Bildnachweis: InhalePlus, InhalPlus.
Millionen Babys kommen zu früh auf die Welt – mit zu schwachen Lungen. Herkömmliche Therapien bringen entweder zu wenig Wirkstoff in die Frühgeborenen-Lunge oder belasten den kleinen Körper zu sehr. InhalPlus entwickelt eine smarte Lösung, die hochkonzentriertes Aerosol direkt dahin bringt, wo es gebraucht wird – und das ohne Nebenwirkungen. Von Urs Moesenfechtel
Jedes Jahr werden weltweit rund 14,8 Millionen Kinder zu früh geboren. Besonders gefährdet sind extrem Frühgeborene vor der 28. Schwangerschaftswoche, bei denen die Sterblichkeitsrate bis zu 33 Prozent beträgt. Die größte Gefahr geht von ihren unreifen Lungen aus. Bisherige Therapien sind unzureichend. Entweder gelangt zu wenig Wirkstoff in die Lunge, oder es wird systemisch verabreicht und belastet den Körper stark. Inhalative Therapien scheitern oft an Verdünnungseffekten, während systemische Ansätze hohe Medikamentenspiegel erfordern – eine enorme Belastung für Frühgeborene. Es fehlt bislang eine Lösung, die eine wirksame Dosis gezielt in die Lunge bringt, ohne den Körper unnötig zu belasten. Genau diese Lücke schließt InhalPlus.
Innovation für Atemwegserkrankungen bei Frühgeborenen
InhalPlus bietet eine inhalationsbasierte Therapie, die das Verdünnungsproblem überwindet. Das System stellt ein hochkonzentriertes Aerosol für die Inhalation bereit und beseitigt Ineffizienzen bisheriger Methoden. Es integriert sich nahtlos in bestehende Krankenhausgeräte und ermöglicht eine gezielte Wirkstoffgabe direkt in die Lunge – ohne systemische Belastung. Kurz gesagt: InhalPlus macht inhalative Therapien dort wirksam, wo sie bisher versagt haben, und möchte invasive Verfahren ablösen. Ziel ist ein neuer Standard in der respiratorischen Versorgung.
„Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserer Technologie die Überlebenschancen und Lebensqualität von Frühgeborenen entscheidend verbessern können – und dass sie künftig auch Erwachsenen mit schweren Lungenerkrankungen neue Therapieoptionen eröffnen wird.“
Felix Wiegandt, Gründer und CEO, InhalPlus
Einzigartige Technologie: Hohe Wirkstoffdosis
Der wesentliche Vorteil der Technologie liegt in der Möglichkeit, eine hohe lokale Wirkstoffkonzentration in der Lunge zu erreichen, ohne den gesamten Körper zu belasten. InhalPlus möchte damit Kosten senken, Klinikaufenthalte verkürzen, Komplikationen vermeiden und die Sterblichkeitsrate bei Frühgeborenen reduzieren. Das System nutzt bestehende Geräte und Therapieschritte, wodurch eine schnelle und intuitive Anwendung möglich ist. Vier erteilte internationale Patente schützen die Technologie, zwei weitere Patente sind in Anmeldung.
Produktionsmengen und Innovationen
Aktuell wird der Prototyp für die Anwendung bei Frühgeborenen weiterentwickelt. Weitere Innovationen und die Erschließung neuer Indikationen und Patientengruppen sind geplant. Die Produktion soll flexibel an die Nachfrage angepasst und gemeinsam mit klinischen Partnern skaliert werden.
Marktpositionierung und Wettbewerbsumfeld
InhalPlus positioniert sich im Bereich Medizintechnik mit Fokus auf neonatale Inhalationstherapien. Der Markt für Geräte zur Behandlung von Atemwegserkrankungen bei Frühgeborenen ist von wenigen spezialisierten Anbietern geprägt. Dank der einzigartigen, patentierten Technologie und enger Zusammenarbeit mit führenden Forschungseinrichtungen hebt sich InhalPlus deutlich ab.
„Unsere Lösung beruht auf jahrzehntelanger Entwicklungsarbeit und hat jetzt eine Reife erlangt, die den Weg freimacht für die erfolgreiche, sanfte Therapie der Frühgeborenen.“
Gerhard Pohlmann, Gründer und CSO, InhalPlus
Von der Forschung in die Klinik
Die Idee zu InhalPlus entstand während der Promotion von Dr. Felix Carl Wiegandt. Hier zeigte sich ein größerer Bedarf an innovativen Lösungen für Frühgeborene als zunächst angenommen. Aus der Verbindung von Fachwissen in Aerosol- und Inhalationstechnologie sowie Erfahrungen aus der Neonatologie entstand der Wunsch, die Behandlung nachhaltig zu verbessern. Unter der Leitung von Dr. Wiegandt und Dr. Gerhard Pohlmann wurde die Technologie am Fraunhofer ITEM entwickelt und in mehreren wissenschaftlichen Arbeiten sowie Förderprojekten vorangetrieben. Mit der für 2026 geplanten Gründung der InhalPlus GmbH soll der Schritt in die klinische Praxis und den Markt erfolgen.
Zukünftige Entwicklungsziele und strategische Entscheidungen
Der erste Schritt ist die Markteinführung der nicht-invasiven Inhalationstechnologie für Frühgeborene in Deutschland und der Schweiz. Strategisch plant InhalPlus die Erweiterung des Portfolios, die internationale Expansion und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Technologie auf Basis klinischer Erkenntnisse. Langfristig ist auch der Einsatz bei Erkrankungen wie COPD bei Erwachsenen geplant.
Investitionen und Finanzierungsstruktur
Das InhalPlus-Team hat bereits Fördermittel (non-dilutive) von 2,8 Millionen Euro eingeworben. Davon stammen 1,5 Millionen Euro vom EXIST-Forschungstransfer für die Prototypen-Entwicklung. Weitere 1,3 Millionen Euro steuert das Institute for Biomedical Translation (IBT) Niedersachsen bei, um eine klinische Proof-of-Concept-Studie gemeinsam mit der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) zu finanzieren. Eine nächste Finanzierungsrunde wird vorbereitet, um Markteintritt und internationale Expansion abzusichern.
Kooperationspartner
InhalPlus arbeitet eng mit der MHH und dem UKSH zusammen. Diese Partnerschaften sind entscheidend für die klinische Validierung und Weiterentwicklung. Um die Anwendbarkeit in verschiedenen klinischen Kontexten weiter zu prüfen, sucht InhalPlus aktiv weitere Klinikpartner. Besonders Neonatologien sind eingeladen, sich an folgenden Usability-Tests und klinischen Studien zu beteiligen, um gemeinsam eine neue Generation nicht-invasiver Therapien für Frühgeborene zu gestalten.
Kurzprofil InhalePlus:
- Geplante Ausgründung: 2026
- Standort: Hannover, Deutschland
- Sektoren: Medizintechnik
- Rechtsform: siehe Ausgründung
- Anzahl der Teammitglieder: 5
- Webseite: https://www.inhalplus.com
Autor/Autorin
Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.