaven eröffnete. Von dort aus eroberte Günther Fielmann den deutschen Brillenmarkt.

Ende der Stigmatisierung
Die Marktlücke war schnell erkannt: Fielmann bekannte sich dazu, die damals gängigen Einheitskassengestelle ausrotten zu wollen. Das Gehalt des Brillenträgers sollte nicht an dem Gestell ablesbar sein. Also plante Fielmann modische und schicke Modelle zum Nulltarif. Mit der AOK Esens unterschrieb er 1981 einen Sondervertrag, der ihm erlaubte, qualitativ hochwertige Brillen für Kassenpatienten herzustellen. Sein Ziel war es, die Zweiklassengesellschaft unter Brillenträgern abzuschaffen.

Mit Filialeröffnungen und verschiedenen Akquisitionen wuchs das Familienunternehmen stetig. Fielmann baute so ein schnell wachsendes und Deutschland umspannendes Filialnetz auf. Nach der Wiedervereinigung eröffnete der Unternehmer auch Niederlassungen in den neuen Bundesländern 1994 wagte der Optiker dann den Schritt über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus und eröffnete die erste Filiale in Österreich. Dieser folgten wiederum Niederlassungen in der Schweiz, den Niederlanden und Polen.

Vorzeigefamilienunternehmen
Heute zählt das Hamburger Unternehmen zu den Prototypen eines gut aufgestellten Familienunternehmens. Es weist alle positiven Eigenschaften eines familiengeführten Betriebs auf: langfristiges Denken, organisches Wachstum, keine riskanten Übernahmen, keine Schulden. Mit einer Eigenkapitalquote von rund 60% stehen Innovation und Wachstum nichts im Weg. Den Schritt aufs Parkett bereut der Optiker nicht, im Gegenteil: „Fielmann nutzte den Börsengang 1994 vornehmlich dazu, die Finanzierung seiner weiteren Expansion sicherzustellen“, erklärt Günther Fielmann gegenüber dem GoingPublic Magazin. „Die Fielmann AG ist praktisch schuldenfrei, verfügt über Liquidität in dreistelliger Millionenhöhe.“

Und die Nachfolge?
Um die Unternehmensnachfolge hat sich der Unternehmer in frühen Jahren keine Gedanken gemacht und lieber sein Imperium aufgebaut – so scheint es. Erst vor 21 Jahren kam Sohn Marc auf die Welt, soll aber schon bald in die Fußstapfen des 71-jährigen Firmengründers treten. Probleme bei der Stabübergabe sieht der Senior nicht: „Mit meinem Sohn Marc verstehe ich mich wunderbar. Er ist begabt und exzellent ausgebildet. Wir werden eine Arbeitsteilung finden.“ Außerdem will er sich noch nicht zurückziehen: „Ich werde den Optikern noch einige Tage erhalten bleiben. Ich komme aus einer regen Familie.“

Mitarbeiter motivieren
Doch was wäre ein Betrieb ohne motivierte Mitarbeiter? In den 649 Niederlassungen arbeiten heute 13.200 Mitarbeiter. Und diese weiß der Unternehmer zu motivieren. Bereits 1985, zehn Jahre vor dem Börsengang, waren 70% aller Mitarbeiter am Unternehmen beteiligt, heute sind es rund 80%. Neben einem guten Gehalt erhalten sie Gewinnanteile und Dividenden.

Fielmann gegen den Trend
Fielmann stellt sich auch gegen den allgemeinen Wirtschaftstrend der Branche: Während deutschlandweit der Absatz um 3% zurückgegangen ist, konnte Fielmann seinen Absatz sogar um 1% im Vergleich zum Vorjahr verbessern. Außerdem konnten die Hamburger den Umsatz in den ersten sechs Monaten 2010 um 5% auf 574 Mio. EUR und den Gewinn um 9% auf 55 Mio. steigern. Der Vorstand selbst hält momentan 36,8% der Anteile und das soll auch in Zukunft so bleiben. „Ich bin Gründer, Mehrheitsaktionär und Vorstandsvorsitzender. Die Firma ist mein Lebenswerk. Mein Sohn wird das Werk fortführen“, betont er.

Fazit
Fielmann ist nicht nur für seine Mitarbeiter und seine Kunden ein solides Unternehmen. Auch Anleger können sich über den Erfolg der Hamburger freuen. Die Frage nach der Unternehmensnachfolge ist zwar geklärt, bleibt aber spannend. Es bleibt zu hoffen, dass der Filius es schafft, die Erwartungen der Mitarbeiter, Aktionäre, Kunden und, noch viel schwieriger, die seines Vaters zu erfüllen.

Maximiliane Worch

Ursprünglich erschienen in der GoingPublic Ausgabe 10/2010.

 

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