Keine gesonderte Versammlung der Vorzugsaktionäre

Sofern Vorzugsaktien ausgegeben sind, kann in der AG zusätzlich zur HV eine gesonderte Versammlung der Vorzugsaktionäre erforderlich sein, wenn deren besondere Vorzugsrechte betroffen sind. Sowohl deren Einberufung – meist direkt im Anschluss an die HV und ohne konkrete Uhrzeit – als auch die theoretisch denkbare Möglichkeit eines Antrags auf Ausschluss der Stammaktionäre und schließlich die Notwendigkeit des erneuten Vortrags sämtlicher Versammlungsformalia machen die gesonderte Versammlung zumindest etwas unangenehm und wenig elegant. Bei der SE können evtl. besondere Beschlüsse der Vorzugsaktionäre in der ordentlichen HV gefasst werden, vgl. Art. 60 Abs. 1 SEVO, o.g. Fallstricke entstehen nicht.

Keine Vorbesitzzeit für Ergänzungsverlangen

Für Ergänzungsverlangen besteht eine Erleichterung gegenüber dem Aktiengesetz: Die sog. Vorbesitzzeit von 90 Tagen vor Zugang des Verlangens bei der Gesellschaft gemäß § 122 Abs. 1 S. 3 AktG gilt nicht, es können also auch Aktionäre, die erst kürzlich den Mindestbesitzanteil erworben haben, ein fristgerechtes Ergänzungsverlangen stellen und die Tagesordnung erweitern.

Versammlungsleiter der SE-HV

Ebenso wie das AktG enthalten weder SEVO noch SEAG ausdrückliche Bestimmungen zur Person des Versammlungsleiters der HV. Insofern ergibt sich bei der dualistisch verfassten SE auch kein Unterschied zur AG – auf Satzungsgrundlage ist regelmäßig der Aufsichtsratsvorsitzende auch Versammlungsleiter. Bei der monistisch verfassten SE wird allerdings vertreten, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats und auch die geschäftsführenden Direktoren aus Neutralitätsgründen von der Versammlungsleitung ausgeschlossen sein sollen. Zulässig und sinnvoll ist hier eine Satzungsregelung, die die Befugnis zur Bestimmung des (externen) Versammlungsleiters auf den Verwaltungsrat überträgt.

Satzungsänderungen und Folgewirkungen

An sich sieht Art. 59 Abs. 1 SEVO für Satzungsänderungen lediglich eine Zweidrittelmehrheit vor. Jedoch liegt in § 179 Abs. 2 S. 1 AktG eine zulässige Erschwerung, sodass auch für die SE prinzipiell Satzungsänderungen der Dreiviertelkapitalmehrheit bedürfen. Allerdings kann das Mehrheitserfordernis auch durch die Satzung abgesenkt werden. Voraussetzungen dafür sind, dass weder der Gesellschaftszweck geändert oder der Sitz verlegt wird noch eine qualifizierte Kapitalmehrheit gesetzlich erforderlich ist. Zudem bedarf es einer gültigen Beschlussfassung eines Quorums, d.h. mindestens die Hälfte des Grundkapitals muss gem. § 51 SEAG bei der Beschlussfassung vertreten sein. Es sind somit Satzungsgestaltungen möglich, die denjenigen der AG durchaus entsprechen.

Ob aufgrund des prinzipiellen Zweidrittelmehrheitserfordernisses des Art. 59 Abs. 1 SEVO bei Satzungsänderungen nicht börsennotierter SE die notarielle Protokollierung entfallen kann, vgl. insofern § 130 Abs. 1 S. 3 AktG, scheint schon aufgrund der gesetzlichen Erschwerung zur Dreiviertelmehrheit fraglich. In den meisten Fällen dürften ohnehin weitere Erschwerungen hinzutreten, sodass hier von der notariellen Niederschrift nicht abgesehen werden sollte.

Fazit

Für die dualistisch verfasste SE ergeben sich bei Vorbereitung und Durchführung der HV nur wenige Unterschiede zur AG. Bei der entsprechend des „one-tier system“ verfassten monistischen SE bestehen Besonderheiten, die sich in der Praxis bislang als gut beherrschbar.

 

Die Autorin Claudia Schneckenburger ist Vorstand der HCE Haubrok AG. Mailkontakt: cs@hce.de

 

 

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