Bildnachweis: eddows – stock.adobe.com, asha Vector – stock.adobe.com.

Neue Wirkstoffe für Medikamente zu entwickeln ist extrem aufwendig. Die vielen präklinischen und klinischen Tests lassen sich nur mit hohen finanziellen Investitionen durchführen. Das Düsseldorfer Biotech-Start-up CureDiab nimmt die Herausforderung an und forscht mit Unterstützung der NRW.BANK an einem neuen Wirkstoff gegen Fettleber. Von Prof. Dr. Jürgen Eckel

Fettleibigkeit und ihre Folgen sind eine enorme gesellschaftliche Herausforderung – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. CureDiab, ein Spin-off des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) in Düsseldorf, sagt dem speziellen Krankheitsbild Fettleber den Kampf an. Seit dessen Gründung im Jahr 1964 widmet sich das DDZ der Erforschung der Zuckerkrankheit. Als Professor für Klinische Biochemie war war ich dort in den unterschiedlichsten Funktionen und Projekten aktiv und leitete bis 2022 das Kompetenzzentrum für Innovative Diabetes Therapie (KomIT). 2019 finanzierte das Programm EFRE.NRW – Investitionen in Wachstum und Beschäftigung in Nordrhein-Westfalen, kofinanziert durch das Land Nordrhein-Westfalen und die Europäische Union – das KomIT in Höhe von rund 3,5 Millionen EUR.

Werbung

Drei Jahre lang koordinierte KomIT acht Partner aus Industrie und universitärer Forschung und bündelte Expertisen aus Management, Entwicklung und Medizinalchemie, Präklinik, Analytik, Toxikologie und Physiologie bis hin zur klinischen Prüfung. Gemeinsam bauten wir ein exzellent ausgestattetes State-of-the-Art-Zentrallabor für zell- und molekularbiologische Studien auf. KomIT ging es darum, Forschung in Nordrhein-Westfalen zu halten und auszubauen. Die modernste Forschungsinfrastruktur stärkt die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Pharma- und Biotech-Sektors nachhaltig. Im Laufe des Projekts wurden zudem zahlreiche Forschungsergebnisse veröffentlicht und mehrere Patente angemeldet.

Von Forschungsergebnissen zum Start-up

Um diese Forschungsergebnisse zu nutzen und weiterzuentwickeln, wurde CureDiab gegründet. Das Biotech-Start-up entwickelt neuartige Wirkstoffe zur Behandlung von metabolisch bedingter Fettleber (MASLD), bei der sich durch Stoffwechselstörungen wie Diabetes oder Übergewicht Fett in der Leber ansammelt, was unbehandelt zu schweren Leberschäden führen kann. Weltweit leidet laut diversen Metastudien fast jeder dritte Erwachsene daran, also rund 1,7 Mrd. Menschen. Die fortgeschrittene Form MASH, die mit Entzündung und Zellschäden einhergeht, trifft etwa jeden Vierten, und rund 400.000 Menschen entwickeln eine Leberzirrhose. Für ein Medikament besteht nach Berechnungen der Catalyze Consulting Group ein Marktpotenzial von mehr als 700 Mrd. EUR.

GABA receptor. GABAa receptors respond to the neurotransmitter gamma-aminobutyric acid. GABA is known for controlling anxiety, stress and fear. Receptor structure in cell membrane. Vector illustration. Copyright: Tasha Vector - stock.adobe.com
GABA receptor. GABAa receptors respond to the neurotransmitter gamma-aminobutyric acid. GABA is known for controlling anxiety, stress and fear. Receptor structure in cell membrane. Vector illustration. Copyright: Tasha Vector – stock.adobe.com

Neuer Therapieansatz über GABA-A-Rezeptor

CureDiabs Therapieansatz basiert auf der Aktivierung des GABA-A-Rezeptors, eines Ionenkanals, der normalerweise im zentralen Nervensystem hemmend wirkt. Dieser Rezeptor ist auch in nicht-neuronalen Geweben wie der Leber aktiv, was bisher kaum therapeutisch genutzt wurde. Seine Aktivierung löst komplexe Signale aus, die letztlich auf der Ebene der Genexpression Entzündung und andere mit MASH assoziierte Prozesse hemmen. So adressiert der von CureDiab entwickelte Wirkstoff mehrere Krankheitsmechanismen gleichzeitig: Fettstoffwechsel, Entzündung und Zellstress. Das ist besonders wichtig, da MASH eine komplexe Erkrankung ist, die durch metabolische Dysfunktion, Insulinresistenz und Immunreaktionen entsteht. CureDiabs Lead-Moleküle besitzen einen dual wirkenden Mechanismus, denn sie sind gleichzeitig entzündungshemmend und hepatoprotektiv, und sie haben eine direkte anti-fibrotische Aktivität. Einer der Kandidaten verursacht zudem keinen Abbau von Muskelmasse bei Gewichtsreduktion in in vivo-Studien – ein entscheidender Vorteil mit Blick auf die langfristige Therapiesicherheit und Lebensqualität von Patienten. CureDiab betreibt die präklinische Forschung mit dem Ziel, Medikamente in die klinische Entwicklung zu bringen.

Kapital entscheidet über Tempo und Erfolg

Als CureDiab im Herbst 2021 gegründet wurde, bremste die Corona-Pandemie uns mit ihren Lockdowns kräftig aus. Unser kleines Viererteam startete mit einer Anschubfinanzierung von 400.000 EUR – je zur Hälfte ein Gesellschafterdarlehen und ein Wandeldarlehen der NRW.BANK. Mit diesen Mitteln konnten zentrale Forschungsarbeiten des KomIT fortgeführt werden. Nach der Finanzierung ist aber vor der Finanzierung. Deshalb nahmen wir 2023 zum Beispiel am Business Angels-Marktplatz der NRW.BANK teil. Tatsächlich gelang uns Anfang 2023 die erste klassische Finanzierungsrunde. Aus meinem in mehr als 40 Jahren Forschungstätigkeit aufgebauten Netzwerk konnte ich drei Business Angels von unserem Vorhaben überzeugen. Die NRW.BANK stockte deren Finanzierung mit einer offenen Beteiligung in Höhe von 300.000 EUR im Programm NRW.SeedCap auf. In diesem Rahmen wandelte sie auch das zuvor gewährte Darlehen in eine offene Beteiligung um und die NRW.BANK ist seither ein wichtiger Gesellschafter. Das zeigt, wie überzeugt die nordrhein-westfälische Förderbank vom CureDiab-Team und den bisherigen Forschungen ist.

Das erklärte Geschäftsziel von CureDiab ist deshalb ein Exit.

Diese Seed-Finanzierung erlaubt es CureDiab, weiterzuforschen, beispielsweise an Zellkulturen, und auch, um die nötigen Tierstudien durchzuführen. All das ist Pflicht, um die Wirksamkeit und Mechanismen neuer Wirkstoffe aufzuzeigen. Es konnten aber auch spezialisierte Anbieter mit Auftragsforschung eingebunden werden. Solche Contract Research Organizations führen beispielsweise Toxikologie-Studien durch, bei denen es um Verträglichkeit und Nebenwirkungen des Wirkstoffs geht. Die Erlaubnis, den neuen Wirkstoff am Menschen zu testen, setzt umfangreiche Studien und eine detaillierte Dokumentation der Ergebnisse voraus.

Um die Zeit bis zur nächsten Finanzierungsrunde zu überbrücken, unterstützte die NRW.BANK zwischenzeitlich erneut mit einem Wandeldarlehen – diesmal aus dem Programm NRW.SeedBridge. Anfang kommenden Jahres steht dann der nächste große Schritt an: eine Finanzierungsrunde, in der wir bis zu fünf Millionen Euro einsammeln wollen.

Vom Wirkstoff zum Blockbuster

Biotech- und Pharma-Start-ups wie CureDiab können nur mit einer Mischfinanzierung existieren: Öffentliche Gelder ermöglichen die wissenschaftliche Basisforschung an den Wirkstoffen. Deren Überleitung in Medikamente übernimmt privates Kapital. Das erklärte Geschäftsziel von CureDiab ist deshalb ein Exit, mit dem der neue Wirkstoff an einen der großen Pharmakonzerne verkauft wird. Denn auch der Weg vom Wirkstoff zum Medikament ist weit und teuer und mit viel Hoffnung gepflastert. Letztlich bietet sich ein enormes Umsatzpotenzial, denn herauskommen könnte ein Blockbuster-Medikament gegen unter anderem durch Adipositas ausgelöste Krankheiten.

Deshalb kommen Einladungen wie die von Bio.NRW sehr gelegen. Das Netzwerk lud CureDiab ein, Anfang September mit einer Delegation nach Singapur und Malaysia zu fliegen und sich unter anderem auf der Investorenmesse Asia Bio zu präsentieren. Auf diese Weise lässt sich der Investorenmarkt sondieren. Denn: Ein Start-up kann nicht bekannt genug sein – Klappern gehört zum Handwerk.

Autor/Autorin

Prof. Dr. Jürgen Eckel, CEO CureDiab. Copyright: CureDiab
Prof. Dr. Jürgen Eckel
Geschäftsführender Gesellschafter at  | Website

Dr. Jürgen Eckel ist Professor für Klinische Biochemie am Deutschen Diabetes-Zentrum und verfügt über mehr als 40 Jahre Erfahrung in der Stoffwechselforschung. Unter anderem leitete er das Projekt KomIT. Er hält mehrere Patente und ist Autor von mehr als 300 wissenschaftlichen Publikationen. Bei CureDiab ist er geschäftsführender Gesellschafter.