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Kupfer als Antwort auf offene Fragen in der Radiotheranostik? Das Schweizer Unternehmen Nuclidium sorgt mit ersten klinischen Daten und frischem Kapital für Aufsehen. Von Urs Moesenfechtel
Kupfer im Fokus – ein neues Kapitel in der Radiopharmazie?
Während viele Radiopharmazeutika-Unternehmen auf etablierte Nuklide wie Lutetium oder Actinium setzen, verfolgt die Nuclidium AG mit Kupfer einen alternativen Ansatz – und hat damit ein beachtliches Investoreninteresse geweckt: In einer Serie-B-Finanzierungsrunde sammelte das Unternehmen 84 Millionen Euro ein. Die Mittel fließen vor allem in die klinische Weiterentwicklung sowie in den Aufbau einer internationalen Produktionsinfrastruktur. Dass ein vergleichsweise junges Unternehmen wie Nuclidium ein so breites und hochkarätiges Konsortium überzeugen konnte, darf als deutliches Signal des Vertrauens in Technologie und Team verstanden werden. Angeführt wurde die Runde von Kurma Growth Opportunities Fund, Angelini Ventures, Wellington Partners und Neva SGR – ergänzt von DeepTech & Climate Fonds (DTCF), Bayern Kapital, Vives Partners, Eurazeo, NRW.BANK und HighLight Capital sowie bestehenden Investoren.
Vom Gründungslabor zur klinischen Plattform
Das in Basel gegründete Unternehmen entwickelt eine Plattform auf Kupferbasis, die diagnostische und therapeutische Radiopharmazeutika vereint – unter Verwendung der Isotope Kupfer-61 und Kupfer-67. Ziel ist es, neue Impulse in einem Bereich zu setzen, der stark von anderen Radionukliden wie Lutetium-177 oder Actinium-225 geprägt ist. Im Fokus stehen eine hohe klinische Leistungsfähigkeit, eine vereinfachte Herstellung und eine nahtlose Integration in den Klinikalltag. „Unsere kupferbasierten Radiotheranostika sind für die nahtlose Integration in Krankenhausabläufe, Versorgung und Abfallmanagement entwickelt worden. Das macht diese Therapien weltweit zugänglicher“, so Leila Jaafar, PhD, CEO und Mitgründerin von Nuclidium. Besonders betont sie die Fähigkeit der Plattform, neue Targets rasch zu entwickeln – auch für Krebsarten, die insbesondere Frauen betreffen.
Das Unternehmen operiert heute aus der Schweiz und Deutschland heraus – mit wachsender internationaler Präsenz und einem Netzwerk von Klinik- und Forschungspartnern, das sich über Europa und Nordamerika erstreckt.
Erster klinischer Beweis: Kupfer schlägt etablierte Verfahren
Einen ersten klinischen „Proof of Concept“ liefert Nuclidium mit der Substanz 61Cu-NuriPro, die zur Bildgebung bei metastasiertem Prostatakrebs eingesetzt wird. Die Daten, präsentiert auf dem SNMMI-Kongress 2025, zeigen laut Dr. Gary Ulaner, MD, PhD, eine „gute Sicherheit und potenziell verbesserte Bildqualität im Vergleich zu bestehenden PET-Tracern“. Dr. Ulaner ist Director of Molecular Imaging and Therapy am HOAG Family Cancer Institute und Scientific Advisor von Nuclidium. Auch die therapeutischen Kandidaten – NuriPro und TraceNET – zeigen laut Unternehmen starke Tumor-zu-Hintergrund-Ratios bei verschiedenen Tumorarten, darunter neuroendokrine Tumoren und Brustkrebs. Im Vergleich zu anderen Plattformen positioniert sich Nuclidium damit nicht nur technologisch anders – sondern auch logistisch: Kupfer-Isotope haben kürzere Halbwertszeiten, können schneller produziert und im Klinikalltag flexibler eingesetzt werden. Mit dem frischen Kapital soll nun das globale Produktionsnetz ausgebaut, die klinische Pipeline vorangetrieben und das internationale Team gestärkt werden.
Investorenglauben als Vertrauenssiegel
„Diese bedeutende Serie-B-Finanzierung spiegelt das Vertrauen der Investoren in unsere Vision und das transformative Potenzial von Kupfer-basierten Radiopharmazeutika wider“, so Tony Rosenberg, der erst kürzlich den Vorsitz des Verwaltungsrats übernommen hatte. Ergänzt wird das Gremium durch David Meek, der als unabhängiges Mitglied in den Verwaltungsrat einzieht. Auch auf wissenschaftlicher Seite wird das Team weiter gestärkt: Oliver Sartor, MD, und Bela Denes, MD, unterstützen Nuclidium künftig als wissenschaftliche Berater.
Ähnlich äußern sich auch die Investorenvertreter: „Nuclidiums Plattform hebt sich in einem sich schnell entwickelnden Feld klar ab. Diese Investition ist Ausdruck unseres Glaubens an die Zukunft der Präzisionsmedizin und an Nuclidiums Skalierungspotenzial als Next-Gen-Unternehmen“, betonen Daniel Parera (Kurma Partners), Regina Hodits (Angelini Ventures) und Liliana Nordbakk (Neva SGR) unisono. Im Zusammenhang mit der Finanzierungsrunde treten sie nun auch dem Verwaltungsrat bei.
Impuls für den Markt
Diese Finanzierungsrunde macht deutlich: Radiotheranostik entwickelt sich vom Nischenfeld zu einem festen Bestandteil der Onkologie – und Nuclidium bringt dafür einen neuen, originellen Ansatz ins Spiel. Sie markiert nicht nur einen Meilenstein für das Unternehmen selbst, sondern steht auch exemplarisch für die zunehmende Vielfalt und Dynamik in der Radiopharmazie. Während sich viele Plattformen erfolgreich auf Lutetium- oder Actinium-basierte Konzepte konzentrieren, eröffnet Kupfer eine vielversprechende Alternative – insbesondere aufgrund logistischer Vorteile und erster klinischer Hinweise auf eine hohe Bildqualität. Sollte sich dieser Vorsprung in weiteren Studien bestätigen, könnte Kupfer künftig eine komplementäre Rolle im Spektrum der radiopharmazeutischen Optionen spielen.
Autor/Autorin
Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.