Nachhaltigkeit gewinnt im Bühnen- und Veranstaltungsbau zunehmend an Bedeutung und entwickelt sich immer stärker zu einem zentralen ESG-Treiber. Wo früher reine Funktionalität im Vordergrund stand, werden heute auch ökologische Wirkung, Ressourceneffizienz und soziale Verantwortung zu sichtbaren Bestandteilen des Gesamtkonzepts. Dieser Beitrag zeigt auf, wie sich diese Ansätze in der Praxis umsetzen lassen, auf welche Herausforderungen man dabei wiederholt trifft und welche Erfahrungen aus wiederkehrenden Projekten gewonnen wurden. Dieser Artikel ist im HV Magazin 4/25 erschienen.

Im Bühnenbau bedeutet Nachhaltigkeit heute weit mehr, als nur einzelne Materialien bewusster zu wählen. Im Sinne der ESG-Kriterien geht es darum, ökologische, soziale und organisatorische Verantwortung im gesamten Projektprozess mitzudenken, von der Planung bis zur Logistik. Gleichzeitig erwarten Auftraggeber und Publikum eine hochwertige Gestaltung und zuverlässige Abläufe. Die Herausforderung besteht darin, einen Weg zu finden, der kreative Ansprüche erfüllt und zugleich Verantwortung für Materialeinsatz und Transportwege übernimmt.
Einmalproduktion als Herausforderung
Hauptversammlungen, ob virtuell oder in Präsenz, sowie vergleichbare Formate stellen besondere Anforderungen an Bühnenbau und Veranstaltungsdesign. Produktionen sind zeitlich begrenzt, aber gestalterisch anspruchsvoll, denn sie müssen sowohl diverse technische Bestimmungen als auch ein repräsentatives Erscheinungsbild gewährleisten. Traditionell führt das zu einem hohen Materialeinsatz und aufwendigen Transportketten.
Dementsprechend werden viele Bauteile speziell für ein Event produziert, genutzt und anschließend eingelagert oder in den meisten Fällen direkt entsorgt. Im Messebau erleben wir regelmäßig, dass aufwendig gefertigte Holzinstallationen nach kurzer Einsatzdauer vollständig entsorgt werden. Auch der gestalterische Anspruch stellt eine Herausforderung dar. Elemente wie großformatige Wandgrafiken mit Jahreszahlen oder Kampagnenbotschaften werden häufig nur kurzfristig eingesetzt und sind nicht wiederzuverwenden. Der Wunsch nach Aktualität hat damit unmittelbare Auswirkungen auf Materialverbrauch.
Was gestern noch Standard war, steht heute im Widerspruch zu ESG-Grundsätzen. Einmalproduktionen, lange Transportwege und Wegwerfarchitekturen passen nicht mehr in die Zeit. Die zentrale Frage, vor der wir immer wieder stehen, lautet dabei: Wie lässt sich ein Bühnen- und Eventkonzept schaffen, das ästhetische, technische und organisatorische Anforderungen erfüllt und zugleich einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen gewährleistet?
Modulare Systeme
Unserer Erfahrung nach liegt ein wesentlicher Ansatz für nachhaltigen Bühnenbau in modularen Systemen, die sich flexibel konfigurieren und mehrfach einsetzen lassen. Statt komplexer Einmalproduktionen kommen dabei standardisierte Rahmenelemente aus Aluminium zum Einsatz, die sich für unterschiedliche Raumgrößen, Bühnenformate und gestalterische Anforderungen kombinieren lassen. Diese Rahmen lassen sich dann z.B. mit Textilspanntüchern bespannen, die zu großen Teilen aus recycelten Materialien bestehen.

Diese Bauweise ermöglicht kurze Aufbauzeiten, reduzierte Transportvolumen und eine präzise Kalkulation des Materialeinsatzes. Zudem lassen sich einzelne Komponenten bei Bedarf gezielt ergänzen oder austauschen, ohne das Gesamtsystem neu zu entwickeln. In der Praxis bedeutet das, dass Wände, Podeste, Frontelemente und technische Einbauten wiederverwendet und auf neue Szenarien angepasst werden können.
Gerade bei wechselnden Veranstaltungsorten oder Formaten, etwa von einer digitalen Bühne zu einem klassischen Präsenzsetting, hat sich dieser Ansatz bewährt. Statt komplett neu zu produzieren, lassen sich bestehende Komponenten anpassen und erweitern. Für uns bedeutet das in der Praxis: weniger Transportvolumen, strukturiertere Aufbauphasen und ein verlässlicher gestalterischer Rahmen, der dennoch flexibel bleibt. All das trägt im Zusammenspiel zu einer nicht perfekten, aber dennoch merkbar verbesserten Nachhaltigkeit im Bereich des Bühnen- und Veranstaltungsbaus bei.
Praxisbeispiel: HV der LEG Immobilien SE
Ein konkretes Beispiel aus unserem Arbeitsalltag zeigt, wie modulare Systeme nachhaltiges Arbeiten ermöglichen. Bedingt durch die Coronapandemie fand die erste virtuelle Hauptversammlung der LEG Immobilien SE in einem einfachen Format in den Räumen der damaligen Hauptverwaltung statt. Die Hauptversammlung 2021 wurde erneut als virtuelles Format im Van der Valk Hotel Düsseldorf umgesetzt, diesmal mit dem Anspruch, mit dem damaligen Konzept auch die Weichen für die Zukunft zu stellen. Für die Umsetzung entwickelten wir eine modulare Bühnengestaltung, die sowohl funktionale Anforderungen als auch die digitale Inszenierung berücksichtigte.
Im darauffolgenden Jahr zog die erneut virtuell durchgeführte Veranstaltung in das Maritim Hotel Düsseldorf um. Durch die modulare Bauweise konnten zentrale Bühnenelemente nahezu vollständig weiterverwendet und an den neuen Raum angepasst werden. Auch 2023, als die Hauptversammlung erstmals wieder in Präsenz stattfand, ließ sich das Konzept erneut einsetzen und weiterentwickeln. Dadurch blieb die gestalterische Linie über mehrere Jahre konsistent.
Seit 2021 lässt sich die Hauptversammlung der LEG nahezu vollständig mit wiederverwendbaren Bauteilen realisieren. Abgesehen von einer Teppichrolle und dem notwendigen Klebeband kommen ausschließlich Materialien zum Einsatz, die aus vorherigen Jahren erneut genutzt werden. Der Materialverbrauch wurde somit auf ein Minimum reduziert. Durch die Nutzung der modularen Rahmensysteme lässt sich das Bühnenbild dabei weiterhin anpassen und erweitern.
Fazit
Nachhaltiger, kosteneffizienter Bühnenbau entsteht nicht durch einzelne Maßnahmen, sondern durch ein übergreifendes Verständnis von Planung, Materialeinsatz und Wiederverwendung. Modulare Systeme bieten dabei eine Grundlage, um gestalterische Anforderungen und ökologische Verantwortung miteinander zu verbinden. Erfahrungen aus wiederkehrenden Formaten wie der HV von LEG zeigen, dass hochwertige Inszenierungen auch bei konsequentem Ressourceneinsatz möglich sind. So kann ein Ergebnis gelingen, das Prozesssicherheit, Flexibilität und Nachhaltigkeit in sich zu vereinen mag.
Nachhaltigkeit im Bühnenbau ist weit mehr als ein Trend. Sie wird zum sichtbaren Bestandteil der ESG-Strategie vieler Unternehmen. Wer heute modular und ressourcenschonend plant, schafft nicht nur gestalterischen Mehrwert, sondern positioniert sich zugleich klar im Sinne der Verantwortung und Nachhaltigkeit. Die Branche steht hier noch recht am Anfang, doch die Praxis zeigt, dass sich verantwortungsvolle Lösungen bereits heute erfolgreich realisieren lassen.
Autor/Autorin

Jens Sudars
Jens Sudars ist Geschäftsführer und Inhaber der B&S multimedia solution GmbH, einer Event- und Multimediaagentur mit Sitz in Neuss. Seit 1997 tätig, verantwortet er Planung und Umsetzung von Veranstaltungen einschließlich Ton, Licht, Video, Messe- und Bühnentechnik. Mit seinem Unternehmen bietet er ganzheitlichen „360° Service“ rund ums Event.




