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In einer zunehmend digitalen und vernetzten Welt wird der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) für Unternehmen immer wichtiger, um wettbewerbsfähig zu bleiben und ihre Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten. Auch im Umfeld der Hauptversammlung entwickelt sich KI immer mehr zu einem Thema, an dem kein Weg vorbeiführt. Richtig eingesetzt kann sie insbesondere das Backoffice entlasten und zur Straffung der Abläufe beitragen.
Hauptversammlungen als ein zentrales Element der Unternehmensführung und Plattform für den Dialog zwischen dem Management und den Aktionären bieten ein ideales Einsatzfeld für die KI-Technologie. Traditionell sind diese Versammlungen durch umfangreiche Vorbereitungen und einen intensiven Austausch gekennzeichnet, insbesondere im Rahmen der Generaldebatte, die es den Aktionären erlaubt, ihre Anliegen und Fragen zu adressieren.
Mit der Einführung von KI-Technologien in den Frage-Antwort-Prozess eröffnen sich neue Möglichkeiten, diesen Austausch zu optimieren. KI ist in der Lage, große Mengen an Daten schnell und präzise zu verarbeiten, was besonders in der dynamischen Umgebung einer Hauptversammlung von Vorteil ist. Durch den Einsatz von KI können Unternehmen somit nicht nur die Geschwindigkeit des gesamten Q&A-Prozesses steigern, sondern auch die Qualität der Interaktion mit ihren Aktionären nachhaltig fördern.
Konkrete Anwendungsfälle
Bei einer Analyse der Prozesskette der Generaldebatte kristallisieren sich schnell diejenigen Schritte heraus, bei welchen ein Einsatz von künstlicher Intelligenz besonders sinnvoll scheint.
Während die Fragenerfassung, also die Transkription und damit verbunden die Identifikation sowie die korrekte und vollständige Herauslösung von Fragen aus dem gesprochenen Wort noch kein Einsatzfeld ist, in dem künstliche Intelligenz zuverlässig und rechtssicher unterstützen kann, fällt die Beurteilung der KI-basierten Unterstützung der Fachexperten im Backoffice deutlich positiver aus. Das gewohnte Vorgehen, nach welchem Aktionärsfragen auf Emittentenseite zur Bearbeitung an die jeweiligen Fachexperten weitergegeben werden, bleibt hierbei unverändert. Die Stärken der künstlichen Intelligenz zeigen sich bei der Fragenbeantwortung.
Aber nicht alle Unternehmen wagen bereits heute den vollständigen Schritt hin zur Nutzung von künstlicher Intelligenz. Emittenten, die sich dem Thema langsam annähern möchten, können durch KI-gestützte Hilfestellung die von den Experten auf herkömmliche Weise verfassten Antworten überarbeiten lassen, um Einheitlichkeit in Erscheinungsbild und Sprachstil zu gewährleisten. Somit wird verhindert, dass sich Antworten aus verschiedenen Ressorts und Abteilungen zu stark unterscheiden und sprachliche Qualitätsunterschiede entstehen. In dieselbe Kerbe schlägt eine Funktionalität, die es erlaubt, aus dem Namen des Aktionärs und seiner bereits im System befindlichen Frage automatisch einen Vorspann zu generieren, der es den Bühnenmitgliedern ermöglicht, die Fragensteller einheitlich anzusprechen und die vorbereitete Antwort einzuleiten.
Durch den Einsatz von KI können Unternehmen nicht nur die Geschwindigkeit des gesamten Q&A-Prozesses steigern, sondern auch die Qualität der Interaktion mit ihren Aktionären nachhaltig fördern.
Weit über diese stilistischen Anpassungen hinaus geht jedoch eine ganz andere Funktionalität: So ist die künstliche Intelligenz mittlerweile in der Lage, Antwortvorschläge auf im System erfasste Fragen bei Bedarf eigenständig zu generieren. Dies funktioniert mithilfe einer KI-unterstützten, effizienten Datensuche und Analyse in umfangreichen Datenbanken in Kombination mit KI-Sprachmodellen. Hierfür ist es im Vorfeld der Hauptversammlung erforderlich, vorbereitete Dokumente in die KI-Datenbank des Q&A-Systems hochzuladen und die künstliche Intelligenz gezielt mit diesem Wissen zu „füttern“.
Dasselbe gilt für hauseigene KI-Lösungen der Emittenten, die per Schnittstelle an das Q&A-System angebunden werden. Generell empfiehlt sich dafür die Verwendung von öffentlich verfügbaren Dokumenten, z.B. von Geschäfts- und Vergütungsberichten; es ist aber auch möglich, allgemeine Antwortkataloge, etwa aus Vorjahres-HVs, oder anderweitig vorbereitete Antworten in das System einzuspeisen. Bei der Antwortgenerierung ist es dann empfehlenswert, die Suche auf genau diese Dokumente einzuschränken und im Internet verfügbare Quellen auszuschließen, um präzise Vorschläge zu erhalten, die dann von hierfür verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kontrolliert und freigegeben werden.
Von entscheidender Bedeutung zur erfolgreichen Nutzung dieser Funktion ist das Beherrschen der Kunst des Promptings, welches – vorkonfiguriert im System – entscheidenden Einfluss auf die Qualität und somit die Brauchbarkeit der von der KI gelieferten Ergebnisse hat. Die Endanwender im Backoffice können auf Wunsch durch einfaches „Nachprompten“ Resultate anpassen und weiter verfeinern.
Vorteile und Nutzen
Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz können sich die Wartezeiten von Vorständen und Aufsichtsräten auf die Antworten aus dem Backoffice drastisch verkürzen. Verarbeitungsprozesse werden optimiert und sorgen somit für einen schnelleren Ablauf der Generaldebatte.
Dieser Zeitgewinn geht einher mit einer spürbaren Entlastung der mit dem Q&A-Prozess betrauten Mitarbeiter. Diese können sich auf die besonders anspruchsvollen Fragen konzentrieren, auf die Kontrolle der KI-Vorschläge sowie auf solche Fragen, für welche die künstliche Intelligenz keine passende Antwort parat hat. Akzeptanz kann der KI-Einsatz im Frage-Antwort-Prozess allerdings nur dann finden, wenn die Funktionalität nahtlos in den bestehenden Prozess und vollständig in das verwendete Q&A-System integriert ist. Nur so können die Vorteile auf Emittentenseite vollständig ausgeschöpft und entsprechender Mehrwert generiert werden.
Auch Aktionäre profitieren von der Zeitersparnis: Langwierige Pausen während der Hauptversammlung können auf ein Minimum reduziert und zum Teil unnötige Unterbrechungen gänzlich vermieden werden. KI kann also dazu beitragen, das „Erlebnis Hauptversammlung“ lebendiger und kurzweiliger zu gestalten.
Fazit
Wird der Einsatz künstlicher Intelligenz das umfangreiche Backoffice mit all seinen Fachexperten, wie wir es heute kennen, also obsolet machen? Eher nicht. Auch wenn sich die Anzahl der am Q&A-Prozess beteiligten Personen perspektivisch verringern wird – spezifisches Fach- und Organisationswissen, von menschlichen Akteuren zielgerichtet eingesetzt, lässt sich durch KI nicht gänzlich ersetzen. Zukünftig jedenfalls wird die Qualität der durch KI generierten Ergebnisse weiter zunehmen und sich die Zahl der Einsatzfelder deutlich erhöhen, sodass der Siegeszug der künstlichen Intelligenz – sinnvoll eingesetzt – auch im HV-Kontext nicht aufzuhalten sein wird.