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Wer ökologisch nachhaltig wirtschaftet, ist automatisch auch erfindungsreicher. Das ist kein Wunschdenken – der Zusammenhang lässt sich belegen anhand eines Vergleichs der ARIAD-Patentanalyse mit den ESG-Ratings von Unternehmen.
Inflation, höhere Zinsen und Energieknappheit haben viele grüne Anlagethemen in den vergangenen Monaten zu Blindgängern verwandelt. Zudem ist die in den vergangenen Jahren rasant steigende Nachfrage nach ESG-Profilfonds (und auch die massenhafte Umwandlung bestehender Fonds in ESG-Fonds) in letzter Zeit durch eine Kombination aus Sorge über Greenwashing-Risiken (da die Regulierungsbehörden das Berichtsnetz straffen) und möglicherweise falschen Anlageentscheidungen zum Stillstand gekommen.
Status quo: ESG-Bedarf vs. Greenwashing-Risiken
Dabei steht die gesamte Wertschöpfungskette der ESG-Investitionen unter zunehmendem Druck, mehr zu leisten. Im vorliegenden Beitrag wird ein selten untersuchter Aspekt echter Bemühungen um die Umweltfreundlichkeit von Unternehmen vorgestellt: grüne Patente. Darunter versteht man Innovationen, die nebst den Ertragszielen des jeweiligen Unternehmens auch auf die Förderung von klima- und umweltbezogener Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Dieser Ansatz wird von der ARIAD Asset Management GmbH, einem Baader Bank-Kooperationspartner mit Expertise in der Big-Patent-Datenanalyse für das Assetmanagement, systematisch über alle Emittenten hinweg umgesetzt. Es lässt sich daher mit dem systematischen ESG-Research von Baader Europe über die komplette Coverage von Baader Helvea kombinieren.
Analyse: Verlässliche ESG-Ratings wichtiger denn je
Mit dem ESG-Research von Baader Europe und der kompletten Coverage von Baader Helvea bietet die Baader Bank für rund 600 Aktientitel entsprechende Aktien- und ESG-Ratings an. Hierbei war bislang eine gewisse Schwäche der Umweltdaten zu berücksichtigen, da die Daten von den Unternehmen zur Verfügung gestellt und häufig nicht durch Audits Dritter verifiziert werden. Entsprechend ergibt sich durchaus auch eine Übergewichtung von nicht überprüfbaren Daten (z.B. im Bereich Governance). Da ARIAD jedoch jüngst ein sogenanntes Green-Technology-Exposure-(GTE-)Rating entwickelt hat, das ausschließlich auf objektiven Patentdaten basiert, kann anhand dessen beobachtet werden, wie gut die Dynamik der grünen Patente innovativer Unternehmen ist. Somit kann teilweise nachgeprüft werden, ob die nachhaltigen Strategien auch tatsächlich funktionieren.
Für das GTE-Rating werden die IPC-Green-Technologies- und Green-Patent-Publikationen mittels Big-Data-Analyse gescreent und ausgewertet. Durch die Anwendung des GTE wird die absolute Zahl der grünen Patente sowie der Anteil der grünen Patente und die Verschiebung der Dynamik der grünen Patentveröffentlichungen über viele Jahre untersucht.
Bei dem Vergleich zwischen den Umweltratings von Baader Europe (basierend auf Unternehmensdaten) und dem GTE-Rating von ARIAD haben sich mehrere interessante Ergebnisse herauskristallisiert:
1. Sehr hohe Korrelation zwischen hohen Umweltbewertungen von Baader Europe und einem hohen GTE-Rating von ARIAD: Unserer Ansicht nach bestätigt dies, dass die Unternehmen mit einer hohen Umweltbewertung auch versuchen, in Innovationen zu investieren, die ihre Umweltstandards aufrechterhalten oder sogar verbessern sollen. Unseres Erachtens unterstreicht dies auch die Qualität der Baader Europe ESG-Scores.
2. Starke Überschneidung der bestplatzierten Umweltunternehmen: Bei beiden Bewertungssystemen überschneiden sich die am besten bewerteten Unternehmen zu einem Drittel. Folgende Unternehmen haben in beiden Bewertungssystemen am besten abgeschnitten: ABB, Alstom, Atlas, BMW, Clariant, Centrica, Johnson Matthey, Mercedes-Benz, Norsk Hydro, Ørsted, Schneider Electric, Siemens, Siemens Gamesa und Vestas.
3. Begrenzte Korrelation zwischen Unternehmen mit schlechtem Umweltrating von Baader Europe und niedrigem GTE-Score von ARIAD: Unternehmen mit einer schlechten Umweltbewertung investieren tendenziell auch weniger in grüne Innovationen (oder verringern ihre Investitionen). Diese Korrelation ist jedoch nicht ausgeprägt. Dies hat auch damit zu tun, dass Unternehmen, die keine Umwelt-/ESG-Daten zur Verfügung stellen, schlechte Bewertungen erhalten – selbst wenn sie ein (unbekanntes) gutes Umweltprofil haben.
Welche Folgen ergeben sich aus dieser Erkenntnis für Emittenten? Allgemein lässt sich feststellen, dass ESG-Reportings und -Ratings für Emittenten zunehmend wichtiger werden, da hierdurch die Refinanzierungsmöglichkeiten sowohl auf der Fremd- als auch auf der Eigenkapitalseite verbessert werden. Der Umkehrschluss gilt genauso: Ohne ESG-Reporting und -Rating stehen viele Refinanzierungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung. Dabei sollten Emittenten auf gängige ESG-Standards zurückgreifen, aber auch zusätzliche Transparenz schaffen. Das gilt insbesondere für kleinere Unternehmen, die oft nicht auf dem Radarschirm von Investoren auftauchen und mit einem guten ESG-Rating sichtbarer für den Markt werden. Bei dem Environmental-Aspekt des ESG-Ratings helfen zum einen unabhängige Audits, um das Vertrauen am Markt zu erhöhen, als auch innovative Big-Data-Technologien (im Zusammenhang mit ESG-Ratings), welche die Daten verifizieren können und das Momentum der Bemühungen zeigen. Darüber hinaus schaffen sie eine Vergleichbarkeit der Daten innerhalb der Peergruppe.
Autor/Autorin
Markus Mayer
Markus Mayer leitet das Research bei der Baader Bank. Er studierte Chemie, bevor er zu Ökonomie und Wirtschaftssoziologie wechselte. Neben seiner Funktion als Head of Research verantwortet er das Chemieresearch bei der Baader Bank. Bevor er vor acht Jahren zur Baader Bank wechselte, arbeitete er bei Kepler Cheuvreux, UniCredit und Allianz und wurde mehrfach von Thomson Reuters EXTEL und Institutional Investors als führender Analyst ausgezeichnet.