Ralf Grönemeyer, Head of Research, Silvia Quandt Research GmbH

Bei börsennotierten Familienunternehmen ist das Unternehmertum mit der Weitsicht und Ausdauer einer generationsübergreifenden Strategie mit den finanzmarktorientierten Anforderungen verbunden.

Was haben börsennotierte Gesellschaften wie SAP, Fresenius, Henkel, Fielmann oder BMW gemeinsam? Wer sich für Kapitalmärkte interessiert, dem fällt zunächst eine Antwort ein: Diese Aktien haben sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten als „Reichmacher“ erwiesen, die eine überdurchschnittlich hohe Performance erzielten. Darüber hinaus werden diese Erfolgsfirmen von Familien geführt, die vor allem über das Aktionariat einen maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen ausüben.

Börsennotierte Familienunternehmen sind häufig besonders erfolgreich, weil sie aufgrund des Einflusses der Familie besonders nachhaltige und langfristig ausgerichtete Strategien verfolgen. Neben ihrer Performance überzeugen die Aktien dieser Unternehmen durch eine niedrige Volatilität. Dies macht Familienunternehmen vor allem für langfristig ausgerichtete Buy-and-Hold-Investoren interessant.

Historisch gesehen sind Familienunternehmen die Basis der wirtschaftlichen Aktivitäten. Noch heute werden in Deutschland die meisten Arbeitsplätze durch den von Familien geprägten Mittelstand geschaffen. Und der weltweite Erfolg des deutschen Mittelstands gründet vor allem auf dem Engagement und Unternehmertum von Gründern und Familien.

Erfolgsmodell Fresenius und Henkel

Manche Familien wagen keinen Börsengang, um weiterhin sämtliche Geschicke ihres Unternehmens selbst bestimmen zu können. Doch eröffnet der Kapitalmarkt für Familien durchaus die Möglichkeit, das langfristige Wachstum ihres Unternehmens zu finanzieren und zugleich maßgeblichen Einfluss auf ihre Firma zu wahren. So bietet sich die KGaA (nebst Unterformen) als geeignete Form für Familien an, die den unternehmerischen Einfluss behalten wollen, aber nicht die Kapitalstärke haben. Die Beispiele Fresenius und Henkel zeigen, dass solche Rechtsformen auch für Investoren sehr interessant sein können, die eine langfristige Ausrichtung des Managements schätzen.

Börsennotierte Familienunternehmen gibt es in vielen Varianten. Neben der Gesellschaftsform KGaA ist bei herkömmlichen AGs die Gründerfamilie häufig sowohl Mehrheitsaktionär als auch als Vorstand im operativen Management tätig. Daneben finden sich auch zahlreiche Gesellschaften, bei denen die Familie Mehrheitsaktionär ist, das Management aber von Vorständen außerhalb der Familie besetzt ist und die Familie ihren Einfluss über den Aufsichtsrat ausübt. Wie die Beispiele SAP oder BMW zeigen, genügt auch eine Minderheitsposition, wenn diese signifikant ist (Sperrminorität), um maßgeblichen Einfluss durch die Familie auszuüben.

Langfristiges Engagement

Ein Kennzeichen von Familienunternehmen ist, dass sie langfristig investieren. Aus Investorensicht stellen sie in der Regel Value Investments dar. Familienunternehmen zeichnen sich also meist durch gute, dauerhafte Dividendenzahlungen nebst konservativer Cashflow-Planung aus. Hinzu kommt ein Stakeholder-Ansatz: Familienunternehmen geht es nicht nur um Shareholder Value und schon gar nicht um kurzfristigen. Vielmehr spielen auch die Sicherung eines qualifizierten Personals sowie die Arbeitnehmerzufriedenheit und das Verhältnis zu den Hausbanken eine wichtige Rolle. Typisch ist auch die Ausrichtung der Unternehmensstrategie auf Nachhaltigkeit und Value Protection, also den Erhalt der erreichten Werte.

Durch den Großaktionär ergibt sich meist auch eine höhere Finanzierungssicherheit. Übernahmephantasie kommt bei Familienunternehmen allerdings in der Regel erst dann auf, wenn die Gründer oder die Familienmitglieder nicht mehr vollständig hinter ihrem Unternehmen stehen.

Ein anschauliches Beispiel für den positiven Einfluss durch einen starken Familienaktionär stellt die Entwicklung bei BMW im Vergleich zu Daimler in den vergangenen beiden Jahrzehnten dar. Bei BMW hat die Familienstruktur zu einem fokussierten Aufbau der Marke geführt. Fehler, wie zum Beispiel die kostspielige Übernahme von Rover, wurden zeitnah abgestellt. Konsequent wurde eine auf Technik basierende Image-Strategie verfolgt und mit dem MINI die eigene Marke so ergänzt, dass neue Kundengruppen für BMW erschlossen werden konnten. Die Umsatzrendite von BMW ist entsprechend im Autosektor Spitze und nachhaltig.

Bei der Daimler AG, die nicht über einen starken Familienaktionär verfügt, wurde zunächst mit der Übernahme von AEG und Airbus ein globaler Mischkonzern aufgebaut. Dieser wurde nach einem Strategiewechsel dann wieder zerschlagen, um mit Chrysler einen globalen Autokonzern zu schaffen. Auch dieser konnte die Erwartungen nicht erfüllen, und es folgte der nächste Strategiewechsel, der zu einer Trennung von Chrysler führte. Das Ergebnis der unterschiedlichen Ausrichtungen und Unternehmensstrategien waren volatile Renditen. Während die Performance der Daimler-Aktie in den vergangenen 20 Jahren deutlich hinter dem DAX zurückblieb, gelang es der BMW-Aktie, diesen deutlich zu schlagen.

 

Überzeugende Performance

Ein guter Maßstab für die Performance von Familienunternehmen stellt der DAXplus Family 30 Index (Total Return) dar, der die Entwicklung der 30 größten Unternehmen aus dem Prime Standard abbildet, bei denen die Gründerfamilie mindestens einen Stimmrechtsanteil von 25% hat oder in Vorstand und Aufsichtsrat sitzt und mindestens einen Stimmrechtsanteil von 5% hält. In den vergangenen zehn Jahren erzielte der DAXplus Family 30 einen stattlichen Wertzuwachs von 261,99% und übertraf damit den Leitindex DAX 30, der ein Plus von 132,51% aufweist, um rund 130 Prozentpunkte. Hinzu kommt eine niedrige Volatilität des Family 30.

Auch der marktbreite DAXplus Family Index überzeugt über zehn Jahre mit einem Plus von 262,01% und einer niedrigen Volatilität. Dabei fällt auf, dass Familienunternehmen in Abschwungphasen an der Börse im Vergleich zum Gesamtmarkt geringere Kursrückgänge aufweisen. Insofern eignen sie sich gut für langfristig orientierte, risikoaverse Investoren.

Fazit

Alles in allem erweist sich die Familie bei zahlreichen börsennotierten Unternehmen als Erfolgsfaktor. Insbesondere auch unter Risikogesichtspunkten lohnt es sich für Investoren, Gelder in Familienunternehmen anzulegen.

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