Wie sieht ihre Planung für die HV-Saison aus?
Wir haben ja im Januar und Februar schon fünf große Hauptversammlungen mit jeweils einigen Tausend Teilnehmern erfolgreich für unsere Kunden durchgeführt. Dabei konnten wir feststellen, dass unsere Prozesse nicht von einzelnen Personen abhängen, sondern weiterhin sehr gut funktionieren. Wie jeder Dienstleister bestätigen kann, gibt es in der Hochsaison im Mai immer einzelne Tage, an denen man sich viele Gedanken machen muss, wie man seine Ressourcen richtig einsetzt. Die Personalplanung steht bereits, ist aber wie jedes Jahr eine große Herausforderung, da sich Termine ändern und erfreulicherweise neue Kunden hinzukommen. Aufgrund von Terminüberschneidungen sind es in diesem Jahr ein bis zwei Tage mehr als in den Vorjahren, die uns großen Respekt einflößen. Wir sind aber davon überzeugt, dass wir auch in diesem Jahr unseren Kunden den gewohnten Service bieten werden.

Wie haben Ihre Kunden auf die Entwicklungen in Ihrem Haus reagiert?
Von unseren über 250 Kunden ist nur ein kleiner Teil von den personellen Veränderungen betroffen. Mit diesen Kunden haben wir das persönliche Gespräch gesucht, um ihnen die Situation zu erklären. Dies geschah in chronologischer Reihenfolge der HV-Termine. Bisher haben alle Kunden mit großem Verständnis reagiert. Das hat meiner Meinung nach zwei Gründe: Zum einen hatten wir eine sehr lange Phase mit hoher Personalkontinuität. In der Zehn-Jahres-Betrachtung ist die Fluktuation bei Computershare immer noch sehr gering. Größere Personalwechsel kennen unsere Kunden zudem häufig aus eigener Erfahrung. Zum anderen sind unsere Kunden vielfach deshalb bei Computershare, weil sie wissen, dass sie in einer so wichtigen Dienstleistung wie der HV-Organisation nicht auf ein kleines Unternehmen setzen möchten. Eine redundante Besetzung der wichtigsten Positionen ist für uns Pflicht, und genau damit bieten wir unseren Kunden eine hohe Sicherheit, wie sie kleinere Mitbewerber nicht bieten können. Wir müssen in jedem einzelnen Fall belegen können, dass wir – in allen Teilbereichen der HV-Dienstleistung – langjährige Experten als Ersatz für ebenfalls langjährige Experten aufbieten können. Das Kundenfeedback bezüglich der bereits stattgefundenen Hauptversammlungen war, dass uns das bisher sehr überzeugend gelungen ist.

Wird jetzt nach den vielen einschneidenden Veränderungen der letzten Momente – nicht nur bei Computershare – wieder Ruhe einkehren in die deutsche HV-Dienstleister-Branche?
Nach der langen Zeit der Konstanz in unserer Branche tut ein wenig Bewegung sicher allen ganz gut. Ob jetzt wieder Ruhe einkehren wird, kann ich nicht vorhersagen. Wir werden weiter daran arbeiten, im Sinne unserer Kunden wichtige Impulse zu setzen.

Sie haben im Zuge der personellen Umstrukturierungen zusätzlich zu Ihren Aufgaben als CEO Kontinentaleuropa auch wieder operative Verantwortung für das Deutschland-Geschäft übernommen. Bleibt es dieser Doppelfunktion?
In der Tat bin ich im November wieder voll eingestiegen, und mir macht die neue, alte Rolle viel Spaß. Wir haben unseren Bereich Computershare Issuer Services, den ich nun leite, neu aufgestellt. Daher verstehe ich meine jetzige zusätzliche Funktion auch nicht als kommissarische Tätigkeit. Wie lange ich diese Position innehaben werde, wollen wir im Herbst entscheiden. Ich werde jedenfalls 2016 sicher auf deutlich mehr deutschen Hauptversammlungen sein als in den letzten Jahren. Mir hilft diese zusätzliche Praxisnähe aber auch für meine europäische Rolle.

Welche Themen werden die HV-Saison bestimmen?
Unternehmensspezifische Fragen werden weiterhin im Vordergrund stehen. Compliance- oder Diversity-Themen, die auch in den vergangenen Jahren im Fokus der Hauptversammlungen standen, werden auch 2016 für Spannung sorgen. Auch wenn diese Diskussionen für die Unternehmen natürlich von hoher inhaltlicher Relevanz sind, haben sie aber meist keinen Einfluss auf die HV-Organisation, die weiterhin in sehr ruhigen Bahnen verlaufen wird. Was uns aber in diesem und den kommenden Jahren beschäftigen wird, ist die zunehmende Digitalisierung auf der Hauptversammlung: weniger Papier, mehr Elektronik. Wir sind mit vielen Kunden in Gesprächen über neue Abstimmungsverfahren, zum Beispiel über Apps.

Herr Herfurth, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!

Das Interview führte Oliver Bönig

Das Interview erschien zuerst im HV Magazin 1-2016.

Autor/Autorin