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Das Einreichen von Fragen im Vorfeld der HV wird am besten über eine entsprechende Funktion im Onlineservice ermöglicht – so kann der Aktionär unmittelbar identifiziert werden. Das Zeitfenster für die Eingabe und der Umfang des Textfelds sollten flexibel festgelegt werden können. Als üblich hat sich herausgestellt, Fragen direkt nach Anmeldung durch den Aktionär oder nach Anmeldeschluss bis zwei Tage vor HV, entweder zwei volle Tage oder sogar bis zum zweiten Tag um 12 Uhr, zuzulassen. Bei der Länge des Eingabeblocks, zeichnet sich ein Standard von jeweils 5.000 Zeichen ab. Anfängliche Befürchtungen, dass eine Flut von Fragen auf die Gesellschaft hereinbricht und damit zu einer Vorauswahl durch den Vorstand führen muss, haben sich nicht bestätigt. Im Schnitt kommen etwas mehr Fragen auf als bei der Präsenz-HV der letzten Jahre. Bei erhöhtem Frageaufkommen käme man leicht an die Grenze der Beherrschbarkeit – auch ein Grund dafür, dass bisher von der Möglichkeit der Onlineteilnahme mit Onlinefragerecht bei Präsenz-HVs kein Gebrauch gemacht wurde.

Die Erklärung von Widersprüchen erfolgt meist analog zum Frageneinreichen über einen Textblock – allerdings nur während der HV. In einigen Fällen wurde auch eine Anklickmöglichkeit für Tagesordnungspunkte ohne Texteingabe angeboten. Die Anzahl der eingereichten Widersprüche liegt leicht über dem Niveau von Präsenzveranstaltungen.

Die Stimmabgabe oder Weisungsänderung während der HV hat deutlich zugelegt – gerade bei der Briefwahl sind deutliche Steigerungen zu verzeichnen. Die Mehrzahl der Aktionäre stimmt auch weiterhin bereits im Vorfeld der HV ab; das gilt auch für institutionelle Aktionäre.

Bei Namensaktien können die Gesellschaften ihre Aktionäre auf Basis des Aktienregisters direkt zur HV einladen. Diese können unverzüglich reagieren und abstimmen, entweder per Formular mit Freiumschlag oder über den Onlineservice. Die HV-Einladung per E-Mail bietet große Vorteile, weil mit einem personalisierten Link direkt zum Onlineservice gewechselt werden kann. Für den Aktionär eine Sache von wenigen Minuten; mit einem modernen und intuitiv bedienbaren Onlineservice eine Möglichkeit, auf mobilen Endgeräten wie Tablet oder Smartphone und ohne Medienbruch einfach zu agieren. So können problemlos Tausende Aktionäre schnell, unkompliziert und papierlos ihr Stimmrecht ausüben. Das fördert nachhaltige HV-Prozesse und leistet einen Beitrag zur Kosteneinsparung.

Die virtuelle HV ist deutlich kürzer –  die Fragen und Antworten können thematisch gruppiert und ohne Redundanzen abgearbeitet werden, was das Zuhören erleichtert. Rückfragen sind jedoch nicht möglich.

Fazit und Ausblick

Das Format „virtuelle Hauptversammlung“ funktioniert. Die Erfahrungen der  Emittenten sind positiv. Pflicht sind ein Onlineservice, der alle essenziellen Funktionen abdeckt, sowie stabile und sichere IT-Systeme; Kür sind Showeffekte im HV-Studio oder Filmeinspielungen. Kosten können eingespart werden, gerade bei Hallenmiete, Sicherheit und Catering. Die weitere Entwicklung sollte abgewartet werden, zumal noch zahlreiche virtuelle HVs bevorstehen. Doch eines ist jetzt schon klar: Die Digitalisierung wird deutliche Spuren hinterlassen und künftig einen weiteren Ausbau der Virtualisierung von Hauptversammlungen bewirken. Auch wenn die HV-Saison 2020 sicherlich im Lichte der Sondergesetzgebung zur COVID-19-Pandemie zu sehen ist, sollten sich alle Stakeholder zusammenfinden und die Erfahrungen zur konstruktiven Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die HV in Deutschland nutzen. Nicht vergessen werden sollte dabei allerdings auch die anstehende Umsetzung von ARUG II, die u.a. die standardisierte europaweite Information zu Unternehmensereignissen und verbesserte Mitwirkung der Aktionäre adressiert.

Dieser Artikel erschien zuerst in unserem aktuellen HV-Magazin. Das E-Magazin finden sie hier.

Autor/Autorin

Klaus Schmidt

Klaus Schmidt ist Geschäftsführer der ADEUS Aktienregister-Service-GmbH, eines Unternehmens der Allianz. Er begleitet seit vielen Jahren Emittenten bei der Führung von Aktienregistern sowie bei Vorbereitung und Durchführung von Kapitalmaßnahmen und Hauptversammlungen.