In der ordentlichen Hauptversammlung der beklagten AG war den Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat Entlastung erteilt und der Abschlussprüfer sowie die Mitglieder des Aufsichtsrats gewählt worden. Die klagenden Minderheitsaktionäre halten diese Beschlüsse sämtlich für rechtswidrig und rügen die Nichtbeantwortung von Fragen, eine mangelhafte Prüfungstätigkeit und Berichterstattung des Aufsichtsrats in Bezug auf den Abhängigkeitsbericht sowie Fehler der Entsprechenserklärung.

Entscheidung des OLG
1.    Nach Auffassung des OLG müssen Fragen nach den beruflichen Erfahrungen und Studienabschlüssen nicht beantwortet werden. Dies gelte hinsichtlich des Entlastungsbeschlusses schon deshalb, weil es für die Beurteilung der Amtsführung in der Vergangenheit nicht auf die berufliche Qualifikation ankomme. Auch für die Aufsichtsratswahl seien über den ausgeübten Beruf hinausgehende Angaben, etwa zu Studienabschlüssen, nach der gesetzlichen Wertung in § 124 Abs. 3 Satz 4 AktG nicht geschuldet.

2.    Der Geschäftsbericht der beklagten Gesellschaft enthielt eine Passage, wonach der Abhängigkeitsbericht Gegenstand der Prüfung durch den Abschlussprüfer war. Sodann wird über eine Aufsichtsratssitzung berichtet, in der sich die Mitglieder des Aufsichtsrats mit Jahresabschlüssen beschäftigt haben; eine Befassung mit dem Abhängigkeitsbericht wird nicht gesondert erwähnt. Später wird allerdings ausgeführt, dass gegen die Erklärung des Vorstands am Schluss des Abhängigkeitsberichts keine Einwendungen erhoben wurden. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf wird hieraus ausreichend deutlich, dass der Aufsichtsrat sich mit dem Inhalt des Abhängigkeitsberichts auch selbst auseinandergesetzt hat. Es sei fernliegend, dass der Aufsichtsrat den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers über das Ergebnis der Prüfung des Abhängigkeitsberichts zustimmend zur Kenntnis nimmt, ohne sich nicht zugleich auch selbst mit dem Inhalt des Abhängigkeitsberichts befasst zu haben. Bei „lebensnaher Betrachtungsweise“ könne der Text nur so verstanden werden, dass der Aufsichtsrat den Abhängigkeitsbericht auch selbst geprüft habe. Dass sich der Aufsichtsrat in Bezug auf die Prüfung des Jahresabschlusses sprachlich ausführlicher ausdrücke als hinsichtlich der Prüfung des Abhängigkeitsberichtes, ändere nichts, weil eine freiwillig ausführlichere Fassung des Geschäftsberichts in einem Punkt die Anforderungen an den Bericht in einem anderen Punkt nicht erhöhe.

3.    Die Erklärung über das Nichtauftreten von Interessenkonflikten in dem Bericht des Aufsichtsrats sei nicht falsch und widerspreche der zum DCGK abgegebenen Entsprechenserklärung nicht. Ein Interessenkonflikt könne insbesondere nicht daraus entnommen werden, dass einzelne Mitglieder des Aufsichtsrates zugleich Mitarbeiter der Großaktionärin oder eines mit dieser verbundenen Unternehmens waren. In der bis einschließlich 2011 geltenden Fassung des Kodex seien Verbindungen der Aufsichtsratsmitglieder zu einem Groß- oder Mehrheitsaktionär nicht von Ziff. 5.5.3 Satz 1 DCGK erfasst, weil insoweit kein berichtspflichtiger Interessenkonflikt begründet werde. Es ergebe sich aus den §§ 312, 314 AktG, dass das Gesetz in einer solchen Konstellation keine Abhängigkeit begründet sehe.

Bewertung
Nur im letzten Punkt ist der Entscheidung uneingeschränkt zuzustimmen: Es ist erfreulich, dass ein OLG klarstellt, dass Beziehungen zum Mehrheitsaktionär keine „Abhängigkeit“ im Sinne des Gesetzes begründen. Umso bedauerlicher ist, dass seit 2012 die „kodexautonome“ Definition von Unabhängigkeit wohl auch Beziehungen zum Mehrheitsaktionär erfasst, so dass zwischen einer aktienrechtlichen und einer kodexspezifischen Unabhängigkeit differenziert werden muss. In den anderen beiden Punkten ist das OLG zu großzügig und verkürzt durch seine „lebensnahe“, aktienrechtlich aber eher fernliegende Argumentation die Informationsrechte der Aktionäre.

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