Die neue EU-Prospektverordnung ist beschlossen und wird kurzfristig in Kraft treten. Ziel der ProspektVO ist insbesondere, kleinen und mittelständischen Unternehmen („KMU“) den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern. Neben Licht birgt die ProspektVO aber auch Schattenseiten; die beabsichtigte Stärkung des Anlegerschutzes schafft Risiken gerade für KMU-Emittenten. Von Till Freyling

Till Freyling ist Rechtsanwalt und Associates Partner der Kanzlei Legerlotz Laschet Rechtsanwälte
Till Freyling ist Rechtsanwalt und Associated Partner der Kanzlei Legerlotz Laschet Rechtsanwälte

Will ein Unternehmen Wertpapiere – ob Aktien oder Anleihen – öffentlich anbieten oder zu einem regulierten Markt zulassen, so ist grundsätzlich ein Wertpapierprospekt zu erstellen. Die Prospektpflicht nebst Ausnahmen richtet sich nach den Regelungen des Wertpapierprospektgesetzes („WpPG“), das auf der Grundlage der europäischen Prospektrichtlinie erlassen wurde. Die Pflichtinhalte des Wertpapierprospekts sind in der (Durchführungs-)Prospektverordnung (EG)809/2004 („VO 809/2004“) näher festgelegt. Die heutigen Regelungen des WpPG werden weitestgehend durch die neue ProspektVO abgelöst; die VO 809/2004 mit ihren Inhalten bleibt bestehen.

Erleichterungen

Neben Änderungen u.a. für Daueremittenten von Anleiheprogrammen bringt die ProspektVO insbesondere Erleichterungen für KMU-Emittenten mit sich.

Bislang konnten in Deutschland nur kleine Emissionen prospektfrei platziert werden. Für Emittenten, die an einem Regulierten Markt notiert sind, galt eine Freigrenze von 5 Mio. EUR p.a., für andere lediglich  EUR 100.000 p.a. Die allgemeine Freigrenze wird mit der ProspektVO auf 1 Mio. EUR p.a. angehoben. Darüber hinaus wird den Mitgliedsstaaten gestattet, die Freigrenze für nationale Angebote auf bis zu 8 Mio. EUR zu erweitern; es bleibt zu hoffen, dass der deutsche Gesetzgeber dies nutzen wird, um für Emittenten, die an einem Regulierten Markt notiert sind, jedenfalls den bisherigen Stand zu halten.

Für die Zulassung von Aktien zu einem Regulierten Markt konnte bislang für die Zulassung von Aktien in einen Umfang von bis zu 10% des bereits zugelassenen Grundkapitals auf einen Prospekt verzichtet werden. Diese Freigrenze wird auf 20% gehoben und insbesondere auf Anleihen ausgedehnt. Die Relevanz für KMU ist fraglich: Insbesondere sieht die neue ProspektVO weiterhin keine Freistellung für reine Bezugsangebote vor, wie sie nach der BaFin-Praxis bis 2013 bestand. Bei Kapitalerhöhungen von über 10% des Grundkapitals (bei denen das Bezugsrecht der Aktionäre nicht vereinfacht ausgeschlossen werden kann), bleibt daher ein Prospekt für das öffentliche Angebot erforderlich, auch wenn auf den Zulassungsprospekt verzichtet werden darf.

Neben den vorgenannten grundsätzlichen Ausnahmen von der Prospektpflicht werden auch die Möglichkeiten zur Erstellung von Prospekten mit verringerten Anforderungen erweitert. Neu ist der vereinfachte Prospekt für Sekundäremissionen von bereits gelisteten Emittenten. Ferner wird der bisherige vereinfachte KMU-Prospekt durch den EU-Wachstumsprospekt ersetzt. Dabei soll es sich um ein deutlich weiter vereinfachtes und standardisiertes Dokument handeln. Auch sollen die verringerten Anforderungen des EU-Wachstumsprospekts auf einen weiteren Emittentenkreis Anwendung finden, als dies bei dem bisherige KMU-Prospekt der Fall war. Nach den Erwägungsgründen der ProspektVO sollten die Anforderungen an die Inhalte der vereinfachten Prospekte deutlich geringer sein als bislang; die genauen Anforderungen werden allerdings erst in den kommenden anderthalb Jahren festgelegt.