Positive Nachrichten aus der klinischen Pipeline und die Aussicht auf die mögliche Zulassung von Produkten treiben vor ­allem die Aktienkurse etlicher Schwergewichte. Rund die Hälfte aller im Basket enthaltenen Firmen erreichte im ­Berichtszeitraum eine positive Kursperformance.

Der im Mai 2022 aufgesetzte Biotech & Co. Basket der Plattform Life Sciences bildet alle börsen­notierten deutschen Biotechfirmen in ihrer Wertentwicklung im In- und Ausland ab. Darüber hinaus beinhaltet der Basket zwei Unternehmen, die nicht in Deutschland ihren Hauptsitz haben: Marinomed ist ein Biotechnologieunternehmen aus Österreich, dessen Aktie an deutschen Börsenplätzen gehandelt wird; das Gleiche gilt für die kanadische Biotechfirma ­Defence Therapeutics, die Impfstoffe zur Krebsbehandlung entwickelt.

Die wichtigsten Zahlen, Trends und Kurs­entwicklungen des Biotech & Co. Basket im Berichtszeitraum (16. Mai bis 31. August 2023):

  • Der Börsenwert belief sich zum Ende des Berichtszeitraums auf rund 47 Mrd. EUR. Davon entfielen knapp 58% auf die seit Ende 2019 an der Nasdaq notierende BioNTech AG und weitere 20,4% auf den im DAX gelisteten Diagnostikspezialisten QIAGEN.
  • Die Marktkapitalisierung aller im Basket enthaltenen Unternehmen stieg im ­Untersuchungszeitraum um 10,6%. Positiv wirkten sich die Kursgewinne von drei der fünf Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert aus: BioNTech (+16%), Evotec (+10%) und CureVac (+20%) lieferten eine sehr gute Performance.
  • Immatics (+24%) und MorphoSys (+24%) setzten den Aufwärtstrend vom Frühjahr fort und näherten sich beim Börsenwert der Milliardenmarke. Vier Unternehmen (BioNTech, QIAGEN, Evotec, CureVac) kommen auf eine Marktkapitalisierung von mehr als 1 Mrd. EUR. ­
  • Zwölf Unternehmen bringen es auf einen Börsenwert von mehr als 100 Mio. EUR. Weitere sieben Titel liegen bei ihrer Marktkapitalisierung zwischen 50 Mio. und 100 Mio. EUR.
  • 16 Unternehmen schafften im Berichtszeitraum eine positive Kursperformance.
NASDAQ Biotechnology Index. Quelle: stock3.com
NASDAQ Biotechnology Index. Quelle: stock3.com

Large- und Mid Caps führen die Kurserholung an

Die im Basket enthaltenen Biotechaktien ­haben in der Summe zwischen dem 15. Mai und dem 31. August beim Börsenwert um mehr als 10% zugelegt. Das ist insofern ­bemerkenswert, als der NASDAQ Biotechnology Index als global maßgeblicher Branchenindex in diesem Zeitraum einen Verlust von 3,4% verzeichnet hat. Der entscheidende Faktor waren die von positiven Nachrichten getriebenen Kursgewinne bei fünf der sieben Basket-Schwergewichte, die auf eine Marktkapitalisierung von fast oder deutlich über 1 Mrd. EUR kommen. Dieser Trend signalisiert, dass Investoren positive Nachrichten aus den Unternehmen honorieren und wieder zum Anlass nehmen, Positionen aufzubauen.

Schwierig bleibt die Situation bei den Small Caps, die für die Finanzierung ihrer Forschung und Entwicklung in den nächsten Quartalen auf frisches Fremdkapital angewiesen sind. Solange die Zinssätze auf dem anhaltend hohen Niveau verbleiben, werden Branchenanalysten die Bewertung dieser Firmen weiter nach unten diskontieren. Beispiele wie die Kursverdoppelung bei 4SC im Berichtszeitraum zeigen jedoch, dass auch Small- und Micro Caps ausgewählte Investoren anziehen, wenn positiver Newsflow die Hoffnung nährt, dass sich klinische Produkte kommerzialisieren lassen.

Biotech & Co Basket Mai bis August 2023

Mehr marktreife Produkte

Den größten Einfluss auf die positive Wertentwicklung des Biotech & Co. Basket hatte der Zuwachs von 3,7 Mio. EUR bei der Marktkapitalisierung von BioNTech. Wichtigster Kurstreiber war die Zulassung eines auf die Omikronvariante XBB.1.5 angepassten Corona­impfstoffs in Europa und in den USA. Hatten saisonale Effekte im ersten Halbjahr zu stark sinkenden Umsätzen geführt, rechnet BioNTech für aufgrund der sich im Herbst wieder häufenden COVID-19-Infektionen im Gesamtjahr mit Impfstoffumsätzen von 5 Mrd. EUR. Immer mehr Investoren sehen die Aktie nach den Kursrückgängen der letzten zwei Jahre wieder attraktiv bewertet und setzen auf den klinischen Durchbruch von BioNTech bei den individualisierten Krebstherapien auf Basis der mRNA-Technologie, die in der klinischen Entwicklungspipeline voranschreiten.

Den Aktienkurs von Immatics haben Fortschritte in der Kooperation mit Bristol Myers Squibb beflügelt. Nach der Lizenzzahlung für den ersten Produktkandidaten aus der laufenden Forschungsallianz im Mai ist der US-Pharmakonzern im Juli über eine Kapitalbeteiligung in Höhe von 35 Mio. USD Aktionär der an der Nasdaq gelisteten ­Firma. Darüber hinaus hat Immatics in der zweiten Septemberwoche eine Kooperation mit Moderna zur Entwicklung von Krebs­impfstoffen bekannt gegeben.

Bei MorphoSys setzen immer mehr ­Investoren darauf, dass die noch in diesem Jahr erwarteten Daten aus der zulassungsrelevanten klinischen Studie für das Krebsmedikament Pelabresib positiv ausfallen werden. Pelabresib wird entwickelt als ­Therapie gegen Myelofibrose, eine chronische und lebensbedrohliche Erkrankung des Knochenmarks. Das Produkt stammt aus der Pipeline der übernommenen Firma Constellation Pharmaceuticals.

Mit 4SC steht eine weitere Biotechfirma aus dem Münchner Umland vor der ­Zulassung ihres ersten Produkts. Der Wirkstoff Resminostat hat in klinischen Studien in Europa und Japan bei Patienten mit kutanem T-Zell-Lymphom, einer bislang nicht behandelbaren Krankheit, den Zeitraum bis zum Fortschreiten erheblich verlängert. 4SC will im ersten Quartal 2024 den Zulassungsantrag für Europa einreichen.

Branchensituation weiter ­vielversprechend

Hält man sich die fortschreitende Zurückhaltung der Investoren auf dem größten ­Biotechmarkt, den USA, vor Augen, ist die Performance bei den Mid- und Large Caps unter den deutschen Biotechs in den letzten Monaten passabel ausgefallen. In fundamen­taler Hinsicht ist die Situation der Branche weiter vielversprechend. 36 Medikamente wurden in den USA bis Anfang September in diesem Jahr bereits zugelassen – damit stehen die Chancen gut, dass die hohen Zahlen von 46 bis 59 aus den Jahren 2017 bis 2021 auch heuer wieder erreicht werden. Bei den deutschen Biotechfirmen nährt die wachsende Zahl der Produkte in zulassungsrelevanten klinischen Studien die Hoffnung, dass die Aktien im Erfolgsfall in einen deutlich höheren Börsenwert hineinwachsen.

Der Artikel ist in der Plattform Life Sciences-Ausgabe „25 Jahre Biotechnologie – What’s next?“ erschienen: https://www.goingpublic.de/wp-content/uploads/epaper/epaper-Life-Sciences-3-2023/#142

Autor/Autorin

Stefan Riedel
Freier Redakteur at Büro für Kommunikation

Stefan Riedel ist freier Autor bei GoingPublic Media und selbständiger Redakteur mit Schwerpunkt Finanzen und Wirtschaft.