Inkorrekte Stimmrechtsmitteilungen

Nach § 20 AktG hat ein Unternehmen, welchem mehr als 25% bzw. 50% des Kapitals oder der Stimmrechte eines inländischen Emittenten gehört bzw. nicht mehr gehört, dieses dem Emittenten schriftlich mitzuteilen. Für börsennotierte Emittenten gelten §§ 21, 22 WpHG. In diesen Fällen ist dem Emittenten sowie der BaFin schriftlich oder per Telefax in deutscher oder englischer Sprache (§ 18 WpAIV) die Meldung zuzustellen. Es gelten dann die Schwellen 3%, 5%, 10%, 15%, 20%, 25%, 30%, 50% oder 75%. Ist die Meldung, gleich aus welchen Gründen, unterblieben oder fehlerhaft, ruht das Stimmrecht gemäß § 28 WpHG.

Ein vermeintlich leichtes Thema ist die Prüfung der Meldungen. Ein einfacher Abgleich mit dem Aktienregister und/oder dem Anmeldeverzeichnis, ob die Meldungen korrekt von den Aktionären abgegeben wurden, kann mittels Abhaken durchgeführt werden.

Das ist aber noch nicht alles: Emittenten sind vor allem daran interessiert, dass die ihnen positiv gestimmten Aktionäre an der HV teilnehmen können. Deshalb sollten sie insbesondere auf die Meldungen dieser Aktionäre achten, denn hier kommt es manchmal aufs Detail an. Bereits eine Namens- oder Adressänderung der Unter-Unter-Gesellschaft des Großaktionärs, vielleicht aus steuerlichen Aspekten weit weg im Ausland, führt meist zu einer neuen Meldepflicht. Schon kleine Änderungen der Adresse können zur Auslösung einer Meldepflicht führen. Es ist deshalb anzuraten, genau zu prüfen. Wenn das nicht geschieht – es gibt andere, die das gerne in der HV aufnehmen.

Aktionäre sollten für eine stabile Namens- und Adressfestlegung sorgen. Dann müssen sie nicht ständig neu melden, sondern nur, wenn sie tatsächlich Schwellen über- oder unterschreiten. Zwar sind die Strafen bei unabsichtlichem oder leicht fahrlässigem Verhalten gering, gleichwohl aber unangenehm, da das Stimmrecht in jedem Fall entzogen wird.

Diffizil für Emittenten ist dabei, ob bei möglichen Verstößen, also Verdachtsfällen, der Emittent nun auf den Aktionär zugehen sollte oder ob er das erst in der HV eskalieren lässt (lassen will). Es hat schon Situationen gegeben, bei denen ein anderer Aktionär auf der HV anhand des Teilnehmerverzeichnisses eine Über- oder Unterschreitung einer Schwelle festgestellt hat. In diesen Fällen ist der Versammlungsleiter im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht aufgefordert, den Sachverhalt zu prüfen und ggf. den Anwesenden mit seinen Stimmen von der HV auszuschließen. In diesem Fall wird ausschließlich sein Stimmrecht entzogen. Der Aktionär sollte nicht der Versammlung verwiesen und damit in seinem Rede- und Fragerecht beschnitten werden. Wird im Nachgang der HV festgestellt, dass dem Aktionär zu Unrecht das Stimmrecht entzogen wurde, handelt es sich lediglich um einen Anfechtungs- und nicht um einen Nichtigkeitsgrund.

In Zweifelsfällen ist es ratsam, die Aktien bzw. Stimmen nicht auszuschließen. Falls diese doch auszuschließen gewesen wären, ist das lediglich ein Anfechtungsgrund, und auch nur, sofern der Stimmenanteil ergebnisrelevant gewesen wäre.

Wenn festgestellt wird, dass ein gemeldeter Bestand eine nicht gemeldete Schwelle vermeintlich etwa aufgrund des Anmeldeverzeichnisses über- oder unterschreitet, heißt das nicht zwingend, dass dem auch so ist. Vielleicht hat der Aktionär seinen Anmeldebestand gepoolt oder nicht alle Aktien angemeldet. Das Pooling führt u.U. zu einer Überschreitung einer Schwelle, aber nur dann, wenn dieses nicht weisungsgebunden geschieht. Liegen explizite Weisungen vor, so gelten diese Aktien nicht als „frei verfügbar“, weil das Stimmrecht nicht nach eigenem Ermessen ausgeübt werden kann, und somit als nicht meldepflichtig (z.B. bei Banken nach § 135 AktG). Weder Aktien noch Stimmrechte sind dann übergegangen, lediglich die Abgabe der Weisungen wurde rechtlich übergeben.

Auf der Webseite der BaFin, in der Rubrik Börsen & Märkte > Transparenzpflichten > Bedeutende Stimmrechtsanteile, sind Standardformulare zur Stimmrechtsmitteilung nebst Anlage sowie ein beispielhaftes Organigramm bei verbundenen Unternehmen hinterlegt.

Empfehlung

Emittenten sollten sich die Zeit nehmen und die Sachverhalte richtig prüfen. Schon im Vorfeld kann vieles abgewendet werden, was ein Risiko für die HV und deren HV-Beschlüsse bedeuten kann. Dann sind auch in unvorhersehbaren Situationen noch Reaktionen möglich.

Jens Drünkler ist  Key Account Manager und Senior Consultant von Computershare

Kontakt: jens.druenkler@computershare.de

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