Bildnachweis: Bayern Kapital.
Bayern Kapital ist einer der führenden VC-Investoren im DACH-Raum mit Fokus auf technologieorientierte Start-ups in Bayern.
Plattform Life Sciences: Bayern Kapital ist ein fester Bestandteil der deutschen Venture-Capital-Landschaft – wie würden Sie Ihre Rolle im stark gewachsenen VC-Ökosystem beschreiben?
Mrachacz: Bayern Kapital ist als einer der aktivsten VC-Investoren in DACH strategischer Partner für technologieorientierte Start-ups und Scale-ups in Bayern sowie für private Investoren. Mit Tickets von 250.000 bis 25 Mio., bald bis 50 Mio. EUR bieten wir durchgängige Finanzierungen von der Früh- bis in die Wachstumsphase. Als erfahrener Life-Sciences-Investor begleiten wir Unternehmen über viele Runden – ein Vorteil in Industrien mit langen Forschungs- und Entwicklungszeiten wie Biotech oder Medtech. Zudem mobilisieren wir privates Kapital, da die heimischen Kapitalmärkte im Hochrisiko- und Wachstumssegment oft nicht leistungsfähig genug sind. Unsere Portfoliounternehmen profitieren auch von unserem Netzwerk aus VC-Gesellschaften, Corporates und öffentlichen Partnern.
Das wirtschaftliche Umfeld ist durchwachsen. Bieten risikoreiche Branchen wie Life Sciences in einer solchen Phase für Investoren attraktive Chancen?
Life-Sciences-Investments bleiben auch in einem volatilen Umfeld attraktiv, gerade weil sie anderen Zyklen folgen. Die Risiken in diesem Segment sind aber hoch: lange Entwicklungszeiträume, hohe Kapitalbindung, regulatorische Hürden und technologische Unsicherheiten. Gleichzeitig steigt die weltweite Nachfrage nach innovativen Therapien – durch demografische Trends, chronische Erkrankungen und technologische Fortschritte. Im Erfolgsfall entstehen skalierbare Geschäftsmodelle mit hoher Marge und globaler Relevanz. Etablierte Pharma- und Medtechkonzerne mit stabilen Cashflows setzen zunehmend auf externe Innovation und suchen nach skalierbaren Übernahmezielen. Life Sciences erfordern erhöhte Risikobereitschaft und Geduld – bieten aber in einem selektiven, kompetenten Investitionsansatz weiterhin überdurchschnittliche Renditechancen.
Durch Ihre Beteiligung an der Vantis GmbH zeigen Sie ein wachsendes Interesse an digitalen Versorgungslösungen im Gesundheitswesen. Welche Rolle spielen softwarebasierte Therapieansätze in Ihrer strategischen Pipeline?
Der demografische Wandel treibt den globalen Gesundheitsmarkt, weshalb digitale Versorgungslösungen für uns ein strategisches Investmentfeld sind. Wir sehen Potenzial in patientenzentrierter Software, die Versorgungsprozesse effizienter und personalisierter gestaltet, vor allem bei chronischen Erkrankungen und in der Prävention. Anwendungen wie die von Vantis verbessern nicht nur die Effizienz, sondern auch Therapieergebnisse. Auch unsere Beteiligungen an deepeye und Care.AI unterstreichen diese Ausrichtung.
Mit dem Innovationsfonds EFRE II sprechen Sie Start-ups außerhalb der Ballungsräume an. Welche Kriterien definieren finanzierungsfähige Life-Sciences-Vorhaben im ländlichen Raum, wie unterscheiden sie sich?
Entscheidend sind technologische Substanz, Skalierbarkeit und Teamqualität – unabhängig vom Standort. Gerade in Biotech, Diagnostik und Medtech entstehen an spezialisierten ländlichen Standorten oft exzellente Technologien, teils mit stärkerer Umsetzungspraxis als in Metropolen. Standortbedingten Herausforderungen wie Fachkräfteengpässen, geringerer Netzwerkdichte und eingeschränktem Zugang zu spezialisierten Dienstleistern stehen Vorteile wie geringere Lebenshaltungskosten, bessere Mitarbeiterbindung und Nähe zu angewandter Forschung gegenüber. Vielversprechende Projekte kooperieren früh mit lokalen Mittelständlern in der Medizintechnikfertigung oder Fachhochschulen. Erfolgreiche Teams denken früh an Skalierung, Regulatorik und Produktion, und ländliche Regionen bieten hier ggf. echte Chancen für wettbewerbsfähige Life-Sciences-Gründungen.
Der neue große Fonds mit 500 Mio. EUR erlaubt Beteiligungen bis zu 50 Mio. EUR – was bedeutet das für die internationale Anschlussfähigkeit deutscher Scale-ups in Biotech und Medtech, gerade im Verhältnis zu angelsächsischen Kapitalgebern?
Investments in dieser Größenordnung sind ein starkes Signal für das deutsche Ökosystem. Gerade Biotechs und Medtechs erreichen nach ersten klinischen Erfolgen eine kritische Phase, etwa bei Phase-III-Studien oder dem Aufbau einer eigenen Produktion. Dafür sind große Finanzierungsrunden notwendig, die oft nur mit ausländischem Kapital möglich waren. Mit dem neuen Fonds können wir künftig in Bayern noch mehr Scale-up-Runden ermöglichen, die international konkurrenzfähig sind.
Herr Mrachacz, herzlichen Dank für das interessante Gespräch!
Das Interview führte Urs Moesenfechtel.
Autor/Autorin
Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.