Mit der Cheplapharm AG schielt der erste IPO-Kandidat der noch jungen Saison in Richtung Frankfurter Börsenparkett. Hierfür peilt das Unternehmen für Spezialpharmazeutika mit Hauptsitz in Greifswald sein Börsendebüt im regulierten Markt (Prime Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse in Abhängigkeit der Marktbedingungen im ersten Quartal 2022 an.

Konkrete Details zum Börsengang sind gegenwärtig noch nicht bekannt, allerdings soll das erstmalige öffentliche Aktienangebot sowie Privatplatzierungen in bestimmten Ländern außerhalb Deutschlands über neu auszugebene Aktien aus einer Kapitalerhöhung sowie aus einer möglichen Umplatzierungskomponente des Bestandsaktionärs Braun Beteiligungs GmbH gestemmt werden. In diesem Fall hat Letzterer einer Lock-up-Frist von 360 Tagen zugestimmt.

Mit einem anvisierten Bruttoemissionserlös über rund 750 Mio. EUR könnte man durchaus schon von einem „Eisbrecher“ der noch jungen IPO-Saison 2022 hierzulande sprechen. In diesem Zusammenhang sei beabsichtigt, den Nettoemissionserlös zur Rückzahlung bestehender Schulden sowie zur Finanzierung künftiger Erwerbe von Produkten und Produktportfolios zu verwenden.

Credit Suisse, Deutsche Bank und J.P. Morgan agieren als Joint Global Coordinators und zusammen mit Barclays und Citigroup als Joint Bookrunners. Commerzbank, DZ Bank und ING Bank in Zusammenarbeit mit Stifel Europe Bank sind als Co-Lead Manager mandatiert.

Geschäftsmodell
Das Familienunternehmen betreibt ein hochgradig skalierbares Asset-light-Geschäftsmodell, das sich auf die Auswahl sowie den Erwerb geeigneter pharmazeutischer Produkte oder Produktportfolios, das Management der Übertragung der Vermarktungszulassungen und die Integration dieser Produkte in die etablierte Wertschöpfungskette konzentriert.

Seit 2014 hat Cheplapharm so eine beträchtliche Anzahl von Produktakquisitionen von bekannten Pharmaunternehmen wie AstraZeneca, Bristol Myers Squibb, Roche, Sanofi und Takeda abgeschlossen. Dabei wurden mehr als 125 Produkte mit einem kumulierten Akquisitionsvolumen von rund 3,3 Mrd. EUR erworben.

Da Cheplapharm keine eigenen Arzneimittel entwickelt, konzentriert sich das Unternehmen auf Investitionen in gut etablierte Marken- und Nischenprodukte, die bereits seit vielen Jahren auf dem Markt sind und deren Patentschutz in der Regel vor mehr als zehn Jahren ausgelaufen ist. Im Rahmen dieser „Plug-and-Play“-Plattformstrategie wird die Herstellung der Produkte an ein diversifiziertes Netzwerk von mehr als 125 CMOs und Lieferanten ausgelagert, die fast alle in Europa ansässig sind. Ebenso wird der Vertrieb an ein globales Partnernetzwerk mit Vertriebskapazitäten in etwa 145 Ländern ausgelagert, wodurch Cheplapharm die Produktverfügbarkeit in den bestehenden Märkten sicherstellen kann.

„Angesichts unseres besonderen Geschäftsmodells und des Charakters unserer Produkte, haben wir keine eigenen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten. Daher sind wir nicht den erheblichen Risiken und Vorabinvestitionen ausgesetzt, die mit der Entwicklung neuer pharmazeutischer Produkte einhergehen. Dieses risikoarme Geschäftsmodell wird zusätzlich durch eine nach Regionen, Therapiegebieten und Produkten gut diversifizierte Umsatzbasis gestärkt“, erklärt Co-CEO Edeltraud Lafer.

Operative Entwicklung
Der Umsatz des Unternehmens ist zwischen 2010 und 2020 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von etwa 45% gewachsen. In den letzten Jahren gelang zudem eine weitere Beschleunigung: Schlugen 2018 noch Umsätze von 309 Mio. EUR zu Buche, konnten diese bis zum 31. Dezember 2020 auf 640 Mio. EUR mehr als verdoppelt werden. Im gleichen Zeitraum kletterte das EBITDA von 182 Mio. EUR auf 335 Mio. EUR – ein Zuwachs von über 84%.

Mit einem Führungsteam, das mehr als 100 Jahre Erfahrung in der Pharmabranche aufweist, sowie dem Know-how von mehr als 450 Mitarbeitern fuhr Cheplapharm in den ersten neun Monaten 2021 einen Umsatz von 793 Mio. EUR ein. Das EBITDA pendelte sich bei 484 Mio. EUR ein. Für das zum 31. Dezember 2021 endende Geschäftsjahr rechnet die Gesellschaft nunmehr mit einem Umsatz von über 1 Mrd. EUR.

Durch den investitionsorientierten Ansatz mit begrenztem Kapitalbedarf, keine F&E-Aktivitäten sowie das Outsourcing von Produktion und Vertrieb fördert Cheplapharm ein skalierbares Geschäftsmodell mit hohen EBITDA-Margen und Cash Conversion Rates. Die EBITDA-Marge betrug 59%, 53%, 52% und 61% in den Geschäftsjahren zum 31. Dezember 2018, 2019 und 2020 bzw. in den neun Monaten zum 30. September 2021. In denselben Zeiträumen lag die Cash Conversion Rate bei 56%, 63%, 79% bzw. 60%.

„Da unsere Produkte in der Regel bereits seit langer Zeit auf dem Markt sind, weisen sie einen gut voraussagbaren und begrenzten natürlichen Umsatzrückgang auf. Dies ermöglicht es uns, die zukünftige Entwicklung der Produkte besser zu prognostizieren und dies in unserer Bewertung zu berücksichtigen. Diese Produkte haben zudem einen sehr begrenzten Investitionsbedarf und verfügen, im Falle der Markenprodukte, dank großer Vertrautheit bei Verschreibern und Patienten über einen erheblichen ‚Pull-Effekt‘, der über jahrelange Bewerbung aufgebaut wurde“, ergänzt Co-CEO Edeltraud Lafer.

„Wir sind in einem wachsenden Markt tätig, der attraktive Investitionsmöglichkeiten bietet und wir glauben, dass wir der Partner der Wahl für führende globale Pharmaunternehmen sind, die sich von patentfreien pharmazeutischen Produkten trennen wollen. […] Daher planen wir in den Jahren 2021 und 2022 Investitionen in Höhe von insgesamt etwa 1,25 Mrd. EUR. Mittelfristig streben wir jährliche Investitionen in Höhe von 42,5% bis 50% des Vorjahresumsatzes an. Wir erwarten, dass dies zu drei bis sechs Investitionen pro Jahr führen wird“, führt Co-CEO Sebastian Braun weiter aus.

Die kurzfristige Investitionspipeline besteht aus drei Produktportfolios mit einem geschätzten Gesamtinvestitionsvolumen zwischen 640 und 760 Mio. EUR. Darüber hinaus prüft Cheplapharm derzeit weitere acht Portfolios mit einem geschätzten Gesamtumsatz von über 600 Mio. EUR und einem erwarteten Gesamtinvestitionsvolumen von mehr als 1,2 Mrd. EUR.

Fotos @ Cheplapharm AG / Titel: © Maksym Yemelyanov – stock.adobe.com

Autor/Autorin

Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide (www.bondguide.de)