Gewährleistungsversicherungen weiter auf dem Vormarsch
Der Trend zu Gewährleistungsversicherungen, die Käufern zusätzlichen Schutz bieten können, hat sich zuletzt verstärkt. Vor allem bei Private-Equity-Verkäufen ist eine sog. „Stapled Insurance“, die der Verkäufer vorbereitet und der Käufer zusammen mit dem Kaufvertrag abschließt, mittlerweile üblich. Verkäufer bieten dann im M&A-Vertrag meist operative Gewährleistungen an, die versichert werden können, beschränken aber ihre eigene Haftung, z.B. auf einen Betrag von 1% des Unternehmenswerts, der sich oft mit dem Selbstbehalt der Versicherung deckt, oder sogar auf einen nur symbolischen Haftungsbetrag von einem Euro. Die Kosten einer Versicherung liegen üblicherweise bei 1 bis 3% der Versicherungssumme. Für Käufer kann dieses Modell durchaus attraktiv sein, vor allem wenn es ihnen nicht gelingt, Risiken einzupreisen, oder sie sich beim Verkäufer einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Bietern verschaffen wollen. Je mehr Bieter allerdings eine Versicherungslösung akzeptieren, desto eher sind auch andere gezwungen, sich darauf einzulassen.

Auch mit Gewährleistungsversicherungen nur eingeschränkter Schutz
Gewährleistungsversicherungen bieten allerdings auch nur eingeschränkten Schutz und sind für Käufer mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Die Police muss mit dem M&A-Vertrag abgestimmt werden und enthält typischerweise zahlreiche Ausschlüsse, die oft über den Kaufvertrag hinausgehen. Identifizierte Risiken sind ebenfalls ausgenommen, können aber u.U. gegen eine Zusatzgebühr versichert werden. Keinen Schutz bieten Gewährleistungsversicherungen außerdem für Entwicklungen zwischen Signing und Closing. Unter der Versicherungspolice muss der Käufer nämlich beim Closing versichern, dass ihm keine nach Signing eingetretenen Umstände bekannt sind, die zur Verletzung einer Gewährleistung beim Closing führen würden. Existieren solche Umstände, ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen. Außerdem ist auch bei Abschluss einer Gewährleistungsversicherung eine intensive Due Diligence durch den Käufer essenziell, weil der Versicherer deren Qualität akribisch prüft und bei der Preisgestaltung berücksichtigt.

Fazit
Solange der deutsche M&A-Markt stabil bleibt, dürften M&A-Verträge hierzulande weiterhin sehr verkäuferfreundlich bleiben. Die weitere Marktentwicklung bleibt allerdings abzuwarten, vor allem im Hinblick auf das Zinsniveau, einen möglichen „Brexit“, den chinesischen Kapitalmarkt und die aktuelle politische Unsicherheit in Europa angesichts der Flüchtlingskrise. Ob sich Gewährleistungsversicherungen endgültig durchsetzen werden, wird maßgeblich auch davon abhängen, wie sich Versicherer bei der Schadensregulierung verhalten, wenn Versicherungsnehmer erstmals Ansprüche in größerem Umfang geltend machen.

Zum Autor:

Dr. Andreas Hoger, LL.M. (Harvard), ist Partner bei Hengeler Mueller Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB in Frankfurt. Er ist spezialisiert auf die Beratung bei M&A-Transaktionen und im Gesellschaftsrecht.

Der Artikel erschien zuerst im GoingPublic Magazin 4-2016, das Sie auch als E-Paper lesen können.

 

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