16. Biotech Press-Lounge im IZB

Bildnachweis: IZB.

Die Biotech Press Lounge des Innovations- und Gründerzentrums für Biotechnologie (IZB) hat sich mittlerweile als ein beliebtes Netzwerktreffen für Multiplikatoren aus der Biotech-, Pharma- und Venture Capital-Branche sowie Journalisten etabliert: Am 16. März trafen sich rund 70 Gäste im IZB Faculty Club G2B (Gateway to Biotech) zu drei Impulsvorträgen und anschließendem Austausch.

Dr. Karl Nägler vom Münchner VC Wellington Partners stellte Thesen über die Arzneimitteltherapien der Zukunft auf. Dr. Daniel Reichart von der Harvard Medical School präsentierte den Atlas für menschliche Herzzellen, auf dessen Basis zukünftig personalisierte Therapien für Herzkrankheiten entwickelt werden können. Das IZB-Start-up 4Gene berichtete über seine Plattform-Technologie zur Herstellung veredelter Moleküle, die die Welt verändern könnten.  Moderiert wurde die Veranstaltung von Anouschka Horn vom Bayerischen Fernsehen.

Digitalisierung: Rational und Effizient

Im ersten Vortrag des Events warf Dr. Karl Nägler, Managing Partner bei Wellington Partners, einen Blick in die Zukunft der Arzneimitteltherapie, Stand 2043. Basierend auf der Beobachtung, dass technologische Disruptionen häufig antizipierbar sind, wenn man einen Blick auf die Trends und Bedürfnisse der Gegenwart wirft, stellte Nägler verschiedene Thesen auf. Um Krankheiten heilen zu können, würden therapeutische Modalitäten zukünftig immer komplexer, intelligenter und individualisierbarer. Die Digitalisierung würde Drug Discovery und Development rationaler und damit effizienter machen, sodass eine größere Anzahl neuer Medikamente schneller und zu niedrigeren Kosten auf den Markt kommen könnte.

Auch die Prävention verzeichne eine steigende Bedeutung und könnte zukünftig nicht nur zu einer frühen Diagnose, sondern auch zu präventiven Eingriffen führen. „Basierend auf diesen Annahmen, halte ich Gentherapien, insbesondere das Gene Editing, für eine Schlüsseltechnologie der Zukunft. Das setzt Technologien voraus, die noch sicherer sind als heute, und deren Ergebnisse sich vollständig vorhersagen lassen. Einige solcher Technologien sind bereits in der frühen Entwicklung, auch unterstützt von Wellington Partners, und werden zu einem Paradigmenwechsel in der Arzneimitteltherapie führen.“

Ansätze in der kardiovaskulären Medizin

Thematisch daran anknüpfend, präsentierte Dr. Daniel Reichart, Postdoctoral Fellow Department of Genetic Harvard Medical School und XTransplant Consultant, in seinem Vortrag im IZB neue diagnostische und therapeutische Ansätze in der kardiovaskulären Medizin. Ein menschliches Herz schlägt täglich rund 100.000-mal, es kann sich dabei an erhöhte Intensitäten adaptieren – wie zum Beispiel während des Sports –, um danach wieder in einen Ruhezustand zurückzukehren. Dafür ist eine perfekte Choreografie verschiedener, sehr spezifischer Herzmuskelzellen nötig, die miteinander abgestimmt arbeiten und kommunizieren.

Das Projekt „Human Heart Cell Atlas“ zeigt hier nun mit Hilfe der Einzelzell- und Einzelnukleus-RNA-Sequenzierung eine – zuvor unbekannte – zelluläre und molekulare Vielfalt des menschlichen Herzens auf. Die dabei erreichte hohe Sensitivität ermöglicht eine genaue Charakterisierung der Genaktivität jedes einzelnen Herzzelltyps und derer Subtypen – was wiederum hilft zu verstehen, wie eine lebenslange Leistungsfähigkeit des Herzens erreicht wird und wie sich dieses Zusammenspiel während einer Erkrankung unterscheidet. „Letztendlich können diese grundlegenden Erkenntnisse in der Zukunft zu maßgeschneiderten Therapien führen und damit eine personalisierte Medizin für Herzkrankheiten schaffen, die für jeden Patienten und jede Patientin die Wirksamkeit der Behandlung verbessert“, so Reichart.

Plattform-Technologie für „Improved Molecules“

Heimo Adamski, Geschäftsführender Gesellschafter der 4GENE GmbH, sprach in seinem Vortrag über eine neue Plattform-Technologie für „Improved Molecules“. Die Wasserlöslichkeit von pharmazeutischen Wirkstoffen stellt oft eine große Hürde in der Darreichungsform von Medikamenten dar. Daher werden sie als Tabletten angeboten und sind insbesondere bei der Einnahme durch Patienten mit Schluckstörungen (Dysphagie) ein Problem.

Die von 4GENE entwickelte Technologie-Plattform für die Glykosylierung von kleinen Molekülen will hier Abhilfe schaffen und verbessert die Wasserlöslichkeit von aktiven Wirkstoffen um das bis zu 5.000-fache. Dies ermöglich andere Darreichungsformen von Medikamenten und verbessert das Patientenwohl. Neben dem Einsatz der Glykosylierung im pharmazeutischen Umfeld eignet sich die Technologie auch für den Einsatz bei Duft- und Aromastoffen in der Kosmetik, bei Lebensmitteln und selbst für industrielle Anwendungen. „Am Ende zählt beim Kunden wie immer der Preis und wir sind stolz, nicht nur die technische Machbarkeit zu demonstrieren, sondern auch eine wirtschaftliche Produktion der Glykoside für unsere Kunden realisieren zu können“, sagte Adamski, und erläuterte den Einsatz der Technologie in den unterschiedlichen Marktsegmenten anhand vieler praxisnaher Beispiele.

Autor/Autorin

Holger Garbs ist seit 2008 als Redakteur für die GoingPublic Media AG tätig. Er schreibt für die Plattform Life Sciences und die Unternehmeredition.