Abb. 1: Festgelegte Zielgröße für den Frauenanteil im Vorstand im Vergleich zum Status quo
Abb. 1: Festgelegte Zielgröße für den Frauenanteil im Vorstand im Vergleich zum Status quo. Quelle: Allen & Overy

Status Quo oft als Zielgröße

Die Auswertung zeigt, dass häufig der Status quo des Frauenanteils auch als Zielgröße festgelegt wurde. Dies steht zwar im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben, wohl aber nicht mit den Bekundungen der Politik, die „ambitionierte Ziele“ erwartet hatte. Ein Grund hierfür liegt häufig in der gesetzlich vorgegebenen kurzen Frist: diese durfte bei der ersten Festlegung längstens bis zum 30. Juni 2017 dauern – also nur knapp zwei Jahre. In einer solchen Frist hielten es viele Unternehmen offenbar nicht für realistisch, deutliche Zuwächse beim Frauenanteil erreichen zu können. Dabei zeigt die Studie Unterschiede zwischen DAX und MDAX-Unternehmen – insbesondere bei den für den Vorstand festgelegten Zielgrößen, während in der 1. und 2. Führungsebene weniger starke Unterschiede zwischen den beiden Indizes bestehen. So gaben etwa 76,2 % der im DAX notierten Gesellschaften an, nur den Status quo beim Vorstand bis zum Erreichen der Frist halten zu wollen. Demgegenüber entschieden sich 90,3% der MDAX-Gesellschaften für eine Zielgröße, die dem Status quo im Vorstand entsprach. Im Durchschnitt wurden im DAX damit Zielgrößen von 11% und im MDAX von nur 5,8% festgelegt. Dies belegt, dass der Frauenanteil im Vorstand bei den im DAX notierten Gesellschaften um 5,2% höher liegt als im MDAX.

Bei den Führungsebenen zeigt sich hingegen ein anderes Bild: Im Durchschnitt liegen hier in der 1. Führungsebene bei der festgelegten Zielgröße DAX (15,7%) und MDAX (15,2%) nahezu gleich auf. Dabei waren jedoch die MDAX-Gesellschaften im Durchschnitt etwas stärker bereit, sich eine Zielgröße über dem Status quo zu setzen.

Fristen für die Zielerreichung

In der Studie wird außerdem deitlich, dass nicht wenige Gesellschaften von dem gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsspielraum bei der Festlegung der Fristen für die Erreichung der Zielgrößen Gebrauch gemacht haben. Denn auch wenn im Gesetzgebungsverfahren häufig kritisiert wurde, dass die erste Frist für die Zielgrößen nur knapp zwei Jahre dauern durfte, haben einige Gesellschaften bewusst eine noch kürzere Frist entweder zum Jahresende 2015 oder – deutlich häufiger – zum Jahresende 2016 festgelegt. Die meisten Gesellschaften nutzten jedoch die Maximalfrist bis zum 30. Juni 2017 aus.

Fazit

Eine Vielzahl der betroffenen Gesellschaften wird zeitnah Vorbereitungen für die nach Fristende erneut festzulegenden Zielgrößen treffen. Dabei ist auch wieder die anstehende Hauptversammlung im Blick zu halten, bei der regelmäßig auch Fragen zum Frauenanteil gestellt werden. Viele der Gesellschaften werden bei den Neufestlegungen die ersten eigenen Erfahrungen nutzen können. Für die Frage, wie die eigenen Pläne für die nächsten Zielgrößen im Vergleich zur Marktpraxis stehen, bietet die Studie eine Orientierung. Die Studie wird im Januar 2017 veröffentlicht.

Über die Autorin

Dr. Katharina Stüber ist als Senior Associate bei Allen & Overy in Frankfurt im Bereich Corporate tätig. Sie berät börsennotierte Gesellschaften im Aktien- und Kapitalmarktrecht, insbesondere auch zu Fragen der gesetzlichen Frauenquote.

Der Artikel ist eine Vorabveröffentlichung aus dem aktuellen GoingPublic Magazin.

Autor/Autorin