Unter Einbeziehung von Beispielen aus der Praxis haben EY und das Deutsche Aktieninstitut (DAI) einen Leitfaden zur Implementierung von Mitarbeiteraktienprogrammen entwickelt. Gordon Rösch und Dr. Franz-Josef Leven über Herausforderungen und die Wege zum Erfolg. 

Welche Ziele verfolgen Unternehmen bei der Einführung von Mitarbeiteraktienprogrammen?                                             

Leven: Ein wichtiges Ziel ist es, eine stärkere Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen zu erreichen. Mit der Beteiligung am Aktienkapital profitieren die Mitarbeiter unmittelbar an einer positiven Geschäftsentwicklung und haben damit einen Anreiz, sich hierfür in ihrem persönlichen Arbeitsgebiet noch stärker einzusetzen. Darüber hinaus wollen viele Unternehmen die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen stärken und damit die Personalfluktuation senken. Dies kann durch die spezielle Ausgestaltung des Programms erreicht werden. Dazu gehört etwa das Gewähren kostenloser Aktien, sogenannter Matching-Aktien, nach einer bestimmten Haltefrist.

Welche Phasen sind bei der Einführung solcher Programme zu berücksichtigen und wie schätzen Sie den Zeitaufwand ein?


Rösch:
Für die Einführung von Mitarbeiteraktien in Deutschland sind drei bis sechs Monate realistisch, bei internationalem Roll-out entsprechend mehr. Dabei sind die Phasen Planung, Gestaltung, Compliance, Kommunikation und Administration wichtig. Das gilt sowohl für die Implementierung als auch für den Erfolg des Programms selbst. Die Phasen sind nicht zwingend als Abfolge zu verstehen, sondern laufen teilweise parallel. Beispielsweise sollten schon in der Planungs- und Gestaltungsphase die Compliance und Administration des Programms mitbedacht werden.

Welche übergeordneten Aspekte sind entscheidend für den Erfolg?

Rösch: Alle betroffenen Teams im Unternehmen sollten mit einbezogen werden. Dazu gehören je nach Organisation insbesondere HR, Compensation & Benefit, Betriebsrat, Marketing und Investor Relations sowie IT, Steuern, Bilanzierung, Recht, Datenschutz, Treasury und Payroll. Wesentliche Eckpunkte für die Attraktivität eines Mitarbeiteraktienprogramms sind der angebotene Rabatt beziehungsweise Discount, die Haltefrist der Aktien sowie die Gewährung potenzieller Matching-Aktien. Daneben sind vor allem die Leaver-Regelungen und der Umgang mit Dividenden auch für die fortlaufende Handhabung entscheidend. Discounts bewegen sich häufig zwischen 20 und 40 Prozent. Sofern Matching-Aktien angeboten werden, ist das Verhältnis „eine für drei“ nach drei Jahren Haltefrist eine marktgängige Größe.

Wie kann sich das Unternehmen die für die Ausgabe an Mitarbeiter vorgesehenen Aktien beschaffen?

Leven: In der Regel werden zwei Wege gegangen: die Kapitalerhöhung oder der Aktienrückkauf. Die erforderlichen Beschlüsse und eine etwaige HV-Ermächtigung sind rechtzeitig einzusteuern. Bei der Kapitalerhöhung wird das Eigenkapital gestärkt. Außerdem muss das Unternehmen keine eigenen Finanzmittel für den Erwerb der Aktien einsetzen. Trotzdem beschaffen sich viele Unternehmen ihre Aktien direkt über einen Rückkauf am Markt. Der Vorteil dieser Lösung war lange Zeit, dass die Differenz aus Rückkaufpreis und Ausgabepreis steuerlich als Betriebsausgabe geltend gemacht werden kann. Leider ist diese Praxis umstritten und wird fallweise nach Diskussion mit dem Betriebsprüfer entschieden. Dies führt zu einer großen Unsicherheit bei den Unternehmen. Deshalb ist es wichtig, dass die neue Regierung möglichst schnell klarstellt, dass ein Betriebsausgabenabzug steuerrechtlich möglich ist.