Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass zu diesem Themenkomplex keine aktuellen wissenschaftlichen Studien bestehen, die die deutschen Small Caps klassifizieren, identifizieren und anhand ihrer Charakteristika beschreiben.

Die Deutsche Börse versucht innerhalb der Indizes die Assetklassen abzubilden, indem die Small Caps dem SDAX, die MidCaps dem MDAX und die Large Caps dem DAX30 zugeordnet werden. Zu berücksichtigen ist, dass die Deutsche Börse die Indizierung u.a. anhand der sogenannten Free Float-Kapitalisierung vornimmt. Letzte berücksichtigt die zum Börsenhandel zur Verfügung stehenden Aktien und zielt damit vielmehr auf die Liquidität des Aktienwertes und weniger auf die Größe des Unternehmens ab. Die Unternehmen des SDAX weisen somit zum Stichtag der Untersuchung (10. März 2009) Börsenkapitalisierungen zwischen 27,5 Mio. und 2,04 Mrd. Euro auf. Demnach stellen die Indizes der Deutschen Börse die Assetklassen unzureichend dar und können gleichzeitig keine Anhaltspunkte für eine Abgrenzung liefern. Das korrekte Maß zur Abbildung der Unternehmensgröße ist die dynamische Börsenkapitalisierung.

Bestimmung der Assetklassen mittels der Börsenkapitalisierung

Die Festlegung von Grenzwerten ist problematisch, da keine absoluten und generischen Abgrenzungskriterien definiert werden können und infolgedessen die Determination einer gewissen Willkür unterworfen ist. Die Größe eines Aktienmarktes wie auch die Stimmung des Kapitalmarktes beeinflussen die Abgrenzung der Assetklassen.

Für die Bestimmung der Small Caps wurden börsennotierte Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung bis zu 100 Mio. Euro zugrunde gelegt, was aus Sicht der Finanzanalysten und der bestehenden Literatur realistisch erscheint. Die identifizierten 520 Unternehmen machen mit 70,8% den Hauptteil der deutschen börsennotierten Unternehmen aus, aber bilden lediglich 1,8% der Gesamtbörsenkapitalisierung ab. Dagegen kommen die gerade mal 44 Large Caps auf 84,3%. Bereits an dieser Stelle wird der Fokus auf die Large Caps und zugleich die Vernachlässigung der Small Caps deutlich.

Situationsanalyse der deutschen Small Caps

Die identifizierten Small Caps sind eine Teilmenge des deutschen Klein- und Mittelstandes, der als Motor der Wirtschaft von höchster volkswirtschaftlicher Bedeutung ist. Unverständlich bleibt daher, dass diese Unternehmen im deutschen Börsenmarkt nur wenig berücksichtigt werden. Ein Erklärungsversuch mündet in die ungünstigen Charakteristika von Small Caps in Bezug auf die Informationsintransparenz, die hohe Volatilität, die geringe Liquidität und die bescheidene Profitabilität. 63,8% der deutschen Small Caps nahmen in den letzten zehn Jahren die Börsennotierung vor – insbesondere in Zeiten des Neuen Marktes und der Einführung des Entry Standards. Dies beeinträchtigt zum einen die Unternehmensbewertung aufgrund mangelnder (Vergangenheits-)Daten, und zum anderen fällt es den „Börsenneulingen“ schwer den Informationspräferenzen der Investment Professionals zielgerecht zu entsprechen. Die unzureichende Informationsbereitstellung durch Anbieter von Finanzdaten und die geringe Analysten-Coverage verschärfen die Situation angesichts der fehlenden Informationsverarbeitung.

Des Weiteren sind die deutschen Small Caps mehrheitlich Know-how intensiv, weshalb besondere Anforderungen beginnend mit der Bilanzierung bis hin zu der Erklärungsbedürftigkeit von Produkten bzw. Services oder auch Geschäftsmodellen gestellt, jedoch kaum entsprochen werden. Die Aktienwerte der Small Caps sind mit einer durchschnittlichen Volatilität von 81,8% im Jahre 2008 besonders risiko- aber auch chancenreich. Demgegenüber stellt deren geringe Liquidität ein konkretes Risiko für Anleger dar.

Der Anteil der durchschnittlich gehandelten Small Cap-Aktien beträgt vom Januar 2004 bis März 2009 4,6%, wogegen sich die Anteile der MidCaps auf 25,6% und der Large Caps auf 69,8% belaufen. Die Small Caps sind damit als illiquide zu bezeichnen, da der Wertpapierhandel vorrangig in den Assetklassen der Mid- und vor allem der Large Caps anzutreffen ist. Die Liquiditätssituation ist beunruhigend und wird durch die Intransparenz verstärkt. Das besondere Risikoprofil von Small Caps ruft den sogenannten Small Cap-Effekt hervor, welcher die langfristig ertragsreichere Entwicklung beschreibt und letztlich als Risikoprämie für den Investor zu verstehen ist.

Fazit

Die Anzahl der deutschen Small Caps ist sehr hoch und wird derzeit nur von wenigen Investorengruppen berücksichtigt. Dabei handelt es sich bei den Small Caps nicht zuletzt wegen der innovativen Geschäftsmodelle und der hohen Wachstumspotenziale um chancenreiche Investments. Die Risiken liegen eindeutig in der Intransparenz der Unternehmen wie auch in dem desolaten Liquiditätsverhältnis der Aktienwerte. An dieser Stelle können Small Caps nur durch eine hohe Kommunikationsbereitschaft und eine effiziente Finanzkommunikation die Vernachlässigung beseitigen und eine dementsprechend höhere Beachtung an der Börse erzielen.

Von Petra Oetken, Diplomandin, Fachhochschule Worms und Mitglied der DVFA Expertengruppe Small Caps

Der Beitrag erschien ursprünglich in der GoingPublic Ausgabe 06/09.

 

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