Die Komplexität des Anhangs lässt sich hingegen durch die Reduktion entscheidungsirrelevanter Aussagen senken – etwa durch das Weglassen allgemein bekannter Grundsätze in der Zusammenfassung bedeutender Rechnungslegungsstandards oder von Sachverhalten mit geringer finanzieller Tragweite. Mit der Anpassung von IAS 1 im Rahmen der Disclosure Initiative unterstützt das IASB die bewusste Anwendung von Materialitätsgrenzen und fördert die Flexibilität in der Anordnung der Informationen, um Anhänge leserfreundlicher zu gestalten.

Zusammenwirken von Erstellern, Standardsetzern und Adressaten

Obwohl Ersteller – gerade mit der Wahl eines angemessenen Rechnungslegungsstandards – die Ausgestaltung des Anhangs und somit dessen Informationsnutzen aktiv beeinflussen, sind sie hierfür nicht allein verantwortlich.

Die Standardsetzung muss auf die Bedürfnisse der relevanten Anspruchsgruppen ausgerichtet sein und sollte daher Investoren und Analysten stark in den Standardsetzungsprozess einbeziehen. Die Formulierung eindeutiger, leicht verständlicher Standards – oder in Zukunft gar eines gebündelten Standards zum Anhang – bildet die Basis einer optimierten Berichterstattung. Adressaten können den individuellen Informationsnutzen ebenfalls erhöhen, etwa indem sie durch die Nutzung zusätzlicher Informationskanäle ein vertieftes Verständnis für das Unternehmen und sein Umfeld erlangen. Auch die Offenheit für elektronisch auswertbare Informationen – etwa im Rahmen von XBRL – kann die Effizienz der Informationsanalyse erhöhen.

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass der Anhang mehr ist als eine Pflichtübung. Er ist für Investoren und Finanzanalysten durchaus von hohem Informationswert. Eine verbesserte, auf das Wesentliche reduzierte Informationsoffenlegung kann daher positive wirtschaftliche Effekte erzeugen.

So können die Adressaten Effizienzgewinne in der Unternehmensanalyse und eine erhöhte Prognosegenauigkeit erlangen. Auf Unternehmens- und Marktebene wären etwa geringere Kapitalkosten und eine gesteigerte Liquidität zu erwarten, da Investoren auf Basis einer verbesserten Informationsoffenlegung einfacher und mit erhöhter Sicherheit agieren können. Unter diesen Voraussetzungen sollte es nicht mehr heißen „Wer schaut schon in den Anhang?“, sondern vielmehr: „Wer nicht in den Anhang hineinschaut, ist selbst schuld, wenn er schlechtere Entscheidungen trifft!“

SO ERSTELLEN SIE EINEN ADRESSATENFREUNDLICHEN ANHANG

Nutzen Sie den Anhang aktiv als Kommunikationsinstrument mit Investoren und Analysten. Wählen Sie einen der Investorenstruktur angemessenen Rechnungslegungsstandard und wenden diesen verlässlich und vergleichbar an.

Legen Sie besonderen Wert auf die Vermittlung grundlegender Informationen zu Wertschöpfung und Ertragskraft, zur Organisation des Unternehmens und zu spezifischen Unternehmensrisiken.

Formulieren Sie Ihre Informationen präzise und nutzen (legale) Rechnungslegungsspielräume, wie Wesentlichkeitsüberlegungen, zur Komplexitätsreduktion. Ergänzen Sie Informationen durch freiwillige Offenlegungen, wenn diese von besonderer Bedeutung sind.
Die gesamten Umfrageergebnisse finden sich im Buch „Informationswert des Anhangs zur Jahresrechnung: Komplexitätsreduktion und Steigerung des Nutzens finanzieller Informationen“ von Dr. Anke Gerding.

Zu den Autoren

Prof. Dr. Thomas Berndt ist Inhaber des Lehrstuhls für Rechnungslegung und Direktor am Institut für Finanzwissenschaft, Finanzrecht und Law and Economics der Universität St. Gallen.

Dr. Anke Gerding absolvierte das Doktoratsprogramm in Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen. Sie ist eidg. diplomierte Wirtschaftsprüferin und im Controlling eines börsenkotierten Industrieunternehmens tätig.

 

 

 

Autor/Autorin