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Wie hoch ist der Wert aller börsennotierten österreichischen Unternehmen? Und wie groß ist ihre volkswirtschaftliche Bedeutung, gemessen an kumulierten Bilanzzahlen? Mit diesen Fragen setzte sich GoingPublic im Oktober 2025 im Rahmen der jährlichen Studie zum dritten Mal auseinander. Von Markus Rieger

Die von GoingPublic und AfU Research zunächst ermittelte Grundgesamtheit umfasste zum 30.9.2025 wie zum gleichen Vorjahreszeitpunkt 72 Unternehmen (siehe Abb. 1). Drei Neuzugängen (Steyr Motors, UKO Mikroshops, REPLOID Group) standen allerdings drei Delistings gegenüber. Die im direct market notierte :be AG entschloss sich zu einem Delisting, bei S Immo gab es nach Übernahme einen Squeeze-out und der CLEEN Energy AG gelang nach Insolvenz kein Sanierungsverfahren, was unweigerlich zum Delisting der Aktie führte.

55 Emittenten (Vorjahr 57) oder rund 76 % sind in den gesetzlich regulierten Marktsegmenten notiert (s. Abb. 2), davon

  • 39 (Vorjahr 41) im prime market, wovon 20 den „Austrian Traded Index“ (ATX) bilden.
  • 16 wie im Vorjahr im standard market

Weitere 13 (Vorjahr 11) finden sich in „Vienna MTF“, dem börsenregulierten Markt – vergleichbar dem deutschen Freiverkehr – wieder, davon fünf im „direct market“ (Vorjahr ebenfalls 5) und acht im „direct market plus“ (Vorjahr 6). Darüber hinaus bilden wir im Rahmen unserer Untersuchung wie im Vorjahr vier österreichische Unternehmen ab, die ihr Primärlisting im Ausland haben. Neben AMS-OSRAM, Kontron und Fabasoft zählt hierzu noch der verbliebene Biotechnologie-Wert Hookipa Pharma, der an der US-Technologiebörse Nasdaq gehandelt wird.

Von Neuzugängen….

Moritz Unterkofler, CEO der UKO Group, beim Börsengang; Foto: © Wiener Börse/ Alexander Felten

Der direct market plus der Wiener Börse erhielt im Dezember 2024 mit der UKO ­Microshops AG den ersten Neuzugang innerhalb unseres Studienzeitraums. Die Aktien des Unternehmens mit Firmensitz in Puch bei Hallein sind wie in diesem Marktsegment üblich täglich in einer Auktion mit Preisbildung um 13.30 Uhr handelbar. UKO Microshops betreibt nach eigenen Angaben den Handel und Service von tausenden Warenautomaten in Österreich und Deutschland. Als Vorreiter für automatisierte Vertriebs- und Servicelösungen treibt das Unternehmen die kontinuierliche Weiterentwicklung seiner Produkte und Geschäftsfelder durch den gezielten Einsatz fortschrittlicher Technologien voran. „Mit dem Schritt an die Wiener Börse setzen wir mit der UKO Microshops AG nicht nur ein klares Zeichen für Innovation, Sichtbarkeit und Wachstum, sondern verfolgen das Ziel, unsere Geschäftsfelder im DACH-Raum auszubauen und das volle Potenzial des österreichischen Marktes auszuschöpfen“, sagte Moritz Unterkofler, CEO der UKO Group, anlässlich der Erstnotiz. Der Micro Cap kommt aktuell bei Kursen um 5,50 EUR auf einen Börsenwert von 13,5 Mio. EUR.

Exotisch, aber nicht minder spannend wirkt das Geschäftsmodell der Reploid AG, die am 3. Juli 2025 ebenfalls im Direct Market Plus der Wiener Börse ihr Debüt gab. Das Biotechnologieunternehmen um den CEO Philip Pauer baut modulare, industriell skalierbare Anlagen, in denen Larven der Schwarzen Soldatenfliege organische Abfälle, also Lebensmittelreste oder Brauereirückstände, in hochwertige Produkte, etwa Tierfutter, umgewandelt werden können.

Die Aktie wirkt ein wenig sperrig, was auch durch das geringe Grundkapital von 100.000 EUR kommt. Der Kurs wird in der mittäglichen Auktion schon seit längerem bei rund 2.100 EUR (je Aktie!) angegeben, was zu einer rechnerischen Market Cap von über 200 Mio. EUR führt. Das Unternehmen erwirtschaftete 2024 mit einem Umsatz in Höhe von 5,1 Mio. EUR und einem Ergebnis vor Steuern in Höhe von 2,7 Mio. EUR noch keine dem Börsenwert adäquaten Zahlen. Nach Abzug von „Verschmelzungsverlusten“ blieb 2024 ein Jahresüberschuss in Höhe von 0,4 Mio. EUR. Zu aktuellen Kursen drängt sich bei einem bereinigten EBIT-Multiple von 100 kein Investment auf. Trotzdem könnte es noch spannend werden: Für 2027/2028 sind dem Vernehmen nach eine Kapitalerhöhung sowie ein Segmentwechsel mit fortlaufendem Aktienhandel geplant. Frisches Kapital soll zusätzliche Produktionskapazitäten ermöglichen, um Hunde- oder Vogelfutter dann selbst herzustellen. Für die kurzfristige Expansionsfinanzierung, so berichtete „Der Börsianer“, soll bald auch ein „Senior Green Bond“ im Volumen von 10 bis 15 Mio. EUR begeben werden.

Reploid-CEO Philip Pauer (r.) und CBO Jonas Finck läuten die Börsenglocke; Foto © Wiener Börse AG / Alexander Felten

Nach UKO Microshops und dem Zweitlisting der Steyr Motors AG im Frühjahr war Reploid das dritte Listing im direct market plus innerhalb eines Jahres. „Der anhaltende Zuwachs im direct market plus untermauert den Bedarf an einem unkomplizierten und praxistauglichen Kapitalmarktzugang für Unternehmen“, erklärt dazu Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse AG.

…. und Namenswechseln

Auf den ersten Blick mag man 2025 weitere neue Aktien auf dem österreichischen Kurszettel entdeckt haben. Aber Vorsicht: Bei drei relativ bekannten Werten fand nur eine Umbenennung statt. So heißt die Bank für Tirol und Vorarlberg AG nun BTV Vier Länder Bank AG (Market Cap 30.9.: 1,8 Mrd. EUR). Damit soll der Entwicklung von einer regionalen Bank zu einem in vier Ländern aktiven Finanzinstitut Rechnung getragen werden. Auch die Immofinanz AG hat kein Delisting erfahren, sondern wurde Ende 2024 in CPI Europe AG (Market Cap 2,6 Mrd. EUR) umbenannt. Zuvor gab es ­allerdings das Delisting der S Immo AG (siehe bereits oben), an der Immofinanz die Mehrheit hielt. Die Umbenennung ist nun Teil der strategischen Neuausrichtung unter der neuen Muttergesellschaft. Last not least hat die Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG ihren Namen in SBO AG (Market Cap 430 Mio. EUR) geändert. Ziel ist es, sich zu einem breit aufgestellten Hochpräzisions­techno­logie-­Kon­zern zu ent­wickeln (Market Cap 30.9. 430 Mio. EUR).

Einordnung nach Marktkapitalisierung

Blickt man auf die Börsenwerte, so zeigt sich bei „Listed Austria“ auch 2025 eine große Konzentration auf die Large Caps (siehe Abb. 3). Wieder 26 (bzw. 36,1 % der Emittenten) weisen eine Marktkapitalisierung größer 1 Mrd. EUR auf, weitere 7 (Vj. 8) liegen zwischen 500 Mio. EUR und 1 Mrd. EUR (Kategorie „Mid Cap“, 9,8 %). 17 Unternehmen (Vj. 16) liegen zwischen 100 und 500 Mio. EUR (Kategorie „Small Cap“). In die Kategorie Micro Caps (10-100 Mio. EUR Börsenwert) zählen wir 19 Unternehmen und damit 26,4 % aller Emittenten. Nano Caps (unter 10 Mio. EUR Börsenwert) gibt es mit Hookipa Pharma, AB Effectenbeteiligungen sowie Hutter & Schrantz lediglich drei (Vj. 5, 4,2 %).

Um satte 20,5 % hat die Marktkapitalisierung der „börsennotierten Österreich AG“ innerhalb eines Jahres zugelegt und lag zum 30.9.2025 bei 173 Mrd, EUR, was gleichzeitig einen Allzeit-Höchststand darstellt. Betrachtet man die absoluten Börsenwerte einzeln, so geben ganz klar die in den gesetzlich regulierten Segmenten gelisteten Emittenten den Ton an. Von der Gesamt-Marktkapitalisierung entfallen 169 Mrd. EUR oder 97,7 % auf sie.

Gesamtmarktkapitalisierung und wertvollste Einzeltitel

Blickt man auf die Einzelwerte, so stechen in Sachen Börsenwert wie in den Vorjahren vor allem drei Werte heraus, allerdings hat sich ihr „Ranking“ geändert: Das wertvollste börsennotierte Unternehmen Österreichs ist nun die Erste Group Bank AG mit 34,5 Mrd. EUR Marktkapitalisierung. Es folgen VERBUND (21,9 Mrd. EUR) und OMV (14,9 Mrd. EUR). Alle drei zusammen vereinigen rund 71 Mrd. EUR Marktkapitalisierung auf sich und stehen für rund 41% der gesamten „Österreich AG“. Die Raiffeisen Bank International (RBI) als Nummer 4 nach Market Cap liegt im Vergleich dazu noch bei rund 9,5 Mrd. EUR.

Quelle: stock3.com

Stabile Beschäftigung, Umsatz- und Gewinnrückgang

Die 72 börsennotierten österreichischen Unternehmen erwirtschafteten im Jahr 2024 mit 594.000 Mitarbeitern (+1,7 %) einen kumulierten Umsatz in Höhe von 147 Mrd. EUR (Vj. 156 Mrd. EUR). Das entspricht einem Umsatzrückgang von rund 9 Mrd. EUR oder 5,8 % gegenüber dem Jahr 2023. Davon entfallen allein 7,7 Mrd. EUR Umsatzeinbußen auf die beiden Energieversorger OMV und Verbund. Die Kennzahl „kumulierter Umsatz“ bildet insgesamt nicht perfekt die Leistungsfähigkeit von „Listed Austria“ ab, da 11 der 72 Aktien Banken oder Versicherungen sind – davon allein fünf im ATX 20. Der kumulierte Jahresüberschuss belief sich 2024 auf rund 11,8 Mrd. EUR (Vj. 13,6 Mrd. EUR), was einem Rückgang um 1,8 Mrd. EUR oder 13% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Hier erklärt sich das Minus vor allem durch die Gewinneinbrüche bei der Raiffeisenbank International und der angeschlagenen Pierer Mobility (kumuliert -2,3 Mrd. EUR), wodurch der Rückgang rechnerisch bereits überkompensiert wird. Im Umkehrschluss zeigten die österreichischen Unternehmen in der Breite einen Gewinnanstieg vom Geschäftsjahr 2023 auf 2024. Der kumulierte Umsatz von „Listed Austria“ entspricht rund 30 % (Vorjahr 33 %) des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) 2024 in Höhe von 484 Mrd. EUR, auch wenn man das aufgrund der teils hohen im Ausland erwirtschafteten Umsatzanteile nicht 1:1 der anteiligen Wirtschaftsleistung des Landes zurechnen kann. Die nun 594.000 Mitarbeiter bei börsennotierten österreichischen Unternehmen (die nicht alle im Inland arbeiten), würden auf Basis des Jahres 2024 rund 13 % aller Erwerbstätigen (4,49 Mio.) ausmachen. Es wurden hier nach einem Zuwachs von rund 9.000 Beschäftigten im Jahr 2023 im Betrachtungszeitraum (2024) noch einmal weitere 10.000 neue Jobs geschaffen.

Bilanzverlängerung und Plus beim Eigenkapital

Die Bilanzsumme der börsennotierten Österreich AG, Sinnbild des gesamten Vermögens, stieg um 3,9 % oder 37 Mrd. EUR auf 979 Mrd. EUR. Der „Bilanzverlängerung“ steht beim Eigenkapital mit 163 Mrd. EUR ein fast unveränderter Wert gegenüber. Die so pauschal errechnete, von 17,2 % auf 16,6% verringerte Eigenkapitalquote spiegelt allerdings nicht das wahre Bild wieder. Verantwortlich hierfür wieder die starke Bank- und Versicherungswirtschaft mit traditionell niedrigem Eigenkapital in Relation zur Bilanzsumme.

Fazit

Das ist die börsennotierte Österreich AG: 72 Unternehmen erwirtschafteten im Jahr 2024 mit 594.000 Mitarbeitern einen kumulierten Umsatz von 147 Mrd. EUR sowie einen Jahresüberschuss in Höhe von 11,8 Mrd. EUR. Ihr kumulierter Börsenwert lag Ende des dritten Quartals 2025 bei rund 173 Mrd. EUR. Die Bilanzsumme der 72 börsennotierten österreichischen Gesellschaften (979 Mrd. EUR) nähert sich weiter der Marke von einer Billion EUR, das Eigenkapital zeigt sich mit 163 Mrd. EUR stabil. Trotz der großen Potenziale des Kapitalmarkts für Unternehmensfinanzierung und Altersvorsorge liegt die Marktkapitalisierung der österreichischen Aktienemittenten nur bei rund 36 % des Bruttoinlandsprodukts, was angesichts der Wirtschaftskraft zu niedrig erscheint. Bemerkenswert ist, dass die österreichischen „Börsenunternehmen“ in den Jahren 2023 und 2024 entgegen dem allgemeinen wirtschaftlichen Trend fast 20.000 neue Arbeitsplätze geschaffen haben.

Interview: Steyr Motors-Aktie macht Anleger glücklich

Julian Cassutti; Foto: © Steyr Motors AG

Seit 30. Oktober ist die österreichische Steyr Motors AG (ISIN AT0000A3FW25) im Segment Scale der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet, im März 2025 erfolgte dann das Zweitlisting im direct market plus der Wiener Börse. Das Unternehmen entwickelt und produziert Hochleistungs-Motoren für militärische Spezialfahrzeuge, Boote und Hilfsaggregate für Panzer und Lokomotiven, und ist weltweit aktiv. Aktuell profitiere man stark von der „Super-Konjunktur der Verteidigung“, so CEO Julian Cassutti gegenüber GoingPublic. Noch im Dezember 2024 war die Aktie für unter 14 EUR zu haben (Börsenwert damals rund 70 Mio. EUR), inzwischen notiert sie bei über 50 EUR und kommt – Militärkonjunktur und Defence-Hype sei Dank – auf eine Market Cap von über 270 Mio. EUR.

Steyr Motors erzielte 2024 einen Umsatz von 41,7 Millionen Euro, was einem Zuwachs von 9,2 % entspricht, und steigerte das bereinigte EBIT signifikant auf 10,1 Mio. EUR (EBIT-Marge von 24,3 %), nach 3,6 Mio. EUR im Vorjahr. Das Unternehmen erreichte damit seine Prognosen und baut auf einem Auftragsbestand von fast 200 Mio. EUR bis Ende 2027 auf.

Für das Jahr 2025 stehen ein Umsatzwachstum von über 40 % und eine bereinigte EBIT-Marge von 20 bis 25 % im Raum, dann ohne jede Bereinigung. In Zahlen: Aktionäre dürfen von einem 2025er Umsatz in Höhe von 57 bis 63 Mio. EUR und einem EBIT von 11 bis 16 Mio. EUR ausgehen. Mit dem Listing soll für Steyr die Basis für nachhaltig profitables Wachstum und eine weitere Steigerung des Unternehmenswerts geschaffen werden. Großaktionär Mutares hat im Zuge der gestiegenen Kurse seine Beteiligung deutlich zugunsten institutioneller Investoren und des Streubesitzes reduziert, als ­Cornerstone-Investor mit einem Anteil von 9,9 % ist die bekannte österreichische Industrieholding B&C mit dabei.

Quelle: stock3.com

Autor/Autorin

GoingPublic Media AG

Markus Rieger ist Gründer und Vorstand der GoingPublic Media AG. Als „Brückenbauer“ zwischen Unternehmen und Investoren ist er gelegentlich auch als Autor von Analysen und Beiträgen tätig.