Vorzugsaktien ohne Nachzahlungspflicht
Gemäß § 139 AktG a.F. war die Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht nur zulässig, wenn die Aktien mit einem nachzuzahlenden Vorzug ausgegeben wurden. Nunmehr steht es Aktiengesellschaften frei, Vorzugsaktien auch ohne Nachzahlungspflicht auszugeben. Ferner stellt die Neuregelung klar, dass ein Vorzug nicht ausschließlich durch eine Vorabdividende, sondern auch durch andere Gestaltungen, bspw. einen erhöhten Gewinnanteil gewährt werden kann.

Das Aufleben des Stimmrechts bei Vorzugsaktien mit Nachzahlungspflicht entspricht der bisherigen Rechtslage. Im Fall von Vorzugsaktien ohne Nachzahlungspflicht lebt das Stimmrecht früher auf, und zwar bereits dann, wenn der Vorzug in einem Jahr nicht vollständig gezahlt wird. Das Stimmrecht erlischt, sobald der Vorzug in einem Jahr vollständig gezahlt ist.

Praxistipp: Sollten Vorzüge auf Vorzugsaktien nicht gezahlt werden, ist im Rahmen der Vorbereitung von Hauptversammlungen genau zu prüfen, ob und ab welchem Zeitpunkt Vorzugsaktionären Stimmrechte zustehen.

Normierung „umgekehrter“ Wandelanleihen
Bis Ende 2015 sah das AktG für Wandelanleihen lediglich ein Umtauschrecht des Gläubigers vor. Die sogenannte „umgekehrte“ Wandelanleihe, bei der das Umtauschrecht der Gesellschaft zusteht, wurde nun ausdrücklich geregelt. Dies wird in der Praxis bereits gelebt, bspw. durch sog. Pflichtwandelanleihen[5]. Umstritten war bisher jedoch, ob zu deren Bedienung auch bedingtes Kapital ausgenutzt werden kann.[6] Auch dies wurde nun ausdrücklich klargestellt. Ferner wurde die Wandelanleihe als wirkungsvolles Mittel zur Sanierung ausgestaltet, indem die Höchstgrenze von 50% des Nennbetrages des Grundkapitals für die Schaffung bedingten Kapitals nicht gilt, wenn dadurch ein Umtausch ermöglicht wird, zu dem die Gesellschaft für den Fall drohender Zahlungsunfähigkeit oder zum Zweck der Abwendung einer Überschuldung berechtigt ist. Für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute ist eine weitere spezielle Ausnahme vorgesehen.

Flexibilisierung der Größe von Aufsichtsräten
Durch die Änderungen von § 95 S. 3 AktG wurde das für alle Aufsichtsräte geltende Dreiteilbarkeitsgebot für die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder eingeschränkt, sodass dieses nur noch gilt, wenn das Drittelbeteiligungsgesetz auf die Gesellschaft Anwendung findet. Aufgrund eines Redaktionsversehens wurde die Parallelregelung zur SE nicht entsprechend angepasst. Dies soll durch das AReG[7] korrigiert werden. Bereits jetzt dürfte § 17 Abs. 1 SEAG teleologisch zu reduzieren sein, sodass das Dreiteilbarkeitsgebot nur gilt, wenn dies zur Umsetzung der Mitbestimmung erforderlich ist.[8]

Praxistipp: Diese längst überfällige Deregulierung eröffnet wertvolle Gestaltungsspielräume. So kann bspw. durch die Aufstockung des Aufsichtsrates auf vier Mitglieder das Problem vermieden werden, dass der Aufsichtsrat beschlussunfähig ist, sobald ein Aufsichtsratsmitglied nicht verfügbar ist.

Die Autorin Dr. Christina Cannistra ist Rechtsanwältin und Salary Partner bei Orth Kluth, Düsseldorf. Sie ist im Bereich Gesellschaftsrecht/M&A tätig.

[1] BGBl 2015 Teil I Nr. 55, S. 2565.

[2] Auf Änderungen mit Bezug zu Hauptversammlungen wird hier nicht eingegangen.

[3] BR-Drs. 22/15, S. 34 f.

[4] Vgl. Schmidt/Lutter/Ziemons, AktG, § 10 Rn. 50 f.; Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 7; teilw. a.A. Paschos/Goslar, NJW 2016, 359.

[5] S. MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl. 2016, § 221 Rn. 52.

[6] MüKoAktG/Habersack, § 221 Rn. 24.

[7] Entwurf abrufbar unter www.bmjv.de.

[8] Vgl. Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 12.

Der Artikel erschien zuerst in der Specialausgabe Kapitalmarktrecht 2016.

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