Dr. Andreas Hoger, Hengeler Mueller
Dr. Andreas Hoger, Hengeler Mueller

Der deutsche M&A-Markt befindet sich derzeit auf einem stabilen Niveau. Vor allem bei großen M&A-Transaktionen dominieren kompetitive Bieterverfahren, wie zuletzt etwa beim Verkauf der EEW-Gruppe durch EQT. Finanzierungen sind weiterhin extrem günstig und der Investitionsdruck bei Investoren ist hoch. 

Die aktuellen Rahmenbedingungen auf dem deutschen M&A-Markt haben den Wettbewerb um attraktive Kaufobjekte verschärft. Verkäufern gelingt es so zunehmend, Transaktionsrisiken in sehr verkäuferfreundlichen M&A-Verträgen weitgehend auf Käufer abzuwälzen.

Locked-Box-Mechanismen Standards bei Private-Equity-Verkäufen
In vielen Transaktionen am deutschen Markt übertragen Verkäufer das Kaufobjekt wirtschaftlich mit Wirkung zu einem zurückliegenden Stichtag, zu dem ein fester Kaufpreis bestimmt wird und ab dem der Käufer das volle Risiko trägt („Locked Box“). Bei Private-Equity-Verkäufen ist dies der Regelfall, aber auch strategische Verkäufer wählen diesen Mechanismus immer häufiger. Der Stichtag liegt heute oft länger zurück als früher; Zeiträume von sechs Monaten oder mehr vor Vertragsschluss sind nicht mehr unüblich. Dies zwingt Käufer dazu, die Geschäftsentwicklung ab dem Stichtag einzupreisen. Flankierende Schutzmechanismen zugunsten des Käufers, d.h. typischerweise eine Gewährleistung des Verkäufers für den Stichtagsabschluss, Regelungen zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen und ein Verbot von Vermögensabflüssen an den Verkäufer nach dem Stichtag, sind aber weiterhin Marktstandard.Locked-Box-Mechanismen Standard bei Private-Equity-Verkäufen

Kartellfreigaberisiko oft allein beim Käufer
Das Kartellfreigaberisiko trägt der Käufer in M&A-Verträgen aktuell oft vollständig. Meist muss er auch Veräußerungsauflagen akzeptieren, wenn die Kartellbehörden die Freigabe andernfalls versagen würden (sog. „hell or high water“-Klausel). Solche Regelungen können unterschiedlich strikt ausgestaltet sein, etwa im Hinblick darauf, ob der Käufer Auflagen nur für das Kaufobjekt oder auch für sein eigenes Geschäft akzeptieren muss oder ob die Verpflichtung nur bis zu einer bestimmten Wertgrenze greift. Vor allem Finanzinvestoren sind aber häufig bereit, das Kartellfreigaberisiko vollständig zu tragen, wenn ihre Portfoliogesellschaften kein überlappendes Geschäft mit dem Kaufobjekt haben. Nicht selten können Verkäufer auch eine Vertragsstrafe durchsetzen, die ein Käufer zahlen muss, wenn die Kartellfreigabe ausbleibt. Die Strafe kann beträchtlich sein – in manchen Fällen bis zu 10% des Unternehmenswerts. Meist liegt sie aber eher im Bereich von
1 bis 5%. Käufer können sich hiergegen nur durch eine sorgfältige Wettbewerbsanalyse absichern.

Umfangreiche Verkäufergewährleistungen und Freistellungen seltener
Käufern gelingt es zunehmend seltener, in M&A-Verträgen umfangreiche Gewährleistungen und Freistellungen durchzusetzen. Gewährleistungskataloge sind oft kurz und beschränkt auf Anteilseigentum und Bilanzgarantie. Generalklauselartige Gewährleistungen finden sich kaum noch. Hinzu kommen weite Haftungsausschlüsse für offen gelegte Umstände, hohe Schwellenwerte und niedrige Haftungsgrenzen. Verkäufer können oft auch Freistellungsverpflichtungen für bekannte Risiken abwehren. Für Käufer ist deshalb eine intensive Due Diligence vor Vertragsschluss noch wichtiger. In kompetitiven Verfahren mit kurzen Fristen und anderen Beschränkungen sind einer solchen Due Diligence aber regelmäßig Grenzen gesetzt.