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Virtuelle Hauptversammlungen sind in Deutschland künftig dauerhaft möglich. Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Regierungskoalition haben Bundestag und Bundesrat am 7. Und 8. Juli mit breiter Mehrheit angenommen. Demnach sind die während der Corona-Pandemie temporär eingeführten virtuellen HVen von Aktiengesellschaften auch in Zukunft als rechtsverbindliche Versammlungen gültig, wenn bestimmte Regeln beachtet werden.

Die bisherige Sonderregelung war Teil des „Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie“ vom 27. März 2020. Sie endet zum 31. August 2022. Zur Begründung wird im Gesetz angeführt, dass das Format der virtuellen Hauptversammlung in der Praxis gut angenommen worden sei und sich „im Großen und Ganzen“ bewährt habe.

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Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen wie auch der Berater und Ausführungsdienstleister begrüßen die neuen Wahlmöglichkeiten, die das Gesetz bietet, auch wenn es nach Meinung von Experten noch einige Weiterentwicklungsmöglichkeiten gebe. „Inwieweit das Gesetz den Praxistest besteht, wird die kommende Hauptversammlungssaison zeigen“ hieß es beim Deutschen Investor Relations Verband (DIRK). Der Beschluss stelle zwar nicht den erhofften „großen Wurf“ dar, es bestehe aber Hoffung, dass Emittenten die Durchführbarkeit von virtuellen Hauptversammlungen in jedem Fall auch prüfen werden.

Die wichtigsten Punkte im Vergleich zur vorherigen Pandemie-Regelung zu virtuellen HVen haben die DIRK-Experten wie folgt zusammengefasst (siehe auch https://bit.ly/3ckSui3):

  • Die Bereichsausnahme der Satzungsermächtigung wurde gestrichen, d.h. von der Ermächtigung eine virtuelle Hauptversammlung (HV) durchzuführen kann beispielsweise nicht der Fall „Squeeze Out“ ausgenommen werden.
  • Die Vorabveröffentlichung der Vorstandsrede ist nur verpflichtend, wenn von der Option der Vorabeinreichung von Fragen Gebrauch gemacht wird.
  • Die Einreichung von Stellungnahmen kann nun ausdrücklich auf ordnungsgemäß angemeldete Aktionäre beschränkt und sodann im Aktionärsportal veröffentlicht werden.
  • Bei der angemessenen Beschränkung der vorab einzureichenden Fragen ist nun in der Begründung explizit die Festlegung einer Gesamthöchstzahl vorgesehen.
  • Die Stellung von Anträgen, die nicht gemäß § 126 AktG zugänglich zu machen sind, sind verpflichtend im Wege der Videokommunikation vorzunehmen und nicht mehr im Wege der elektronischen Kommunikation. Die Stellung ist auch während der Redezeit möglich.
  • Es ist explizit die Möglichkeit vorgesehen, die Funktionsfähigkeit der Live-Zuschaltung während der HV zu prüfen.
  • Die Stellung von sog. „weiteren“ Fragen gemäß § 131 Absatz 1e wurde gestrichen und in das Ermessen des Versammlungsleiters gestellt.
  • Es wurden noch explizite Verweise auf § 131 Absatz 2 für die Begrenzung von Reden sowie von Fragen zu neuen Sachverhalten aufgenommen.

Das neue Gesetz geht im Wesentlichen mit Änderungen im Aktiengesetz einher. Dort werden unter anderem die neuen Paragrafen 118a „Virtuelle Hauptversammlung“ sowie 130a „Stellungnahme- und Rederecht bei virtuellen Hauptversammlungen“ eingefügt. Im Paragraf 118a ist die Wahlfreiheit festgelegt für Unternehmen, Hauptversammlungen eben künftig als Präsenzveranstaltung, als hybride oder als rein virtuelle Veranstaltung abzuhalten.

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