Ein Einzelfall ist das nicht

In der Produktkommunikation gehört das „Du“ den Schweden. Quelle: IKEA
In der Produktkommunikation gehört das „Du“ den Schweden. Quelle: IKEA

Und unwichtige Wortklauberei schon gar nicht. Im Gegenteil: Bei Schlüsselaussagen geht es um Nuancen. So ist es ein relevanter Unterschied, ob der Telekom-Chef als Ziel („Strategie“) für sein Unternehmen formuliert „Wir wollen führender Telekommunikations-Anbieter in Europa werden“ (Website) oder „Wir wollen der führende Telekommunikationsanbieter in Europa sein“ (Geschäftsbericht). Aus Letzterem lässt sich herauslesen, dass die Telekom diese Position bereits heute für sich beansprucht.

Ein übersichtlich aufbereitetes und gut gepflegtes Corporate-Language-Handbuch kann hier wirksam Abhilfe schaffen. Und unter Zuhilfenahme eines Unternehmenswörterbuchs hätte der Lektor der Website wahrscheinlich auch schnell entdeckt, dass sich das Bonner Unternehmen als Telekommunikationsanbieter (ohne Bindestrich) beschrieben sieht.

Der Aufwand, eine Corporate Language zu schaffen, ist überschaubar; der Nutzen ist hoch: Unternehmen schärfen mit einer eigenen Sprache ihr Profil und ihre Botschaften. Sie werden besser gehört und schneller wiedererkannt. Der Aufwand der Texterstellung reduziert sich und die Textqualität steigt. Missverständnisse werden vermieden und die Glaubwürdigkeit wächst.

Wie bringt man einem Unternehmen das einheitliche Sprechen bei?

Im Grunde ist der Weg zur Corporate Language einfach: Man startet mit der Analyse der bestehenden Unternehmenstexte. Gleichzeitig sieht man sich die Texte der Wettbewerber an. Im zweiten Schritt legt man fest, welche zentralen Werte des Unternehmens die Sprache künftig transportieren soll. Anschließend werden die vereinbarten Werte in sprachliche Transportmittel überführt: Schreibregeln, Formulierungen, Angaben zur Tonalität. Dabei entsteht eine Sammlung von Textbausteinen, auf die die Verfasser bei Bedarf zurückgreifen.

Unternehmen kommunizieren heute mehr und über eine steigende Zahl an Kanälen. Mit einem guten Sprachmanagement können sie diese Aufgaben ausgezeichnet lösen.

Gut zu wissen, damit Corporate Language klappt:

  1. Sie ist Chefsache: Ein einheitlicher Sprachauftritt entsteht nur mit einem klaren Bekenntnis der Unternehmensführung.
  2. Sie entsteht durch Teamwork: Bei der Entwicklung der Sprache werden alle relevanten Unternehmensbereiche einbezogen.
  3. Sie wird für die Praxis entwickelt: Die sprachlichen Vereinbarungen sind verständlich und für alle Nutzer gut anwendbar.
  4. Sie bedarf der Pflege: So wie das Unternehmen entwickelt sich auch seine Sprache weiter. Regelmäßige Checks und Trainings halten die Sprachregelungen aktuell.
Dr, Matthias Bextermöller und Alexandra Grobe.
Die Gastautoren Dr. Matthias Bextermöller und Alexandra Grobe.

Matthias Bextermöller ist Sprachwissenschaftler und diplomierter Kaufmann, Alexandra Grobe besitzt ein Diplom in internationaler Fachkommunikation. Gemeinsam bauen sie in der Hamburger Berichtsmanufaktur ein Text- und Sprachmanagement-Angebot für Unternehmen auf.

 

 

Der Artikel ist eine Vorabveröffentlichung aus der GoingPublic-Specialausgabe „Geschäftsberichte & Trends 2017.“

 

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