Wer beim mm-Ranking auf dem Treppchen steht, hat sich dies in der Regel durch mehrjähriges zielstrebiges Engagement hart erarbeitet. Der Erfolg ist dann der Lohn für eine Berichterstattung, die eine sehr gute Qualität und Transparenz auszeichnet. Auch in diesem Jahr finden sich auf den ersten Plätzen bei den einzelnen Börsenindizes viele alte Bekannte. Allerdings schafften mit ProSieben Sat.1 Media und MVV Energie gleich zwei Newcomer den Sprung in die Medaillenränge.

Die adidas Group erzielte den Gesamtsieg beim Wettbewerb „Die besten Geschäftsberichte“, den das manager magazin bereits zum 18. Mal veranstaltete. Der Medienkonzern ProSiebenSat.1 Media ist der Champion im MDAX, das Raffinerieunternehmen H&R nahm im SDAX die Spitzenposition ein, der IT-Dienstleister Bechtle siegte im TecDAX. Insgesamt 160 Geschäfts- und Zwischenberichte von 2011 hat das Team der Universität Münster unter Leitung von Prof. Jörg Baetge in gewohnt gründlicher Manier genau unter die Lupe genommen. Die Emittenten mussten sich dafür nicht selbst bewerben. Vielmehr wurden im April 2012 alle Firmen aus dem DAX (30), MDAX (50), SDAX (50) und TecDAX (30) gebeten, ihre Geschäftsberichte von 2011 einzureichen.

Die Jurybewertung spiegelt Zu- oder Abschläge unter Berücksichtigung der Berichtseffizienz wider. Schulnotensystem: 100-75 Punkte: sehr gut; ab 62,5 Punkte: gut; ab 50 Punkte: befriedigend. Quelle: Forschungsteam Baetge

In diesem Jahr gab es bei der Bewertung eine Veränderung. So wurde die Sprache der Reporte nicht mehr als eigenständige Kategorie beurteilt, da sie nach Ansicht des Veranstalters kein Differenzierungspotenzial mehr bot. Nach wie vor ist der Inhalt das wichtigstes Kriterium und macht nunmehr 75% (Vorjahr: 60%) des Gesamturteils aus. Die Gestaltung des Geschäftsberichts floss in dieses Urteil mit 25% (Vorjahr: 20%) ein.

Bewertungsverfahren
Insgesamt 60 Prüfer bewerteten beim award 2012 die Geschäftsberichte 2011 von 160 Unternehmen in Bezug auf Inhalt (75% des Gesamtergebnisses) und Gestaltung (25%). Die inhaltliche Qualität untersuchte ein 40-köpfiges Team um Prof. Baetge von der Universität Münster anhand von über 500 empirischen Prüfkriterien. Alle Reporte der DAX-Konzerne, die inhaltlich zehn besten aus dem MDAX sowie die jeweils fünf besten von SDAX und TecDAX wurden dann hinsichtlich der Gestaltung (80 Prüfkriterien) abgeklopft. Eine Jury mit fünf Kapitalmarktexperten fällte über die besten vier jeder Gruppe ein abschließendes Urteil. Neben der Prägnanz der Berichte und der Glaubwürdigkeit ging es hier um die Berichtseffizienz. Die Fachleute konnten Zu- und Abschläge von bis zu 8 Prozentpunkten vornehmen (siehe Tab. 1/Gesamtbewertung mit und ohne Jury).

Durchschnittliche Gesamtbewertung leicht gefallen.

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die durchschnittliche Gesamtbewertung leicht verschlechtert, vor allem wegen der rückläufigen Qualität der Berichterstattung im Anhang der Reporte. „Wir haben die Checkliste für den Anhang nach IFRS für den diesjährigen Wettbewerb überarbeitet und damit an die aktuellen Regelungen und Angabepflichten nach IFRS sowie an die Informationsbedürfnisse der Adressaten angepasst“, erläutert Professor Jörg Baetge, wissenschaftlicher Leiter des Wettbewerbs.

Ein Problem besteht darin, dass nur wenige Unternehmen schwierige Situationen im Geschäftsbericht transparent und ungeschminkt darstellen. Oftmals werden die Prognose- und Risikoberichte besser, wenn die Konjunkturaussichten gut sind, und sie werden schlechter, wenn die Konjunkturaussichten sich eintrüben. „Seit 2008 sind die Ausführungen zu den erwarteten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen immer umfangreicher geworden, viele Unternehmen verweisen auf die hohe Unsicherheit in der weltwirtschaftlichen Entwicklung“, bestätigt Baetge. „Gleichzeitig wurden die unternehmensbezogenen Prognosen weniger aussagekräftig.“ Um die Unsicherheit bei der Schätzung der künftigen Entwicklung einzugrenzen, empfiehlt Baetge, im Prognosebericht Analysen zu verwenden, bei denen alternative Entwicklungsszenarien der wesentlichen Einflussfaktoren nebeneinander gestellt werden.

Geschäftsbericht adidas 2011

Insgesamt erreichten beim award 2012 die Bestplatzierten nicht ganz das hohe Qualitätsniveau von 2010. Das trifft auch auf Gesamt- und DAX-Sieger adidas zu. Gelobt wurde der Report für die herausragende Aufbereitung der Ertrags- und Vermögenslage sowie die exzellente Darstellungen im Risiko- und Prognosebericht. Mit 81,3% erreichte der Sportartikelkonzern nicht ganz die 83,9% des Vorjahressiegers Deutsche Post DHL, der diesmal bei den DAX-Unternehmen „nur“ den dritten Platz mit 75,9% erreichte. Dieser Trend zur Kontinuität zeigte sich auch beim TecDAX. Hier tauschen die ersten drei von 2011 lediglich die Positionen. In diesem Jahr gewann Bechtle vor Drägerwerk und SolarWorld. Beim SDAX siegte der letztjährige Dritte H&R. Ein Newcomer erreichte den 2. Platz im Gesamtranking: ProSiebenSat.1 Media war zudem Sieger bei den mittelgroßen Unternehmen, obwohl es sich im letzten Jahr nicht unter den besten drei befand. Insgesamt lässt sich jedoch sagen: Der Erfolg beim award ist kein Einjahresprojekt, sondern bedarf eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses über einen längeren Zeitraum. „Es kann manchmal einige Jahre dauern, eine hohe Qualität für den Geschäftsbericht zu erreichen“, bestätigt Baetge.

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