Bildnachweis: Messe München.

Big Pharma braucht Biotech
Im zweiten Panel des Tages „Kooperation & Lizensierung“ stand die Zusammenarbeit zwischen Big Pharma und Biotech im Mittelpunkt. Moderiert von Peter Homberg, Partner bei Dentons Europe LLP, gaben Experten zunächst Einsicht in die Herausforderungen der großen Pharmakonzerne. Die Teilnehmer verwiesen auf das sogenannte „Patent Cliff“, also das Auslaufen von Patenten für „Blockbuster Pharmaceuticals“. Parallel stünden viele Konzerne vor relativ leeren eigenen Entwicklungspipelines. Dadurch steige die Notwendigkeit zu den Ideen-Schmieden kleinerer Biotech-Unternehmen. „Big Pharma braucht Innovationen“, unterstrich Dr. Cord Dohmann, CSO der Evotec AG. „Und diese Innovationen kommen aus der Biotechnologie.“ Auch die Hürden bei der Zulassung von innovativen Medikamenten sowie die Probleme bei der Vergütung wurden genannt. Ein weiteres Thema war die Struktur der Zusammenarbeit zwischen Big Pharma und Biotech. So ist die derzeitige Struktur in der Zusammenarbeit seit einiger Zeit geprägt von einer erhöhten Anzahl von Einlizensierungen im Vergleich zu Akquisitionen. Erwartet wird allerdings, dass Big Pharma möglicherweise in Zukunft wieder mehr auf den Erwerb, also die Akquisition von Technologien oder Unternehmen fokussieren sein wird.

Börsenfenster: Verhaltener Optimismus
Die Suche nach dem passenden Börsenplatzes war Thema des Panels „IPO – where to go“, in dem Moderator Dr. Siegfried Bialojan von EY auch die Frage thematisierte, wie weit das berühmte „Börsenfenster“ noch geöffnet sei. Dr. Jürgen Eck, CEO der Brain AG, welche zu Jahresbeginn ihr Debut an der Frankfurter Börse feiern durfte, brachte es auf den Punkt. Entscheidend sei nicht die Anzahl der Börsengänge. „Wenn ein Unternehmen an die Börse geht, ist das Börsenfenster auf“, so Eck. Er verwies ferner auf das gute Umfeld der Deutschen Börse für IPOs der industriellen Biotechnologie. Isabella Schidrich von der NASDAQ und NYSE-Vertreter Alexandre L. Ibrahim gaben sich optimistisch hinsichtlich weiterer IPO-Kandidaten. „New deals will come to the market“, unterstrich Ibrahim, während Schidrich auf die vielen Einflüsse verwies, die einen Börsengang beeinflussen können: „IPO-Markets depend on many influences, but we are waiting of he growth of economy coming back“, so die Senior Managing Director der NASDAQ. Den meisten Investoren, so die einhellige Meinung der Panel-Vertreter, sei es ohnehin egal, an welchem Ort ein börsennotiertes Unternehmen gelistet ist. Entscheidend sei vielmehr, Investoren und Anleger tatsächlich zu gewinnen. Ein Unternehmen brauche eine starke Equity-Story, unterstrich Curetis-CEO Dr. Oliver Schacht. Dr. Florian Fischer, CFO der Affimed N.V., merkte allerdings eine gewisse Zögerlichkeit europäischer Anleger an. Gerade Unternehmen im frühen Entwicklungsstadium hätten es mitunter schwerer, ein Listing in Europa zu bekommen. In den USA herrsche eher die Meinung vor: „Let’s make it“, so Fischer. Und trotz des Early Stage-Status‘ könne man über einen Börsengang an NASDAQ oder NYSE große Emissionserlöse erzielen. Allerdings sei die Vorbereitung eines IPOs in den USA gerade für ein europäisches Unternehmen deutlich aufwendiger als ein Börsengang in Europa oder Deutschland.

Liebe und Last
Den Abschluss des Finance Day bildete das Panel „Biotech & Börse: Zweckehe oder Elite-Partner?“, moderiert von GoingPublic-Chefredakteur Falko Bozicevic. Zu Beginn gab David Ebsworth von Verona Pharma, gelistet an der Londoner Börse AIM, einen einfachen Rat: „Never list a pre-clinical company!“ Zu groß seien Erwartungen der Anleger und der Druck der Märkte auf ein Unternehmen, welches sich noch in der prä-klinischen Forschungs- und Entwicklungsphase befindet. Dr. Hendrik Liebers, CFO der an der Euronext notierten Probiodrug AG stellte fest, dass Innovationen ihren Preis hätten: „Innovationen gibt es nicht zum penny-stock“, so Liebers. Mit dem Erlös eines Börsengangs müssen sich auch disruptive Geschäftsmodelle finanzieren lassen. „Und nicht nur der x-beliebige Antikörper“, meinte der Probiodrug-CFO nicht ohne Augenzwinkern. Der EU-weiten Neuregelung zur Abschaffung der Quartalsberichterstattung für börsennotierte Unternehmen maßen die Panelteilnehmer hingegen kaum Gewicht zu. Schon allein für die interne Revision sei es wichtig, quartalsweise zu berichten. Um das Vertrauen der Anleger zu gewinnen, sei es vielmehr notwendig, dass auch das Management über die Börse in das eigene Unternehmen investiert, so Verona-Vertreter Ebsworth. Harald Schwarz, Healthcare Investment Advisor der Medical Strategy GmbH, hob schließlich die Rolle der Zulassungsbehörden hervor. Eine allzu restriktive Politik beispielsweise der US-Behörde FDA in den vergangenen Jahren, könne die Aussicht auf Börsengänge schmälern oder Aktienkurse drücken. Aktuell sei das allerdings nicht der Fall, so dass IPOs auch für Unternehmen mit Studien in der klinischen Phase II durchaus lukrativ erscheinen.

"Biotech & Börse - Zweckehe oder Elite-Partner?" Dieser Frage ging GoingPublic-Chefredakteur Falko Bizicevic mit seinen Panelgästen auf den Grund. GoingPublic Media AG
„Biotech & Börse – Zweckehe oder Elite-Partner?“ Dieser Frage ging GoingPublic-Chefredakteur Falko Bizicevic mit seinen Panelgästen auf den Grund. GoingPublic Media AG

Bedeutung der Gen-Forschung
Erfolgreich verlief auch der Thementag „Personalisierte Medizin“ zum Abschluss der analytica am Freitag. Auch hier lauschten erneut rund 500 interessierte Besucher den Themen der Vortragenden und Panels. Zu Beginn blickte Prof. Theodor Dingermann von der Goethe-Universität Frankfurt am Main auf die Entwicklung des Humangenoms vor 15 Jahren zurück. Er betonte die Möglichkeiten zur Heilung von Krankheiten, die mit diesem Fortschritt verbunden sind, warnte aber auch vor Fehlern in der Kommunikation, die bei vielen Menschen Argwohn erzeugt hätten. „Wilde Prognosen haben den Glauben an die Bedeutung erschüttert“, so Dingermann. Auch betonte er das Potenzial der Gen-Forschung in der Gesundheitsvorsorge. Folglich sollten Forschungsergebnisse nicht erst im akuten Krankheitsfall angewendet werden. Es könnten mehr Kosten gespart werden, wenn Maßnahmen der personalisierten Medizin schon im Vorfeld zur Anwendung kommen. Gleichzeitig verwies Dingermann auf die Bedeutung von Big Data-Lösungen. Er zeigte sich überzeugt, dass sich der klinische Output im Zuge der weiteren Erforschung des menschlichen Genoms deutlich vergrößern werde. Folglich werden sich die Lebensraten von Betroffenen spürbar erhöhen. Bestehende Wissenslücken bei Ärzten und Medizinern würden sich allerdings erst in der kommenden Generation beheben lassen.